Donnerstag, April 24

Für Anleger waren ETF auf den Weltindex lange erste Wahl. Mit der neuen Unberechenbarkeit der Vereinigten Staaten wird das hohe US-Gewicht im Index zum Problem. Wie lässt es sich mindern? Zudem: ETF auf europäische Rüstungskonzerne an der SIX und Wetten gegen Dax-Neuzugänge.

In den vergangenen Jahren war Anlegen ein Kinderspiel: Wer regelmässig in einen ETF auf den MSCI World investierte und bei jedem Rückschlag zukaufte, erzielte mit geringem Aufwand eine ansprechende Rendite.

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Nun zeichnen sich an den Märkten allerdings tektonische Verschiebungen ab. Die USA zeigen gerade, wie man schnell Freunde verlieren kann: mit Beleidigungen (indem man die Chinesen pauschal als Bauern bezeichnet), Drohungen («Wir brauchen Grönland») und Strafzöllen gegenüber der gesamten Welt. Nach der harschen Rede des amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance an der Münchener Sicherheitskonferenz hat es auch den Europäern gedämmert, dass sie sich nicht mehr auf die USA verlassen können und ihre Geschicke in die eigene Hand nehmen müssen.

Gefahr eines sino-amerikanischen Handelskriegs

China ist derweil im Visier der USA und wird, kommt es nicht bald zu einer Deeskalation, in einen Handelskrieg gezogen, der keine Sieger kennen wird. Kurzum: Die Welt ist auf bestem Weg, in verschiedene Blöcke zu verfallen, der globale Handel dürfte neu formiert werden. Angesichts des aggressiven und – zumindest von aussen betrachtet – chaotischen Auftretens der USA unter Präsident Donald Trump fragt sich mancher Anleger, ob US-Aktien noch den prominenten Platz im Portfolio verdienen, den sie bis vor kurzem innehatten.

Peter Frech, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Quantex, bringt es auf den Punkt: «Das simple, aber höchst erfolgreiche Rezept zu Outperformance in den vergangenen fünfzehn Jahren gerät ins Wanken: einfach möglichst viel Geld in US-Aktien, vorzugsweise Tech, zu investieren.»

Bei Fondsmanagern liess sich zuletzt jedenfalls ein regelrechter Exodus aus US-Valoren beobachten. Der jüngste Vorwurf Donald Trumps an Jerome Powell, er sei «zu langsam» in Sachen Zinssenkungen und Versuche, den Notenbankchef abzusetzen, sorgten bei ausländischen Investoren für zusätzliche Nervosität. Das darauffolgende Dementi bestätigte bloss, dass die Regierung planlos agiert.

Ein Hinweis dafür, dass Ausländer das Weite suchen, war der in den vergangenen Wochen zu beobachtende synchrone Wertverlust von US-Aktien, Anleihen und dem Dollar.

US-lastiger Weltindex

Damit rückt auch der MSCI World in den Fokus. Denn obschon der Name suggeriert, dass Anleger mit einem World-ETF weltweit investieren und dadurch automatisch gut diversifiziert sind, steckt sehr viel USA darin. Per Mitte April betrug der Anteil der USA mehr als 70% (gelb in der Grafik). Allein die Technologiebranche macht nicht ganz 30% des MSCI USA aus, womit der Sektor im MSCI World ein Gewicht von 20,7% erreicht – das entspricht dem Vierfachen des Anteils Japans, das auf 5% kommt.

Nur leicht besser sieht es aus, wenn Anleger auf den breiteren MSCI AC World (AC steht für «All Country») wechseln, der im Gegensatz zum MSCI World auch Schwellenländer wie China und Taiwan umfasst. In diesem Barometer ist die Dominanz der USA lediglich entschärft, mit einem Anteil von nahezu zwei Dritteln im Index stellen sie weiterhin ein beträchtliches Klumpenrisiko dar.

Welt ohne USA

Wie können Anleger, die primär auf den Weltindex gesetzt haben, ihre US-Abhängigkeit ohne allzu grossen Aufwand reduzieren? Eine Variante wäre, in einen ETF auf den MSCI World ohne USA umzuschichten (was allerdings mit Transaktionskosten verbunden ist) oder einfach alle künftigen Investitionen in diesen ETF umzuleiten, bis der gewünschte US-Anteil im Portfolio erreicht ist.

An der Schweizer Börse sind derzeit zwei entsprechende Produkte kotiert – eines von UBS, eines von DWS. Beide bilden den zugrunde liegenden Index physisch ab und reinvestieren die Dividenden sogleich wieder. Leider ist ein aussagekräftiger Performance-Vergleich noch nicht möglich, wurde der ETF von UBS doch erst vor rund zwei Monaten lanciert.

Wie sieht die Zusammensetzung des Index aus? Das grösste Gewicht im ETF weist Japan mit 19% auf, gefolgt vom Vereinigten Königreich (13%) und von Kanada (11%). Die Schweiz und Deutschland sind mit einem Anteil von je 9% ebenfalls prominent vertreten.

Alle Aktien werden gleich gewichtet

Eine in den vergangenen Jahren zunehmend populärer gewordene Methode, um Klumpenrisiken zu mindern, ist die Gleichgewichtung aller in einem Index enthaltenen Unternehmen. Der MSCI World Equal Weight macht genau das mit den rund 1350 darin enthaltenen Gesellschaften. So hat beispielsweise die israelische Elbit Systems (13,5 Mrd. Fr. Marktkapitalisierung) dasselbe Gewicht wie Apple (2430 Mrd. Fr.). Ein gleichgewichteter Ansatz bevorzugt demnach Small Caps gegenüber Large Caps.

Das Ziel der geringeren Abhängigkeit von US-Valoren wird erreicht: Im gleichgewichteten Welt-Index haben die USA ein deutlich geringeres Gewicht von 40%. Dahinter folgt Japan mit einem Anteil von 15%. Auch wird das Klumpenrisiko der «glorreichen Sieben» – Alphabet, Apple, Amazon, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla – drastisch reduziert und zwar von 19,7% im MSCI World auf noch rund 0,5% im gleichgewichteten MSCI World.

Allerdings sollten sich Anleger auch der Nachteile bewusst sein. Zum einen sind da die höheren Kosten, die das regelmässige Rebalancing mit sich bringt. Um die Gewichtung im Gleichgewicht zu halten, muss nämlich regelmässig ge- und verkauft werden, was sich in höheren Transaktionskosten niederschlägt.

Einen grösseren Einfluss auf die Performance dürfte indes die Tatsache haben, dass anders als bei der Kapitalgewichtung die Gewinner (und die Verlierer) nicht «laufen gelassen» werden. Vor allem in den vergangenen Jahren, als die US-Technologieaktien fulminant nach oben strebten, hat ein solcher Ansatz Rendite gekostet. Umgekehrt kann sich die Strategie jedoch auszahlen, wenn die IT-Kolosse längerfristig leiden und sich die kleineren Konkurrenten zurückmelden.

Alternative Gleichgewichtung

Eine weiterer Ansatz ist eine Mischung aus Kapital- und Gleichgewichtung: So lässt sich das US-Risiko ebenfalls verringern, indem zu gleichen Teilen in verschiedene kapitalgewichtete Länder- und/oder Regionenindizes investiert wird.

Eine Portfolio für Schweizer Anleger könnte demnach beispielsweise je 20% in jeden der folgenden fünf ETF investieren. Natürlich sind diverse Kombinationen denkbar, wenn man das US-Gewicht nicht ganz so drastisch reduzieren möchte.

Für den langfristigen Vermögensaufbau sind thesaurierende ETF oft praktischer. Folgende Fonds bieten sich an – leider gibt es kein entsprechendes Produkt auf den Swiss Leader Index:

Fazit: Reduktion von US-Anteil ist sinnvoll

Die Zeichen mehren sich, dass der «American Exceptionalism» zu Ende ist. Nach Jahren der eindrücklichen Outperformance gegenüber dem Rest der Welt, haben die Risiken in Bezug auf US-Vermögenswerte zugenommen. Die Bewertungen sind anspruchsvoll, der Vorsprung der US-Tech-Giganten scheint weniger gross zu sein, als erhofft und die aggressive Zollpolitik erhöht die Rezessionsrisiken in den USA. Vor diesem Hintergrund scheint es angezeigt, das Engagement in US-Aktien zu reduzieren und vermehrt in andere Regionen umzuschichten.


Gegen die Neuzugänge im Dax wetten

Typischerweise werden ETF, die einen Index abbilden, als «passiv» taxiert. Schliesslich replizieren sie ja lediglich ein Börsenbarometer, ohne selbst aktive Entscheide zu fällen. Nun lässt sich einwenden, dass diese Entscheide ganz einfach an den Indexanbieter ausgelagert werden. ETF-Anleger setzen demnach darauf, den Performance-Beitrag der aktiven Entscheidungen, die aufgrund der Regeln für die Aufnahme in einen Index (respektive für den Ausschluss aus demselben) gefällt werden, abzuschöpfen.

Beim Dax wird die Zusammensetzung zweimal pro Jahr überprüft und, falls notwendig, werden Anpassungen vorgenommen. Und genau diese «aktiven Entscheidungen» analysieren Demir Bektić, Asad Khan und Lukas Körber in ihrem soeben in der «Review of Financial Economics» publizierten Artikel «Passive investing, active decisions: The DAX index inclusion effect».

Starke Aktien werden in den Index aufgenommen

Wie die Autoren herausfanden, haben diejenigen Aktien, die neu aufgenommen wurden, in den zwölf Monaten vor der Aufnahme den Dax um durchschnittlich 33,2% geschlagen. Eine naheliegende Frage lautet demnach: Kaufen Dax-ETF-Investoren systematisch überbewertete Unternehmen, bei denen eine Trendwende bevorsteht?

Um diese Frage zu beantworten, untersuchten Bektić, Khan und Körber alle Unternehmen, die zwischen 2010 und 2023 in den Dax aufgenommen wurden, wobei Änderungen, die sich aufgrund von Spinoffs und Zusammenschlüssen ergaben, ausgeschlossen wurden. Das Ergebnis ist signifikant: In den zwölf Monaten nach der Indexaufnahme blieben die Neuzugänge im Durchschnitt um 12% hinter dem Dax zurück. 18 Monate später erhöhte sich der Rückstand auf 26,5% und zwei Jahre danach belief er sich auf eindrückliche 36,1%. Das sind deutliche Hinweise darauf, dass primär überbewertete Firmen in den Index aufgenommen werden.

Lukrative Handelsstrategie

Einzelne Ausreisser sind nicht der Grund dafür, denn 19 der 22 Indexzugänge schnitten in den 18 Monaten nach der Aufnahme schlechter ab als der Gesamtindex. Die Kursschwäche ist somit «konsistent und systematisch», wie die Autoren bemerken.

Kann man diese systematischen Bewegungen gewinnbringend nutzen? Ja, meinen die Autoren und schlagen eine entsprechende Handelsstrategie vor. Jeweils zum Datum der effektiven Indexanpassung wird ein ETF auf den Dax gekauft (konkret der iShares Core Dax) und gleichzeitig werden die neu aufgenommenen Aktien leerverkauft. Sodann werden die beiden Positionen für eine Periode von zwölf Monaten gehalten.

Dieser Ansatz warf eine annualisierte Mehrrendite («Alpha») von 26,3% ab. Für eine Haltedauer von 18 und 24 Monaten betrug die Mehrrendite 51,44% respektive 71,42%. Auch nach Abzug der Transaktionskosten resultierte immer noch ein signifikant positiver Ertrag. Klassische Faktoren wie die Unternehmensgrösse, das Momentum oder Value vermochten die Überrendite ebenfalls nicht vollends zu erklären, sprich: Es scheint sich tatsächlich um eine echte Überrendite zu handeln.


Neu an der Schweizer Börse: ETF auf europäische Rüstungsgüteraktien

Sie ist die europäische Wachstumsbranche schlechthin: die Rüstungsgüter-, pardon, die Verteidigungsbranche. Die Aktienkurse von Unternehmen wie Rheinmetall, Thales oder Leonardo zeigen seit einigen Monaten steil nach oben.

Spätestens der Angriff Russlands auf die Ukraine hat gezeigt, dass eine effektive Landesverteidigung auch im 21. Jahrhundert unerlässlich ist. Lange verschlossen insbesondere europäische Regierungen die Augen vor der Realität. Die Ausgaben für das Militär sanken seit dem Kalten Krieg in praktisch allen Ländern kontinuierlich, die «Friedensdividende» alimentierte den Ausbau der Sozialwerke.

Mit der Rede des amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance an der diesjährigen Münchener Sicherheitskonferenz, in der er den Alten Kontinent dazu aufrief, mehr in die eigene Verteidigung zu investieren, hat er die letzten Zögerer wachgerüttelt. Denn ohne die Unterstützung der USA ist Europa nur bedingt einsatzbereit.

Europa rüstet auf

Damit soll nun Schluss sein. So hat der strategische EU-Plan namens «ReArm Europe» (inzwischen in «Readiness 2030» umbenannt) zum Ziel, die militärischen Fähigkeiten der EU zu stärken und ihre Autonomie zu fördern. Der Plan soll bis zu 800 Mrd. € mobilisieren, um die europäische Rüstungsindustrie zu unterstützen und die militärische Einsatzbereitschaft zu erhöhen.

Von diesem Trend möchte auch der ETF-Anbieter WisdomTree profitieren. Vor kurzem legte das Unternehmen den Wisdom Tree Europe Defence ETF (Ticker: WDEF, ISIN: IE0002Y8CX98) auf, der, wie es der Name verrät, ausschliesslich auf europäische Rüstungsgüterhersteller fokussiert.

Die grössten Positionen sind Thales (12,9%), Rheinmetall (12,7%), Leonardo (12,6%), BAE Systems (12,2%) sowie Saab (7,7%). Der ETF repliziert den WisdomTree Europe Defence Index physisch und thesauriert die Dividenden. Die laufenden Kosten (TER) liegen mit 0,4% über denjenigen von «gewöhnlichen» ETF, die sich in der Regel zwischen 0,1 und 0,2% bewegen.

Seit dem 23. April ist der Fonds neu auch an der Schweizer Börse kotiert. Damit trifft Wisdom Tree den Nerv der Zeit und befriedigt ein grosses Anlegerbedürfnis, zumal die «klassischen» Verteidigungs-ETF typischerweise von US-Konzernen dominiert werden.

Allerdings sind auch manche europäische Rüstungskonzerne stark vom durch Einsparpläne bedrohten US-Verteidigungsbudget abhängig: Bei BAE Systems beträgt der Nordamerika-Anteil am Umsatz 43%. Eine Auswahl europäischer Rüstungstitel mit geringem US-Umsatzanteil finden Sie in dieser Analyse.

Grosse Nachfrage

Lanciert wurde der ETF am 11. März und seither hat er ein rasantes Wachstum hingelegt. Bereits nach zwei Wochen erreichte das verwaltete Vermögen mehr als 500 Mio. Fr., derzeit beläuft es sich auf rund 1,15 Mrd. Fr. Zum Vergleich: Der UBS ETF auf den Swiss Leader Index (Ticker: SLICHA) kommt auf ein Vermögen von 1,38 Mrd. Fr. – obwohl er bereits seit Herbst 2007 existiert.

Ob Anleger gerade jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen sollen, ist allerdings eine andere Frage. In den vergangenen sechs Monaten haben sich die Aktienkurse einiger Rüstungskonzerne gut und gerne verdoppelt und die Stimmung scheint fast euphorisch zu sein. Auch wenn die Militärausgaben strukturell steigen dürften, nehmen die Kurse bereits einiges an positiven Nachrichten vorweg.

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