Donnerstag, Mai 1

Eine deutliche Mehrheit der befragten SPD-Mitglieder spricht sich für ein Bündnis mit CDU und CSU aus. Für den Co-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil ist das wohl eine Erleichterung.

Die SPD hat am Mittwoch der Koalition mit den Unionsparteien CDU und CSU zugestimmt. Das bedeutet, dass CDU, CSU und SPD den Koalitionsvertrag nun unterzeichnen können. Und der CDU-Chef Friedrich Merz kann sich als neuer Bundeskanzler zur Wahl stellen. Die Regierungsbildung in Deutschland ist fast abgeschlossen.

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Alle drei Regierungsparteien mussten dem Koalitionsvertrag zustimmen, CDU und CSU hatten das bereits getan. Die SPD führte als einzige Partei eine Abstimmung unter den Mitgliedern durch, diese dauerte zehn Tage. Am Mittwochmorgen nun gab die Parteispitze das Ergebnis bekannt: 84,5 Prozent der Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, nahmen den Vertrag an. Insgesamt beteiligten sich 56 Prozent aller Mitglieder an dem Entscheid. In der SPD gilt die Abstimmung bei einer Beteiligung von 20 Prozent als gültig.

Ministerinnen und Minister werden am Montag ernannt

Für den SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil, der die Koalitionsverhandlungen gemeinsam mit der Co-Parteivorsitzenden Saskia Esken geleitet hatte, dürfte die deutliche Zustimmung eine Erleichterung sein. Im Vorfeld hatte es insbesondere von den Jungsozialisten Kritik an dem Vertrag gegeben. Der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer hatte gesagt, der Vertrag gehe insbesondere bei der Migrationspolitik den falschen Weg. Politiker des linken Flügels der SPD kritisierten ausserdem den Umbau des Bürgergeld-Systems zu einer schlanken Grundsicherung.

Wenn man bedenkt, dass die SPD bei der Bundestagswahl mit 16,4 Prozent aller Stimmen historisch schlecht abschnitt, ist die Regierungsbeteiligung aber auch eine grosse Chance. Das dürften viele SPD-Mitglieder so sehen. Klingbeil selbst sagte in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» vor einigen Tagen: «Ich nehme wahr, dass es für viele eine sachliche Entscheidung ist, damit Deutschland wieder eine stabile Regierung bekommt.»

Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister

Neben dem Mitgliederentscheid hat die SPD am Mittwoch auch eine erste Personalie der neuen Regierung angekündigt. Das Präsidium habe Lars Klingbeil zum Vizekanzler und Finanzminister ernannt, sagte der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. In dieser Position trage er nun die Verantwortung, die Personen für das künftige Kabinett auszuwählen, sagte Miersch.

Die Frage, was aus der Co-Parteivorsitzenden Saskia Esken wird, bleibt unbeantwortet. Seit Wochen gibt es in der Partei Diskussionen darüber, ob sie ins Kabinett befördert werde oder nicht. An der Pressekonferenz fragte ein Journalist, warum Klingbeil allein für die Ernennung der Ministerinnen und Minister zuständig sei. Miersch sagte darauf, Klingbeil trage lediglich die Verantwortung für den Prozess. Die Entscheidung treffe er nicht allein.

Die SPD wird in der neuen Regierung sieben Ministerien besetzen, darunter das Verteidigungsministerium und das Justizministerium. Die Personalien will die Parteispitze am Montag bekanntgeben. Auch der Koalitionsvertrag soll am Montag unterzeichnet werden. Am Dienstag findet im Deutschen Bundestag voraussichtlich die Kanzlerwahl statt.

Hohe Zustimmung, relativ niedrige Stimmbeteiligung

Es war bereits das dritte Mal, dass die SPD ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen lässt. Im Jahr 2013 stimmten 75,96 Prozent dem Koalitionsvertrag zu, 2018 waren es 66,02 Prozent. Als im Jahr 2021 der Sozialdemokrat Olaf Scholz zum Kanzler gewählt wurde, gab es im Vorfeld keine Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit den Grünen und der FDP.

Die Zustimmung zu dem Vertrag ist also grösser als bei den vorherigen Abstimmungen. Gleichzeitig fällt die Stimmbeteiligung niedriger aus. Bei den vorherigen Abstimmungen nahmen jeweils rund 78 Prozent der Mitglieder teil. Ein möglicher Grund könnte sein, dass die Abstimmung in die Osterferien fiel. Gleichzeitig führte die SPD die Abstimmung erstmals vorwiegend digital durch, auf eine Briefwahl verzichtete man. Für ältere Mitglieder habe es aber die Möglichkeit gegeben, physisch abzustimmen, hiess es vonseiten der SPD.

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