Eine von der deutschen Bundesregierung beauftragte Kommission setzt sich für Straffreiheit bei Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Wochen ein. Auch Eizellspenden sollen grundsätzlich legal werden. Leihmutterschaft soll nur in Ausnahmen erlaubt werden.

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission empfiehlt eine Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Eine grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Abtreibung in der Frühphase sei nicht mehr haltbar, erklärte die Juristin Liane Wörner, die die entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission leitete. Die Expertenkommission stützt ihr Votum auf verfassungsrechtliche, ethische und völkerrechtliche Abwägungen. Derzeit sind in Deutschland Abtreibungen grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleiben jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen werden und sich die Frau zuvor hat beraten lassen.

Für die mittlere Phase der Schwangerschaft bis zur 22. Woche empfiehlt die Kommission, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Grundsätzlich verboten bleiben sollen Schwangerschaftsabbrüche, sobald der Fötus eigenständig lebensfähig ist. Diese Grenze liegt laut den Fachleuten ungefähr in der 22. Woche ab Beginn der letzten Menstruation. Bei medizinischer oder kriminologischer Indikation muss es nach Einschätzung der Experten aber weiterhin auch in späteren Phasen der Schwangerschaft Ausnahmen geben.

Die Empfehlung nach Liberalisierung betrifft vor allem die Frühphase der Schwangerschaft. Abtreibungen würden dann nicht mehr als Unrecht stigmatisiert, sagte Wörner. Das sei nicht einfach eine Formalie, sondern mache einen grossen Unterschied für die betroffenen Frauen.

Wörner verwies darauf, dass eine Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs auch weitreichende Konsequenzen für die medizinische Versorgungssituation habe. Derzeit bieten immer weniger Ärzte auch aufgrund der unsicheren Rechtslage Schwangerschaftsabbrüche an. Es kommt zwar selten zu Verurteilungen. Aber laut einer Studie hat jeder zehnte Arzt, der Abtreibungen durchführt, schon eine Strafanzeige bekommen.

Eizellspende ist in meisten EU-Ländern zulässig

Bislang regelt der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch Schwangerschaftsabbrüche. 1992 hatte der Bundestag nach kontroverser Debatte für die sogenannte, derzeit gültige Fristenlösung gestimmt. Dabei ging es darum, nach der Wiedervereinigung einen Kompromiss zwischen der Rechtslage in der ehemaligen DDR, wo Schwangerschaftsabbrüche legal waren, und in der Bundesrepublik zu erringen.

Die Kommission schlägt ausserdem eine Liberalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft in Deutschland vor. Eizellspenden sollten in Zukunft zugelassen werden, sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhten, sagte die zuständige Sprecherin der Arbeitsgruppe, die Medizinethikerin Claudia Wiesemann. Bislang sind Eizellspenden in Deutschland laut Embryonenschutzgesetz verboten.

«Die damalige Begründung des Verbots ist nicht mehr stichhaltig», sagte Wiesemann. Eine sogenannte gespaltene Mutterschaft erzeuge keine so gravierenden Nachteile, dass ein Verbot weiter gerechtfertigt sei. Der Wille der Mutter müsse im Vordergrund stehen. Wiesemann betonte, dass innerhalb der EU einzig in Deutschland und in Luxemburg Eizellspenden weiterhin verboten seien.

Experten gegen Kommerzialisierung von Leihmutterschaft

Differenzierter positionierten sich die Experten zur Leihmutterschaft. «Das gegenwärtige Verbot der Leihmutterschaft kann begründet werden, ist aber nicht zwingend geboten», erklärte die Juristin Friederike Wapler, die für die entsprechende Arbeitsgruppe sprach. In bestimmten Fällen könnte eine Legalisierung der sogenannten altruistischen Leihmutterschaft zulässig sein. Das treffe beispielsweise zu, wenn Eltern und Leihmutter sich durch ein freundschaftliches oder familiäres Verhältnis kennten oder die beiden Parteien über die Geburt hinaus verbunden bleiben wollten.

In jedem Fall will die Kommission eine ökonomische Ausbeutung der Leihmutterschaft ausschliessen. Die Vermittlung und Organisation der Leihmutterschaft soll deshalb nur gemeinnützigen Organisationen erlaubt sein. Die Experten sprechen sich aber für eine angemessene Aufwandentschädigung der Leihmutter aus.

Die Ampelkoalition hatte die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin im vergangenen Jahr eingesetzt. Dem Gremium gehören achtzehn Experten insbesondere der Fachbereiche Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Rechtswissenschaften an. Die Empfehlungen der Kommission sind für die Bundesregierung nicht bindend. Sie gelten aber als wichtige Grundlage für potenzielle Neuregelungen bei Schwangerschaftsabbruch, Leihmutterschaft und Eizellspenden.

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