Dienstag, April 22

Zur 750-Jahr-Feier der niederländischen Hauptstadt zeigt die amerikanische «Leiden Collection» des Unternehmers Thomas Kaplan nicht weniger als 18 Gemälde von Rembrandt sowie weitere Meisterwerke aus dessen Umkreis – und einen raren Vermeer.

Amsterdam feiert sein 750-jähriges Bestehen. Und aus diesem Anlass ist nun einer der berühmtesten Söhne der Stadt zurückgekehrt: Rembrandt Harmenszoon van Rijn. Geboren ist der grosse Maler des Goldenen Zeitalters zwar in der Stadt Leiden. Mehr als die Hälfte seines Lebens aber verbrachte er in der niederländischen Hauptstadt, dem kulturellen Epizentrum Hollands. Amsterdam war seine Wahlheimat. Amsterdam bescherte ihm seinen künstlerischen Aufstieg und schliesslich unsterblichen Ruhm.

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Einen Höhepunkt der Feier Amsterdams und seiner reichen Geschichte bilden denn nun nicht weniger als 18 Gemälde von Rembrandt. Sie werden im H’Art-Museum im Rahmen einer Ausstellung niederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts gezeigt. Alle 75 Werke der exquisiten Schau stammen aus der amerikanischen «Leiden Collection». Ihr Name bezieht sich auf Rembrandts Geburtsort. Denn diese Privatsammlung ist weltweit wohl auch die grösste an Werken von Rembrandt.

Thomas Kaplan entdeckte Rembrandt schon als kleines Kind. Mit seinen Eltern besuchte er immer wieder das Metropolitan Museum of Art in New York. An seiner frühreifen Begeisterung für den niederländischen Meister änderte sich auch nichts, als ihn seine Mutter eines Tages zwecks Erweiterung seines Bildungshorizonts in Sachen Kunst ins Museum of Modern Art (MoMA) ausführte. «Bling me back to Lembblandt», soll der sechsjährige Junge damals in Ermangelung seiner vorderen Milchzähne zu seiner Mutter gesagt haben, als er sich im MoMA vor einer weissen Leinwand mit roter Linie wiederfand.

Bring mich zurück zu Rembrandt: Für Thomas Kaplan musste es immer wieder Rembrandt sein. Nun kehrt der Sammler mit seinen Rembrandts nach Amsterdam zurück – einer Stadt, die er besucht hatte, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Und dies vor allem aus einem Grund: Rembrandt.

Ein Egomane

Seit 2003 kaufte Thomas Kaplan sämtliche auf dem Markt verfügbaren Rembrandt-Gemälde. Er fand und erwarb sie mithilfe von Altmeisterhändlern oder auch über Auktionshäuser wie Sotheby’s und Christie’s. Darüber hinaus sammelte er auch die Altmeister von Rembrandts Umfeld wie Gerrit Dou, Jan Lievens, Frans Hals, Jan Steen oder Gerard ter Borch. Heute umfasst seine Sammlung rund 220 Werke – darunter sogar einen Vermeer.

Sein Vermögen hat Thomas Kaplan mit Gold- und Silberminen gemacht. Bereits mit 35 Jahren war er Milliardär. Dass der heute 62-jährige Unternehmer aber jemals einen Rembrandt sein eigen nennen würde, konnte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen. Überhaupt: Kunst sammeln. «Ich bin kein Materialist», pflegte Kaplan zu sagen. Bis er eines Tages auf ein kleines Bildchen von Gerard Dou, einem Rembrandt-Schüler, stiess – das Porträt eines niederländischen Juristen. Gemalt war es auf eine Legierung aus Silber und Kupfer. Die Anziehungskraft auf den Gold- und Silberhändler erfolgte ohne Zweifel auch über das Material des handtellergrossen Werks.

«Meine Frau fragte, wo das hinführen solle», so erinnert sich Kaplan an diesen Beginn seiner Sammelleidenschaft. Ein Bild sei ein Unfall, erwiderte er, zwei seien eine Sammlung. Und so kauften die Kaplans bald schon jede Woche ein Werk hinzu. Der charismatische Sammler macht heute kein Hehl aus seinem Enthusiasmus für die niederländische Altmeisterkunst. Thomas Kaplan ist nämlich auch ein passionierter Kunstvermittler – mit einem subtilen Verständnis für den Maler Rembrandt auch als Mensch.

Hier sei Rembrandt Rembrandt geworden, hier sei er da angekommen, wo er hingewollt habe, erklärt Kaplan in Amsterdam vor dem «Selbstbildnis mit verschatteten Augen». Rembrandt hatte es 1634 gemalt, kurz nachdem er sich in Amsterdam niedergelassen hatte. Es zeigt den Meister mit Béret und pelzverbrämtem Umhang: elegant, selbstbewusst, mit konzentriertem Blick auf den Betrachter – einen jungen Mann, der weiss, was er will.

Rembrandt sei ein Egomane gewesen, und niemand, nicht einmal Picasso, habe mehr Porträts von sich selbst geschaffen als er, führt Kaplan aus. Die Selbstporträts hätten sich indes bestens verkauft. Wer einen Rembrandt von Rembrandt zu Hause an der Wand hängen gehabt habe, der habe es geschafft: Rembrandt, das bedeutete höchstes Prestige in den damaligen Kreisen der Elite. «Das war, wie wenn man heute einen Warhol besitzt.»

Thomas Kaplans Bedürfnis, die Öffentlichkeit nicht nur an seinen Kunstschätzen, sondern auch an seiner Passion für dieselben teilhaben zu lassen, ist in solch anschaulichen Hinweisen auf unsere Zeit besonders spürbar. Kunst vermöge Brücken zu schlagen, auch über die Jahrhunderte, davon ist er überzeugt.

Katzenliebe

Thomas Kaplan ist Kunstsammler, aber er lebt nicht mit seinen Werken. Er versteht sie als eine Art Bibliothek. In den vergangenen Jahren hat er unzählige davon als Leihgaben in Ausstellungen und Museen rund um den Globus geschickt. Denn Kaplan ist mehr Schöngeist mit Visionen als stolzer Eigentümer. Wenn er nun in Amsterdam ankündigt, sein allererstes Werk, das er von Rembrandt erworben habe, nach der Ausstellung versteigern zu lassen, dann geht es ihm um eine gute Sache.

Es ist die Zeichnung einer jungen, liegenden Löwin. Der Erlös soll grossen Wildkatzen zugutekommen – einer weiteren Leidenschaft Kaplans. Seit 2006 setzt er sich mit seiner Stiftung Panthera weltweit für Raubkatzen in freier Wildbahn ein. Die Schönheit dieser Tiere hat es ihm angetan.

Dabei hat Kaplan eine ziemlich differenzierte Vorstellung von Schönheit. Er verrät sein Lieblingswerk in seiner Sammlung. Und lässt dabei erkennen, dass Schönheit für ihn nicht an der glänzenden Oberfläche aufhört, sondern mit Tiefe zu tun hat. Sein Favorit ist das späte Porträt einer alten Frau. Rembrandt gebe ihr in diesem dunklen Bild mit dem für seine Malerei so charakteristisch pastosen Auftrag dieselbe Würde, wie er sie jeder anderen Person, ob Edelmann, junger Frau oder Kind, zu geben pflegte.

Kaplan ist überdies überzeugt davon, dass es sich bei der Abgebildeten um dieselbe Frau handle wie bei jener Bediensteten mit weisser Haube in dem ersten Rembrandt-Gemälde, das er erworben hatte: Es ist eine Studie in Öl von 1640, die wohl eine Angestellte in Rembrandts Amsterdamer Haushalt zeigt.

Ein absolutes Highlight der «Leiden Collection» aber ist das kleine Gemälde von Johannes Vermeer, das bereits in der grossen Amsterdamer Vermeer-Ausstellung im Rijksmuseum von 2023 zu bewundern war. Werke von Vermeer in Privatbesitz sind äusserst rar, nur gerade 37 Gemälde sind vom Delfter Meister bekannt. Thomas Kaplan kam zu dem Kleinod durch einen Glücksfall.

Während der Finanzkrise 2008 wollte es der Las-Vegas-Kasino-Betreiber Steve Wynn loswerden. Kaplan musste es gleichsam als Beigabe übernehmen, um Wynn das erwähnte «Selbstporträt mit verschatteten Augen» von Rembrandt abkaufen zu können. Er habe gleich realisiert, dass der Vermeer die noch grössere Trophäe gewesen sei als der Rembrandt.

In Amsterdam wird das kleine Bild, das nicht mehr als A4-Format misst und eine junge Frau am Cembalo zeigt, erstmals in einem seltenen Originalrahmen aus der Zeit präsentiert.

«From Rembrandt to Vermeer, Masterpieces from the Leiden Collection», H’Art-Museum, Amsterdam, bis 24. August.

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