Dienstag, November 26

In Griechenland wütet der bisher grösste Waldbrand des Jahres. Starke Winde treiben die Feuer voran. Ganze Ortschaften sind von Flammen umzingelt, die Einwohner fliehen.

Noch nie hat sich ein Feuer so nah an Athen herangefressen. Das sagten Experten am Montag im griechischen Fernsehen. Die Entfernung der Flammen vom Stadtzentrum betrug am Nachmittag noch rund elf Kilometer. Seit Sonntag wütet im Nordosten der griechischen Hauptstadt ein gewaltiger Waldbrand. Am Montag war die Feuerfront auf über 30 Kilometer angewachsen, es handelt sich um den grössten Waldbrand in diesem Jahr. Am Montagabend war bereits eine Fläche von 200 Quadratkilometern betroffen.

Das Feuer war am Vortag im nördlich von Athen liegenden Ort Varnavas ausgebrochen. Zwar waren innert Minuten die ersten Löschflugzeuge im Einsatz, doch konnten sie das Feuer nicht aufhalten. In rasender Schnelle breitete es sich immer weiter Richtung Süden und Südosten aus, frass sich durch knochentrockene Kiefernwälder. Die Flammen lodern zum Teil mehr als 25 Meter hoch. Angefacht werden sie durch heftige Winde aus unterschiedlichen Richtungen.

Laut griechischen Medien wurden zahlreiche Personen mit Atemwegsbeschwerden in Spitäler gebracht. Todesopfer durch die Brände sind bisher nicht zu beklagen. Damit dies so bleibt, setzen die Behörden auf grossangelegte Evakuierungen. Die griechischen Zivilschutzbehörden geben in kurzen Abständen Evakuierungsanweisungen aus. Bereits am Montagvormittag waren die Einwohner von zwölf Ortschaften aufgerufen worden, ihre Häuser in der Region um Marathon und Pendeli zu verlassen. Am Nachmittag kamen weitere Evakuierungsaufrufe dazu, als das Feuer nördliche Athener Vororte wie Vrilissia und den Norden von Chalandri erreichte.

Passagierfähren zum Hafen von Rafina wurden wegen des sich ausbreitenden Feuers nach Lavrio südöstlich von Athen umgeleitet.

Σε Πεντέλη, Βριλήσσια και Χαλάνδρι το πύρινο μέτωπο | OPEN TV

Allein bis Montagmittag entstanden 40 neue Brandherde. Bereiche, die bereits unter Kontrolle waren, schienen wieder aufzuflammen, sagte ein Feuerwehrsprecher. Der Bürgermeister der historischen Stadt Marathon sprach im Fernsehsender «Skai» von einer «biblischen Katastrophe». Der ganze Ort sei von Flammen umzingelt, die 30 000 Einwohner seien evakuiert worden, auch die Patienten von zwei Spitälern wurden in Sicherheit gebracht. Auch in Pendeli mussten zwei Spitäler evakuiert werden: ein Militärspital und eine Kinderklinik.

«Es tut weh, wir sind in diesem Wald aufgewachsen. Wir empfinden grosse Traurigkeit und Wut», sagte eine Einwohnerin von Pendeli vor ihrem Haus, das die Flammen fast erreicht hatten, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Auf Satellitenaufnahmen der Nasa wird das Ausmass der Brände deutlich. Die Bilder zeigen zudem, wie nah das Feuer an bewohnte Siedlungen herangerückt ist.

Über 670 Feuerwehrleute versuchen, die Brände unter Kontrolle zu bekommen, sie werden von Freiwilligen unterstützt. Auch Dutzende von Armeeangehörigen sind im Einsatz, zudem 17 Löschflugzeuge und 15 Helikopter. In der Nacht auf Montag hatten zahlreiche Einheiten der Feuerwehr aus Süd- und Westgriechenland die Hauptstadt erreicht. Athen aktivierte zudem den EU-Katastrophenschutz: Italien, Frankreich, Tschechien, die Moldau und Zypern schicken Helfer und Löschflugzeuge.

Dichte Rauchschwaden über Athen

Wegen der starken Rauchbildung lag am Sonntag stundenlang eine dichte graubraune Wolke über Athen. Die Rauchschwaden erstreckten sich über mehr als 100 Kilometer und erreichten die Halbinsel Peloponnes.

Auf der Brandgefahr-Karte des griechischen Zivilschutzes sind die Region Athen und weite Teile Mittelgriechenlands in rot getaucht: die höchste Stufe der Brandgefahr. Auch in den meisten anderen Landesteilen ist die Brandgefahr stark erhöht. In den meisten Regionen Griechenlands hat es seit Monaten kaum geregnet. Die extrem hohe Waldbrandgefahr soll noch bis mindestens Donnerstag andauern.

Regierungschef Mitsotakis unterbricht Ferien

Für die vor den Flammen flüchtenden Menschen öffnete die Regierung die Anlagen des Olympiastadions im Norden Athens und andere Sporthallen. Auch Hotels stellten Zimmer zur Verfügung, wie der Verband der Hoteliers mitteilte. Touristische Einrichtungen seien bislang nicht bedroht, hiess es. Zahlreiche Einwohner blieben in ihren Häusern und kämpften mit Gartenschläuchen gegen die Flammen an.

Wegen der dramatischen Entwicklung unterbrach der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis seine Ferien und kehrte nach Athen zurück.

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