Die SVP und eine Mehrheit der FDP wollten die Finanzhilfen definitiv auslaufen lassen. Sie sind im Nationalrat unterlegen. Wie wird es nach 2026 weitergehen?
Alle nerven sich darüber – und dann machen sie es trotzdem: Von links bis rechts regen sich Parlamentarier aller Parteien darüber auf, dass sie immer wieder über die Verlängerung der befristeten Krippenfinanzierung durch den Bund diskutieren müssen. Die einen ärgern sich, weil sie die Finanzhilfen nach zwei Jahrzehnten endlich auslaufen lassen möchten. Die anderen sind ungehalten, weil sie sich eine neue Lösung mit einer permanenten Unterstützung der familienexternen Kinderbetreuung wünschen.
Gewonnen hat die zweite Gruppe. Eine Mitte-links-Mehrheit hat am Mittwoch im Nationalrat die fünfte Verlängerung beschlossen. Die SVP stimmte geschlossen dagegen, die FDP mehrheitlich. Weil sich der Ständerat bereits früher dafür ausgesprochen hatte, ist die Frage damit erledigt. Das heutige Regime wird nicht Ende 2024 auslaufen, sondern erst Ende 2026 – es sei denn, das Parlament beschliesse vorher noch eine sechste Zusatzschlaufe.
Überraschen würde es nicht. Denn ob Mitte-links rechtzeitig eine dauerhafte Anschlusslösung zustande bringen wird, ist fraglich. Die künftige Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas oder Tagesschulen ist hart umkämpft. Im Prinzip handelt es sich um eine Aufgabe der Kantone und Gemeinden. Ein «Familienartikel» in der Verfassung, der dem Bund mehr Kompetenzen gegeben hätte, ist 2013 am Ständemehr gescheitert.
480 Millionen in 21 Jahren
Bisher hat sich der Bund denn auch eher zurückgehalten. Das bestehende Programm umfasst keine dauerhaften Beiträge, sondern eine Anstossfinanzierung: In den 21 Jahren seit der Einführung hat der Bund laut der jüngsten Statistik gesamthaft 480 Millionen Franken eingesetzt und damit die Einrichtung von 77 000 Betreuungsplätzen unterstützt. Im Budget für 2024 sind 40 Millionen reserviert.
Gleichzeitig mit der jüngsten Verlängerung hat das Parlament beschlossen, die Gelder um weitere 40 Millionen aufzustocken. Die Beiträge gehen primär an Trägerschaften, die neue Plätze einrichten. Der Bund unterstützt sie während maximal dreier Jahre. Aber nun soll sich fast alles ändern.
Man hat grosse Pläne im Parlament: Das Engagement des Bundes für die familienexterne Kinderbetreuung soll nicht nur dauerhaft etabliert, sondern vor allem stark ausgebaut werden. Mit Unterstützung bis in die FDP hinein hat der Nationalrat beschlossen, ein System einzuführen, das in erster Linie neue Bundesbeiträge an die Betreuungskosten der Eltern vorsieht. Die Kosten würden sich mittelfristig auf rund 800 Millionen Franken im Jahr belaufen. Hinzu kämen gut 50 Millionen zugunsten der Kantone, damit diese das Angebot wie gewünscht weiterentwickeln. So hat es der Nationalrat im vergangenen Jahr beschlossen.
Von der Realität eingeholt
Dann aber ist das Projekt von der finanzpolitischen Realität eingeholt worden. Angesichts der drohenden Defizite in den nächsten Jahren war absehbar, dass eine Vorlage mit derart hohen Mehrkosten einen schweren Stand haben wird. Prompt trat die vorberatende Kommission des Ständerats auf die Bremse und lancierte einen neuen Vorschlag, der mittlerweile bereits in der Vernehmlassung war. Er würde den Bund nichts kosten – stattdessen sollen die Arbeitgeber in die Bresche springen. Die Diskussionen in der Kommission sollen im nächsten Quartal weitergehen.
Vergangene Woche hat auch die Expertengruppe des Bundesrats, die Sparvorschläge für die Bundeskasse aufzeigen sollte, auf die Krippenvorlage hingewiesen: Sie rät, diese Aufgabe den Kantonen zu überlassen und auf jegliche Mitfinanzierung durch den Bund zu verzichten. Als Nächstes ist der Ständerat am Zug.