Egal ob auf dem Pferd oder in der Flughafen-Lounge: Niemand ist so entspannt wie die Sportstars.
Dass Sport fit macht, wissen wir. Aber dass er auch zu Tiefenentspannung führt? Das ist neu. Wir fühlen sie, wenn wir uns die Werbespots der letzten paar Wochen mit aktiven oder zurückgetretenen Schweizer Sportstars anschauen. Eine umfassende Gelassenheit zieht sich durch die Produktionen, ein Einssein mit der Welt. Es bleibt einem nur Neid.
Nun hat die lärchengelb gesprenkelte Engadiner Landschaft auch nicht gerade aufputschende Wirkung. Durch eine solche reitet Yann Sommer an der Seite von Michelle Hunziker im Spot «Sulle tracce dell’autunno», «auf den Spuren des Herbsts», von Schweiz Tourismus, der sich an das italienische Publikum richtet. Als lässiges Hipster-Cowboy-Paar folgen der Goalie und die Moderatorin Hinweisen, die es zu Spitzenkoch Andreas Caminada führen, der bereits den Gourmet-Fisch auf dem Grill hat. Natürlich selbst gefangen. «Ciao Andreas», sagt Sommer, seine einzige Zeile im Clip. In der Kommunikation mit Michelle genügt angedeutetes Schmunzeln. Einmal fängt er einen Tannzapfen, den sie ihm zuwirft.
Etwas mehr Text hat Roger Federer, der in «Falling for Autumn», ebenfalls produziert von Schweiz Tourismus, in der gleichen lärchengelben Kulisse mit dem dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen die Vorzüge des Bergherbsts preist. Wir sehen Naturburschen in flauschigen Pullis, die sich in Laubhaufen erden, Blätter streicheln und beim Baumumarmen spüren. Alles ist so unverschämt «hygge», dass man sich nach Wollpantoffeln sehnt und viel Glühwein am Kaminfeuer.
Eine gewisse Weltabgewandtheit beweist Roger Federer auch im neuesten Spot eines Telekommunikationsanbieters. Zusammen mit dem Skistar Marco Odermatt verquatscht er sich bei einem Kaffee im warmen Licht der Flughafen-Lounge. Lautsprecherdurchsagen, die die beiden an die Gates rufen, schrecken die anderen Wartenden auf, die sich nun aufgeregt auf die Suche nach den Promis machen. Doch was kümmert Männer wie Federer und Odermatt die Hektik der anderen?
Wollen wir etwas aus den jüngsten Spots lernen, ist es dies: Die Schweiz ist nicht nur wunderschön, sondern auch total easy, und die Söhne des Landes sind ganz bei sich. Sie haben keine Angst vor Gefühlen, und ihr schalkhafter Charme kommt ohne viele Worte aus.
Es gab auch andere Zeiten. Alex Frei etwa hat vor der Fussball-WM 2010 im Fake-Pelzmantel für Pommes-Chips gerappt, im besten Fall kann man sagen, dass der Nati-Captain einen verlorenen Eindruck hinterliess. Und noch ein paar Jahre früher, 1977, sang die Schweizer Ski-Nati im Renndress tapfer im Chor die Zeile: «Es löscht ja nüt besser de Durst, juhee, als e Fläsche Rivella im Schnee.» Dann prosteten sich die Athleten und Athletinnen mit dem braunen Fläschchen zu.
Chips und Blöterliwasser vertreiben ist halt ein Knochenjob. Da ist es schon einfacher, den Zeitgeist zu verkaufen. Entschleunigung in Cashmere – wer könnte da widerstehen.
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