Sonntag, September 29

Das Börsengewitter ist weitergezogen. Oder war es bloss ein Vorgeschmack auf weitere Unwetter? The Market beleuchtet mögliche Risiken für die Märkte und präsentiert eine Auswahl an ETF, die im entsprechenden Szenario für Stabilität im Portfolio sorgen dürften.

So schnell, wie es an den Aktienmärkten nach unten ging, so rasant war die Erholung. Nachdem der Weltaktienindex von MSCI Anfang August innerhalb weniger Tage 8,3% an Wert eingebüsst hatte, notiert er derzeit nur knapp unter seinem Rekordhoch vom 16. Juli. Der Nikkei 225 in Tokio, der im Zentrum der Aufregung stand, sackte relativ zum Juli-Höchst sogar rund 25% ab – seither hat er 20% gutgemacht.

Was steckte hinter dem Abwärtsdruck? Etwas schwächere US-Arbeitsmarktzahlen, fallende Einkaufsmanagerindizes, teilweise enttäuschende Ergebnisse von Technologiekonzernen und die Leitzinserhöhung der Bank of Japan von 0,1 auf 0,25% sorgten für eine abrupte Stimmungseintrübung an den Börsen. Verstärkt wurde das Ganze durch die geringen Handelsvolumen während der Sommerferien.

Nach etwas besseren Konjunkturdaten und nachdem Exponenten der Bank of Japan gelobt hatten, sie würden vorderhand keine weiteren Zinserhöhungen vornehmen, drehte die Stimmung, und die Börsenbarometer tendierten wieder nach oben.

Die Ruhe nach dem Sturm?

Ein positiver Nebeneffekt der Phase der Nervosität war, dass sie zu niedrigeren Zinsen geführt hat und dass sowohl die Rohölpreise als auch der Dollar zuletzt schwächer wurden. Das entlastet Konsumenten und Kreditnehmer, was die globale Konjunktur unterstützt.

Alles in Butter also?

Nicht zwingend. Obschon die rasche Rückkehr der Ruhe erfreulich ist, ist keineswegs sicher, dass sie von Dauer sein wird. Diverse Risiken bergen das Potenzial für weitere Erschütterungen an den Finanzmärkten. The Market beleuchtet einige Risikoszenarien und präsentiert eine Auswahl an ETF, die im entsprechenden Szenario das Portfolio stabilisieren dürften.

1. Es kommt zur Rezession

Das Beben an den Märkten war nicht zuletzt auf die wieder gestiegene Angst vor einer US-Rezession zurückzuführen. Der Anstieg der Arbeitslosenquote im Juli auf 4,3% gab der Befürchtung neue Nahrung, die US-Konjunktur werde schon bald zügig an Dynamik einbüssen. Und in der Tat sind diverse Schwächesignale punkto Beschäftigung zu beobachten.

So entfiel der Löwenanteil des Stellenwachstums zuletzt auf den Staat, während sich die Privatwirtschaft merklich zurückhaltender zeigte. Derweil ist die Zahl der offenen Stellen in den vergangenen Monaten stark gefallen, und Stellensuchende bekunden vermehrt Mühe, einen Job zu finden. Schön illustriert der Bloomberg US Labor Market Surprise Index, wie die Arbeitsmarktdaten hinter den Schätzungen der Ökonomen zurückgeblieben sind – ähnlich verheerend sah es letztmals während der Finanzkrise und der Pandemie aus.

Auch andere Indikatoren passen zu einer Rezession. So notiert etwa der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe unter der Wachstumsschwelle. Der am Dienstag veröffentlichte Philadelphia Fed Non-Manufacturing Activity Index ist noch weiter in den negativen Bereich gerutscht.

Die Zinskurve ist seit zwei Jahren invers, das heisst, die kurzfristigen Zinsen sind höher als die langfristigen. Auch das war in der Vergangenheit ein verlässliches Signal einer bevorstehenden konjunkturellen Eintrübung.

Wer weiss, womöglich gelingt der US-Notenbank mit der erwarteten Leitzinssenkung im September eine sanfte Landung der Wirtschaft. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die Lockerung der Geldpolitik meist zu spät kommt, nämlich erst dann, wenn sich die Konjunktur schon im Abschwung befindet.

Kurzum: Die Gefahr einer Rezession in den kommenden Monaten ist keineswegs gebannt.

Ein solches Szenario wäre Gift für risikobehaftete Anlagen. Aktien dürften leiden, insbesondere zyklische Segmente, kleinkapitalisierte Werte (Small Caps) und Schwellenländer kämen wohl unter erhöhten Abgabedruck. Von der Flucht in Sicherheit würden Short-ETF, Edelmetalle und auch Staatsanleihen profitieren.

Welche ETF sind in einer Rezession gefragt?

  • Xtrackers ShortDAX Daily Swap UCITS ETF 1C, Ticker: XSDX, ISIN: LU0292106241
  • Lyxor SMI Daily –2x Inverse UCITS ETF – Acc, Ticker: LYSSL, ISIN: FR0010869438
  • ZKB Gold ETF, Ticker: ZGLD, ISIN: CH0139101593
  • iShares Swiss Domestic Government Bond 0-3 ETF (CH), Ticker: CSBGC3, ISIN: CH0102530786
  • iShares Swiss Domestic Government Bond 3-7 ETF (CH), Ticker: CSBGC7, ISIN: CH0016999846
  • iShares Swiss Domestic Government Bond 7-15 ETF (CH), Ticker: CSBGC0, ISIN: CH0016999861
  • SPDR Bloomberg U.S. Treasury Bond UCITS ETF (Dist), Ticker: TRSY, ISIN: IE00B44CND37

2. Die Staatsverschuldung löst eine Vertrauenskrise aus

35,1 Bio. $. So hoch sind die Schulden der USA auf Bundesebene per Ende Juli 2024. Das entspricht etwas mehr als 120% der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). Ohne den Bestand der von staatseigenen Institutionen gehaltenen Schulden erreicht die im Publikum befindliche Staatsverschuldung der USA gut 100% – Tendenz stark steigend.

Grund dafür ist das anhaltend hohe Haushaltsdefizit der Regierung. Im vergangenen Jahr lag der Fehlbetrag – trotz Vollbeschäftigung und Hochkonjunktur – bei 6,2% des BIP. Das Problem: Mittlerweile geben die USA pro Jahr mehr Geld für den Zinsdienst aus als für die Landesverteidigung. Ein Ende der Schuldenorgie ist nicht absehbar. Dabei dürfte es unerheblich sein, wer im November die Präsidentschaftswahlen gewinnt. Weder Kamala Harris noch Donald Trump politisieren mit einem Programm, das eine nachhaltige Fiskalpolitik vorsieht.

Auch in anderen Ländern wie in Japan, im Vereinigten Königreich, in Frankreich und Italien sind die Staatsschulden beunruhigend hoch. Wie die Ökonomen von TS Lombard aufzeigen, erreicht der Schuldenstand der Industrieländer mehr als 130% des BIP, was dem höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg entspricht.

Staatsschulden der Industrieländer relativ zum BIP (in %):

Die entscheidende Frage lautet nun, wann der Bondmarkt angesichts der Entwicklung der Staatsverschuldung revoltiert. Einige Signale – etwa die Verwerfungen in Grossbritannien, die im Herbst 2022 zum Rücktritt von Premierministerin Liz Truss geführt haben, oder einige nervöse Auktionen von US-Staatsanleihen in diesem Jahr – zeigen Risse im Gefüge.

Wann die stetig steigenden Schulden zu einem Problem werden könnten, weiss niemand mit Sicherheit. Eine Bondmarktrevolte – ein abrupter, heftiger Anstieg der Rendite zehnjähriger Treasury Notes – hat allerdings das Potenzial, den Aktienmarkt kurzfristig erheblich in Mitleidenschaft zu ziehen.

Doch wie lässt sich das Problem lösen, wenn der Markt für Staatsanleihen irgendwann gesättigt ist und die Anleger nur noch zu sehr hohen Zinsen in Bonds investieren, die von den Staaten langfristig nicht bedient werden können?

Ein Zahlungsausfall (Default) kommt für die meisten Industrieländer nicht infrage, zu verheerend wären die wirtschaftlichen Konsequenzen. Austeritätsmassnahmen, sprich: eine drastische Reduktion der Staatsausgaben, waren in der Vergangenheit ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt und bergen sozialen Sprengstoff. Ein Wachstumsschub, ausgelöst durch Deregulierung und Reformen, wäre eine Möglichkeit, der Schuldenfalle zu entrinnen. Der Trend in der westlichen Welt zeigt indes in die andere Richtung: Mehr Vorschriften, Eingriffe und Preiskontrollen stehen hoch im Kurs, die Wirtschaft wird in der Tendenz weiter eingeschränkt.

Schliesslich kann die Schuldenlast auch durch nominales Wachstum – sprich: dank dem Rückenwind der Inflation – verringert werden. Dazu muss allerdings die Notenbank Hand bieten und die langfristigen Zinsen deckeln.

Was bedeutet eine solche Entwicklung für verschiedene Vermögensklassen? Im Falle von Verwerfungen am Bondmarkt dürfte Gold (ebenso wie andere Edelmetalle) als sicherer Hafen gesucht sein.

  • Raiffeisen ETF – Solid Gold Ounces A-Klasse CHF, Ticker: RGLDO, ISIN: CH0134034849

Im Gegenzug sind Bonds die ersten Opfer, aber Aktien und die Währung des entsprechenden Landes, in dem die Bondholder revoltieren, dürften ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ergreifen Regierung und Notenbank in einer zweiten Phase Massnahmen, um das nominelle Wachstum zu forcieren und die Zinsen zu stabilisieren, dürfte der Risikoappetit dank der neuen Liquidität (und inflationärem Druck) zurückkehren, was folgenden ETF starken Auftrieb verleihen dürfte:

  • ZKB Gold ETF, Ticker: ZGLD, ISIN: CH0139101593
  • ZKB Silver ETF – A (CHF), Ticker: ZSIL, ISIN: CH0183135976
  • Fidelity Wise Origin Bitcoin ETF, Ticker: FBTC, ISIN: US3159481098
  • Amundi MSCI World UCITS ETF Acc, Ticker: MWRD, ISIN: IE000BI8OT95
  • iShares NASDAQ 100 UCITS ETF USD (Acc), Ticker: CSNDX, ISIN: IE00B53SZB19

Eine Begleiterscheinung dürften zunehmender Inflationsdruck und finanzielle Repression sein. Das wäre schlecht für Staatsanleihen und die Währung des entsprechenden Landes.

3. Geopolitische Eskalation im Nahen Osten und/oder in der Ukraine

Mit der Attacke der Hamas auf Israel vom 7. Oktober hat sich die Situation im Nahen Osten jäh verschlechtert. Seither haben sich die Nachrichten stetig verschlimmert, neue Akteure haben sich in den Konflikt eingemischt, die Zahl der Toten ist sprunghaft gestiegen, und die Zerstörung hat ein enormes Ausmass angenommen.

Mitte April hat Iran Israel erstmals direkt angegriffen und Hunderte Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Raketen auf dessen Territorium abgefeuert. Das ist eine neue Entwicklung, hatte Teheran seine geopolitischen Interessen bisher doch versteckt vorangetrieben, mit verbündeten Milizen im Libanon, in Jemen, Irak und den palästinensischen Gebieten.

Nachdem die israelische Armee Fuad Shukr, ein Gründungsmitglied der libanesischen Hizbullah-Miliz, sowie den Hamas-Chef Ismail Haniya in Teheran getötet hat, wartet die Welt auf einen Gegenschlag Irans. Derweil versucht US-Aussenminister Antony Blinken, zwischen den beiden Parteien zu vermitteln, um wenigstens einen Waffenstillstand zu erreichen. Ob das Unterfangen gelingt, ist ungewiss.

Vorderhand liessen sich die Finanzmärkte angesichts der erhöhten Spannungen nicht gross aus der Ruhe bringen, zumindest wenn man die Rohölnotierungen als Massstab nimmt. Derzeit kostet ein Fass der Sorte Brent rund 77.50 $, was weniger ist als unmittelbar vor der Hamas-Attacke.

Bislang sind die Märkte der Ansicht, die wachsenden Spannungen könnten ignoriert werden, da sie bislang weder die Ölversorgung noch die internationalen Handelswege ernsthaft bedrohen. Die Gefahr einer weiteren Eskalation in der Region ist allerdings beträchtlich.

In einem solchen negativen Szenario dürfte die Thematik der Rohölversorgung plötzlich wieder in den Vordergrund rücken – und die Ölnotierungen dürften entsprechend nach oben schnellen. Aktien von Energiekonzernen dürften dann zu den Profiteuren gehören. Gold und Valoren von Goldminenbetreibern dürften zur Absicherung ebenfalls gefragt sein.

  • ZKB Gold ETF, Ticker: ZGLD, ISIN: CH0139101593
  • SPDR MSCI World Energy ETF, Ticker: WNRG, ISIN: IE00BYTRR863
  • VanEck Gold Miners ETF, Ticker: GDX, ISIN: IE00BQQP9F84
  • VanEck Defense ETF, Ticker: DFNS, ISIN: IE000YYE6WK5

Steigende Energiepreise sind in der Regel schlecht für Staatsanleihen. Wie Louis Gave von Gavekal Research bemerkt, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch die USA bei einer weiteren Eskalation in den Konflikt gezogen werden – mit entsprechend negativen Konsequenzen für die Staatsverschuldung. Das dürfte zu steigenden Zinsen führen, was wiederum die Staatsanleihen belasten dürfte.

Die Anlageempfehlung gilt auch für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Nachdem die Ukraine zum Angriff übergegangen ist und in der russischen Region Kursk Gebiete besetzt hat, wodurch sie Schwächen der russischen Armee offengelegt hat, ist ein baldiger Waffenstillstand oder gar ein Ende des Krieges wenig wahrscheinlich.

Verhandlungen, so sie denn überhaupt je eine Option waren, sind in weite Ferne gerückt. «Der Präsident hat sehr deutlich gesagt, dass, nachdem die Angriffe, genauer gesagt die Invasion, im Gebiet Kursk begonnen haben, von Verhandlungen keine Rede sein kann», sagte Russlands Aussenminister Sergei Lawrow am Rande von Putins Besuch in Aserbaidschan im russischen Staatsfernsehen.

Eine Intensivierung der kämpferischen Handlungen wäre positiv für Öl und Gold und in der Tendenz negativ für Staatsanleihen.

4. Risikoszenario US-Wahlen

Noch 75 Tage bis zum wichtigsten politischen Ereignis des Jahres. Am 5. November werden die Amerikaner den künftigen Präsidenten – oder erstmals eine Präsidentin – wählen. Mit dem Ausscheiden Joe Bidens ist das Rennen um das Weisse Haus nochmals spannend geworden, scheint sich zwischen Kamala Harris und Donald Trump gemäss Umfragen und Wettquoten doch ein Kopf-an-Kopf-Rennen abzuzeichnen.

Bis Mitte Juli sah es noch ganz danach aus, dass Donald Trump im Herbst durchmarschieren würde, zu offensichtlich waren die Defizite seines Konkurrenten, insbesondere nach dem desaströsen Fernsehduell von Ende Juni. Aus Wettquoten liess sich eine Wahrscheinlichkeit von nahezu 70% für einen Wahlsieg ableiten.

Doch «timing is everything», wie es so schön heisst. Der Aufwind für Donald Trump setzte zu früh ein. Das Momentum, das unmittelbar nach dem Attentat den Höhepunkt erreichte, schreckte die Demokraten auf – und liess sie eine Kehrtwende vollziehen.

Die Ablösung von Biden durch Harris hat den Demokraten zu neuem Schwung verholfen, während Trump jäh gebremst wurde. Basierend auf Wettquoten liegt Kamala Harris derzeit sogar leicht in Führung, Donald Trump wird eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 50% für einen Sieg gegeben.

Vor dem Hintergrund eines stark polarisierten Landes ist ein enges Rennen eine Quelle der Unsicherheit. Bereits bei den letzten Präsidentschaftswahlen schimpfte der unterlegene Trump über «Wahlbetrug» und «Manipulation», als Biden die Wahlen für sich entschied. Eine Neuauflage dieses Spektakels wünscht sich niemand. Aber allein die Aussicht auf eine knappe Entscheidung könnte dazu führen, dass mancher CEO grössere Investitionsentscheide aufschiebt, bis mehr Klarheit darüber herrscht, wie die künftigen Spielregeln aussehen werden.

Damit aber erhöht sich die Gefahr, dass die konjunkturelle Dynamik weiter ab- und das Risiko einer Rezession zunimmt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist einzig (nahezu) sicher, dass weder unter Harris noch unter Trump das Wachstum der Ausgaben des Staates nennenswert abnehmen wird.

Verlangsamt sich die Wirtschaft wegen der Unsicherheit tatsächlich, dürften folgende ETF profitieren:

  • Raiffeisen ETF – Solid Gold Ounces A-Klasse CHF, Ticker: RGLDO, ISIN: CH0134034849
  • iShares Swiss Domestic Government Bond 0-3 ETF (CH), Ticker: CSBGC3, ISIN: CH0102530786
  • Xtrackers II US Treasuries 1-3 UCITS ETF 1D, Ticker: XUT3, ISIN: LU0429458895
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