Donnerstag, Oktober 3

Der Auftrags-Pharmaforscher verunsichert Anleger mit einem vagen Ausblick. Die Aussagen des Managements während der Analystenkonferenz zeigen aber, dass der Kursrückschlag übertrieben ist.

Das Hamburger MDax-Mitglied Evotec hat es schon wieder getan: Mit der unglücklichen Kommunikation zum Geschäftsbericht 2023 versenkten die Verantwortlichen erneut den Aktienkurs. Um mehr als 30% ging es am Mittwoch in die Tiefe.

Schon zu Jahresanfang hatte das Unternehmen Investoren brüskiert, als es den Rücktritt des langjährigen Chefs Werner Lanthaler ankündigte, ohne einen Nachfolger präsentieren zu können. Seine pflichtwidrig nicht gemeldete Aktienverkäufe der vorhergehenden drei Jahre wurden in der Pressemitteilung nicht einmal erwähnt. Das Ergebnis ist ein Vertrauensverlust, der den einstigen Börsenüberflieger in einen Mehrfach-Crash stürzte.

Am Mittwoch hätte die Aufsichtsratsvorsitzende Iris Löw-Friedrich zum Wiederaufbau des Vertrauens beitragen sollen. Sie konnte die Ernennung eines neuen Vorstandsvorsitzenden verkünden: Christian Wojczewski übernimmt im Juli. Der 52-Jährige verzeichnet unter anderem den Chefposten bei Linde Healthcare auf seinem Lebenslauf.

Doch die begrüssenswerte Personalie ging unter angesichts des äusserst vagen Ausblicks für die kommenden Jahre. Die Evotec-Manager blieben harte Zahlen schuldig, nicht einmal eine Bandbreite für Gewinn und Umsatz nannten sie offiziell. Ihre vagen Aussagen zu einem «zweistelligen Wachstum» beim Umsatz blieben weit unter der Erwartung der Analysten. Die Aktie brach ein.

In der Telefonkonferenz bemühten sich Löw-Friedrich, Finanzchefin Laetitia Rouxel und andere Mitglieder des Topmanagements, den irritierten Analysten etwas mehr Fakten an die Hand zu geben. «Für 2025 erwarten wir, dass das zweistellige Wachstum des Umsatzes weitergeht und uns in die Region von 1 Mrd. € Umsatz bringt», sagte Chefkontrolleurin Löw-Friedrich.

Analysten fragten zum Gewinnausblick, ob das Evotec-Management für 2024 mindestens 100 Mio. € Ebitda verspreche und mehr als 200 Mio. € für 2025. Dies bestätigte Finanzchefin Rouxel: «Natürlich, wir signalisieren 100 Mio. € und mehr.»

Die Ebitda-Prognosen liegen deutlich unter den Analystenschätzungen. Die Umsatz-Indikation für 2025 ist allerdings nur 10% niedriger als die Konsenserwartung. Das legt die Frage nahe, warum die Evotec-Verantwortlichen nicht bereits vor der Telefonkonferenz mehr Informationen an den Markt gegeben haben, was die Unsicherheit reduziert hätte.

Die Verwirrung aufgrund des lediglich qualitativen Ausblicks in der offiziellen Kommunikation hat vermutlich ihren Teil dazu beigetragen, dass der Aktienkurs kollabierte. Angesichts der im Gespräch mit Analysten kommunizierten Vorgaben wirkt die Aktie günstig, gemessen an der eigenen Bewertungshistorie.

Mit Blick auf die Umsatzschätzung für 2025 ist Evotec heute niedriger bewertet als im Finanzkrisenjahr 2008. Dieser Abschlag scheint übertrieben, angesichts der von Aufsichtsratschefin Löw-Friedrich in der Telefonkonferenz gegebenen Indikation, dass 1 Mrd. € Umsatz und mehr für 2025 durchaus möglich seien (versus der von Analysten geschätzten rund 1,1 Mrd. €).

Der Kurseinbruch zeigt auf erschreckende Weise, wie wenig Vertrauen die Verantwortlichen von Evotec am Kapitalmarkt noch geniessen. Dennoch ist es nicht die Zeit, die Aktie auf diesem niedrigen Bewertungsniveau zu verkaufen. Mutige werden stattdessen zugreifen. Denn das Geschäftsmodell, im Auftrag von Pharmakonzernen und Stiftungen Medikamente zu entwickeln, bleibt attraktiv. Und ein neuer Chef ist bereits avisiert.

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