Mittwoch, November 27

300 Millionen Franken für städtische Wohnbaustiftungen und mehr Liegenschaftenkäufe durch die Stadt: Darüber stimmt Zürich am 24. November ab.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor zwei Jahren hat die SP die Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich» eingereicht.
  • Am 24. November entscheidet die Stadtzürcher Stimmbevölkerung über zwei Gegenvorschläge zu dieser Initiative. Die Volksinitiative selbst kommt nicht an die Urne, weil die SP sie zurückgezogen hat.
  • Der direkte Gegenvorschlag verlangt eine Änderung der Stadtverfassung. Darin soll festgehalten werden, dass die Stadt und ihre vier Wohnbaustiftungen Liegenschaften kaufen sollen, um das Drittelsziel zu erreichen.
  • Der indirekte Gegenvorschlag will das Kapital der vier städtischen Wohnbaustiftungen um insgesamt 300 Millionen Franken erhöhen.

Mit der Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich» wollte die SP erreichen, dass die Stadt das Kapital von drei der insgesamt vier stadteigenen Wohnbaustiftungen um 250 Millionen Franken erhöht. Zudem verlangte die Initiative, dass für die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) ein konkretes Wachstumsziel in der Gemeindeordnung, also der Stadtverfassung, festgehalten wird. Weiter sollten mindestens 5 Prozent der neuen städtischen Wohnungen für sozial benachteiligte Menschen reserviert werden.

Stadtrat und Parlament lehnten die Initiative ab. Zum einen sei die städtische Verfassung nicht der richtige Ort, um Wachstumsziele für die SAW zu verankern. Zum anderen hat die Zürcher Stimmbevölkerung im Juni bereits einer Volksinitiative zugestimmt, die die Stiftung für Alterswohnungen zum Wachstum verpflichtet.

Die beiden Gegenvorschläge nehmen die Stossrichtung der Volksinitiative auf. Einer zielt wie die Initiative auf eine Anpassung der städtischen Verfassung, ist darum als direkter Gegenvorschlag formuliert. Beim anderen geht es um die Erhöhung von Stiftungskapitalien, geändert werden soll nicht die Gemeindeordnung, sondern es wären die Statuten der Wohnbaustiftungen betroffen. Darum ist hier die Form des indirekten Gegenvorschlags gewählt.

Die SP hat ihre Initiative zurückgezogen, weshalb jetzt nur noch die Gegenvorschläge an die Urne kommen. Die Stimmberechtigten können die beiden Vorlagen einzeln annehmen oder ablehnen.

Wie die Volksinitiative verlangt auch der direkte Gegenvorschlag eine Anpassung der Gemeindeordnung. Konkret soll darin festgehalten werden, dass die Stadt und ihre Wohnbaustiftungen Liegenschaften kaufen und so dazu beitragen sollen, dass das Drittelsziel erreicht wird. Dieses sieht vor, dass bis 2050 ein Drittel aller Mietwohnungen in Zürich gemeinnützig sind.

Diese Vorgabe hat die Stimmbevölkerung 2011 verabschiedet. Seither ist es der Stadt zwar gelungen, die absolute Zahl der gemeinnützigen Wohnungen zu erhöhen. Prozentual hat sich allerdings wenig getan. Der Anteil stagniert bei gut einem Viertel.

Ein weiterer Punkt, der in die städtische Verfassung aufgenommen werden soll, ist, dass die Stadt ihren Stiftungen und anderen gemeinnützigen Wohnbauträgern Darlehen und Bürgschaften gewährt. Auch das entspricht der Stossrichtung der SP-Initiative, allerdings sieht der direkte Gegenvorschlag vor, den maximalen Betrag auf 20 Millionen Franken zu limitieren.

Beim indirekten Gegenvorschlag liegt der Fokus auf den städtischen Wohnbaustiftungen. Wie die Volksinitiative hat der Gegenvorschlag das Ziel, das Kapital von städtischen Wohnbaustiftungen zu erhöhen. Die Stadt Zürich verfügt über deren vier. Im Gegensatz zur Initiative sollen gemäss dem Gegenvorschlag nicht nur drei, sondern alle einen finanziellen Zustupf erhalten. Die Gesamtsumme erhöht sich damit von 250 auf 300 Millionen Franken.

Die Stiftung Einfach Wohnen und die Stiftung Familienwohnungen sollen je 50 Millionen Franken erhalten. Die Stiftung zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen und die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich werden mit je 100 Millionen Franken bedacht.

Die SP hat ihre eigene Initiative zugunsten der Gegenvorschläge zurückgezogen. Wie die Grünen sind auch die Sozialdemokraten der Ansicht, dass beide Vorlagen die Handlungsfähigkeit der städtischen Wohnbaustiftungen und des Stadtrats stärken. Dieses «wichtige Massnahmenpaket» sei nötig, um möglichst viel Wohnraum vor der Expansion der Immobilienfirmen zu schützen.

Die AL hatte die Volksinitiative der SP im Stadtparlament als «populistischen Schnellschuss» abgekanzelt. Die Gegenvorschläge unterstützt die Partei mit einem «Ja, aber».

Der indirekte Gegenvorschlag sei inhaltlich unbestritten. Anders sehe es beim direkten Gegenvorschlag aus. Bereits im Stadtparlament hatte die AL angemerkt, der Vorschlag löse keine Luftsprünge aus. Die städtische Kaufoffensive sei angesichts der «irrwitzig hohen Bodenpreise» zu hinterfragen. Wichtiger wäre in den Augen der AL, subventionierte Wohnungen zu fördern.

Mitte, FDP, GLP, EVP und SVP erachten keinen der Gegenvorschläge als zielführend. Es werde zwar mehr bezahlbarer Wohnraum versprochen, neue Wohnungen entstünden aber keine. «Reiner Etikettenschwindel also», lautet das Fazit.

Die Stadt Zürich gebe ohnehin schon enorm viel Geld für den Kauf von Liegenschaften und Grundstücken aus. Davon profitierten aber nur wenige. Dies auch, weil Kaufoptionen für gemeinnützige Wohnungen in der Stadt rar seien. Der Wohnungsbau müsse insgesamt gefördert werden.

Die GLP sieht insbesondere die Idee, dass die Stadt Darlehen und Bürgschaften vergeben solle, kritisch. Es entspreche nicht den Aufgaben der Stadt, als Bank zu fungieren.

Die Kapitalien der einzelnen Wohnbaustiftungen zu erhöhen, halten die Grünliberalen ebenfalls nicht für zielführend. Es würde die bereits bestehende Konkurrenz gegenüber der städtischen Liegenschaftenabteilung weiter befeuern. Die GLP verfolgt deshalb das Ziel, die vier Stiftungen langfristig in die Liegenschaften Zürich zu integrieren.

Die NZZ lehnt sowohl den direkten als auch den indirekten Gegenvorschlag ab. In beiden Fällen handelt es sich um Alibiübungen, mit denen sich die linken Parteien einreden, aktiv gegen die Wohnungsknappheit in der Stadt vorzugehen.

Die im direkten Gegenvorschlag verlangte Anpassung der Gemeindeordnung ist unnötig, da die Stadt bereits heute fleissig Liegenschaften und Grundstücke erwirbt. Allein im laufenden Jahr hat sie Einkäufe von 450 Millionen Franken bekanntgegeben.

Ganz im Sinne des links-grünen Narrativs sieht der indirekte Gegenvorschlag die Lösung des Wohnproblems im Griff in die Staatskasse. Dabei haben die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher erst im letzten Jahr einem mit 300 Millionen Franken bestückten Wohnraumfonds zugestimmt, mit dem ab 2025 Wohnbaugenossenschaften unterstützt werden.

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