Samstag, Oktober 5

In Paris oder New York muss man nicht lange suchen, um Restaurants mit abweichenden Öffnungszeiten zu finden. Lohnt es sich auch hierzulande für Gastronomen, Reservierungen für das spätere oder sehr späte Dinner anzunehmen?

Was schon vor der Corona-Zeit begonnen hatte, wurde während der Pandemie fortgeführt und ist mehr denn je en vogue in der Gastronomie: die Limitierung der Gäste auf ein enges Zeitfenster. Kunden werden immer öfter gebeten, weder zu früh noch zu spät zu kommen. Also nur ja nicht vor 19 Uhr und am besten nicht nach acht.

In manchen Lokalen erlauben die Reservierungssysteme gar keine Buchung nach 20 oder 20.30 Uhr mehr. Und eine nicht unbeträchtliche Zahl von Etablissements verpflichtet die Kunden sogar dazu, zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erscheinen, damit alle gleichzeitig anfangen können. Wer sich verspätet, wird böse angeschaut oder muss im Extremfall auf den ersten Gang verzichten.

Des Kochs Freud ist manchmal der Gäste Leid

Die Gründe für derlei Beschränkungen sind nachvollziehbar. Personalmangel in den Küchen und, nicht zu vergessen, strenge Arbeitszeitbeschränkungen werden, oft berechtigt, als Grund für strikte Regeln angeführt. Niemand soll, kann und darf tatsächlich noch 14 und mehr Stunden am Tag arbeiten. Und wer wollte es einem Restaurantmitarbeiter verdenken, wenn er um 22 Uhr den letzten Gang des Menus schickte und bald danach den Feierabend antreten könnte?

Doch manchmal laufen die Bedürfnisse des Restaurants und seiner Angestellten und jene der Gäste auseinander. Eine Feststellung, die nicht nur auf die Öffnungszeiten zutrifft, sondern auch auf das immer stärker reduzierte oder gar abgeschaffte Angebot à la carte. Wer statt eines vorgegebenen Menus mit fünf oder sieben Gängen lediglich ein oder zwei Teller essen möchte, hat in anspruchsvollen Restaurants vielfach Pech gehabt. Und wer um 22 Uhr reservieren möchte, steht praktisch immer vor verschlossenen Türen. Das sei halt so, sagen die Gastronomen.

Essen bis Mitternacht – warum nicht zumindest manchmal?

Dass es auch anders geht, bewies gerade der österreichische Koch Andreas Senn. Sein mit zwei Michelinsternen ausgezeichnetes Restaurant in Salzburg akzeptierte während der dortigen Festspielzeit sogar Reservierungen um Mitternacht. Eine Belastung fürs Team, aber auch ein Event für alle Salzburger und Zugereisten, die nach den Aufführungen noch ein richtiges Menu essen wollten. Und nicht zuletzt auch ein gutes Business.

Daraus zu schliessen, dass nun alle Fine Dinings Europas immer bis sehr spät geöffnet sein sollten, wäre falsch. Aber für besondere Wochentage, für kulturelle Events oder vielleicht an ein, zwei Tagen im Monat liessen sich auf diese flexible Weise neue Gästekreise ansprechen. Vielleicht existieren, abseits der meist langweiligen Nachtimbisse, auch in Zürich, Basel oder Genf dauerhafte Möglichkeiten für die Late-Night-Gastronomie.

Oder wie wäre es, auf der anderen Seite des Zeitspektrums, mit einem schon um 17 Uhr beginnenden Essen? Mit einem Late Lunch, der um 14 oder 15 Uhr startet? Mehr Flexibilität zahlt sich oft aus, und Abwechslung motiviert die Gäste zum Wiederkommen.

Paris und New York zeigen, wie es gehen könnte

In anderen Teilen der Welt muss man nicht lange suchen, um Restaurants mit abweichenden Öffnungszeiten zu finden. Ein Very-Late-Dinner in Paris ist mehrfach möglich, das «Au Pied de Cochon» etwa hat vom Frühstück bis fünf Uhr am nächsten Morgen (!) geöffnet. Grillierter Schweinsfuss mit hausgemachten Pommes frites um 16.30 Uhr oder mitten in der Nacht? Kein Problem!

Und auch in New York wird das späte Essen vielerorts möglich gemacht. In der «Blue Ribbon Brasserie» etwa können die Gäste an jedem Tag bis 23.30 Uhr reservieren. Gewiss, das ist keine Sterneküche, aber New Orleans Shrimps und Lammrücken gehen weit über die in vielen Schweizer und deutschen Städten um diese Zeit gerade noch erhältlichen Burger und Bratwürste hinaus.

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