Die Schweiz hat ein Problem mit importierter Gewalt. Diese Realität kann man den Bürgern zumuten. Wer sie verschleiert, macht es nicht besser.
Die Schweiz wird immer krimineller. Das prägt das Sicherheitsempfinden der Bürger entscheidend. Die Türe wird in der Regel abgeschlossen, das Paket nicht mehr vor die Haustüre gestellt, im Auto nichts mehr liegen gelassen. Und im Zweifelsfall nimmt man heute das Taxi – und geht nicht mehr zu Fuss nach Hause. Rückzug ins eigene kleine Reduit. Sicherheit vor Freiheit. Die Schweiz ist keine Insel der Glückseligen mehr.
Das überrascht nicht, wenn man auf ausgewählte Zahlen der am Montag publizierten Kriminalstatistik blickt: Fast 50 000 Gewaltdelikte wurden im letzten Jahr registriert. Schwere Körperverletzung: plus 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Schwerer Raub: plus 21 Prozent. Vergewaltigung: sogar plus 30 Prozent.
Das ist schwer erträglich. Der krampfhafte Versuch von vielen Experten, Politikern und Medien, den einzelnen Delikten dieselbe Relevanz zuzuschreiben: Vergewaltigungen, Cyberdelikte, Steuersünden – sind oft nur aneinandergereihte Zahlen. Alles nicht so schlimm, die Schweiz ist sicher. Was als nüchterne Analyse daherkommen soll, ist eher verstörende Nonchalance.
Diese Betrachtungsweise hat wohl einen Grund: Man spricht das Offensichtliche nicht gerne aus: Ausländische Täter sind übervertreten. Der Kriminologe Dirk Baier sagte stellvertretend für diese Bubble im «Tages-Anzeiger», dass das Risiko für einen Schweizer, Opfer einer schweren Gewalttat durch eine ausländische Person zu werden, «statistisch betrachtet» gegen null tendiere.
In diesem Jahr haben bei den schweren Gewalttaten 54 Prozent der Beschuldigten einen ausländischen Pass.
Viele Schattenseiten
Diese Verklärung zielt darauf ab, jede Debatte über Ausländerkriminalität im Keim zu ersticken. Aus Angst, die Mehrheit der anständigen Ausländer der kriminellen Minderheit gleichzustellen? Diese Schönfärberei ist nicht nur paternalistisch, sondern auch kontraproduktiv, jeder Kritiker sieht sich bestätigt: Da wird etwas verschleiert.
Dabei lässt sich ja sagen: Die Schweizer sind vorbildliche Bürger. Genauso wie die meisten Ausländer, die hier leben. Gute Nachrichten. Reguläre Migration, die kontrolliert werden kann, ist erwünscht, die Integration klappt – meistens – zufriedenstellend.
Nur ist es aber auch nicht gelogen, dass es auch Schattenseiten gibt. Im letzten Jahr waren Schweizer von rund 90 000 Straftaten gemäss Strafgesetzbuch nur für gut 40 Prozent verantwortlich. Noch stellen sie aber fast drei Viertel der Bewohner dieses Landes. Asylsuchende dagegen begehen sieben Prozent aller Delikte – dabei machen sie kein Prozent der Bevölkerung aus. Und man muss auch zugeben können, dass weitere 20 Prozent der Beschuldigten «übrige Ausländer» sind: Asylsuchende mit Ausreisepflicht, illegal Anwesende ohne Asylverfahren, Kriminaltouristen. Die Schweiz hat ein Problem mit importierter Gewalt.
Wenig Einsicht
Experten wie Baier weisen dann darauf hin, dass eben auch überproportional Ausländer die Opfer seien. Entkräftet das die Zahlen der Kriminalstatistik? Linke Gruppierungen wie die Demokratischen Jurist*innen sprechen von «Vorurteilen», die zu mehr Anzeigen gegen Ausländer führten. So sei ihre Überrepräsentanz nur logisch. Ist diese nicht wegen ihrer Vergehen der Fall?
Und der selbsternannten Partei für (körperliche) Unversehrtheit, der SP, fällt seit Jahren nur noch ein, dass es sich nicht um ein Ausländer-, sondern um ein Männerproblem handle. Letzteres stimmt. Warum ist bei der Wahrheitssuche das Geschlecht (berechtigterweise) ein Thema, die Herkunft aber nicht?
Fakten sind Fakten. Der beste Kampf gegen Vorurteile ist Transparenz. Auch wenn es weh tut. Dann wirken auch die Erklärungen glaubwürdiger: Geschlecht, Migrationserfahrung, Kultur.
So weit ist die Schweiz noch nicht. Der Widerstand der – vor allem linken – Politiker und Medien bleibt weiterhin gross, der Interpretationswille auch. Am Dienstag beschäftigt sich der «Club» des Schweizer Fernsehens mit der Kriminalstatistik. Und fragt ganz unschuldig: «Was ist mit der Wahrnehmung in der Bevölkerung, dass die Ausländer krimineller seien – obwohl die Statistik differenzierter ausfällt?»