Freitag, Februar 14

Mit dem Grande Panda kommt ein Auto auf den Markt, an das Fiat besonders grosse Hoffnungen knüpft. Der Wagen soll wiederholen, was sein 1980 lancierter Urahn schaffte: die Marke vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit bewahren.

Hoffnung und Enthusiasmus sowie jede Menge Felicità (Glück) soll er verbreiten, so wünscht sich der Fiat-Chef Olivier François die Zukunft des neuen Kompaktwagens Panda. Glück soll er der Marke bringen, nachdem es ihr in letzter Zeit ausgegangen war. Ein Blick auf die Verkaufszahlen zeigt, dass selbst der Verkaufsschlager Fiat 500 neuerdings schwächelte. Jetzt ist Glück gefragt, und der Fiat Grande Panda soll es grosszügig zurückbringen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Was einmal der kleinste Wagen in der Fiat-Palette war, wuchs im Grande Panda auf vier Meter Länge an. Damit ist er nicht mehr der Zwerg von damals, sondern über dem Fiat 500 positioniert – allerdings nur im Format. Mit einem Basispreis knapp unter 25 000 Franken liegt der Grande Panda Elektro deutlich unter dem stylischen Cinquecento-Stromer.

Fahren durch die Steilkurve des Fabrikdachs

Der Fiat Grande Panda kommt vorläufig in zwei Antriebsversionen: als Fiat Grande Panda Hybrid (angetrieben von einem 74 kW / 100 PS starken Benziner, der mit einem Mild-Hybrid-System kombiniert ist) und als Fiat Grande Panda Elektro (83 kW Leistung, also 113 PS), der als erstes in der Schweiz zu haben sein wird.

Die Testfahrt startet – und das jagt selbst gestandenen Autojournalisten einen Schauer über den Rücken – auf dem Dach der legendären Lingotto-Fabrik. 1923 fertiggestellt, war sie damals der Inbegriff von futuristischer Industriebaukunst. Fiats erster Produktionsdirektor, Giacomo Matté-Trucco selbst hatte die Entwürfe angefertigt. Das Revolutionäre an dieser Produktionsstätte war die 1000 Meter lange Teststrecke auf dem Dach, ein Oval mit je 450 Metern Seitenlänge und zwei eindrucksvollen Steilkurven an den Stirnseiten.

Die Lingotto-Fabrik und damit auch die Teststrecke wurden 1982 geschlossen, inzwischen ist hier ein Park entstanden, Europas grösster Dachgarten. Die Teststrecke kann man also nicht mehr voll auskosten, aber man bekommt beim Zirkulieren durch die Blumenrabatte und vorbei an Skulpturen immerhin noch einen Eindruck, was es bedeutet haben muss, hier oben fast 60 Jahre lang Strassen- und Rennwagen des Fiat-Konzerns testen zu können.

Gerade genug Auto

Ein Sportler ist der Fiat Grande Panda nicht, er soll es auch gar nicht sein. Er ist begrenzt auf 132 km/h, überzeugt aber mit zügigem Anfahrverhalten und guter Handlichkeit in der Stadt. Wer sich erinnert, wie sich der von Giorgetto Giugiaro entworfene allererste Panda von 1980 angefühlt hat, erkennt gewisse Ähnlichkeiten mit der «tollen Kiste», wie der Panda liebevoll genannt wurde. Die Linie ist auch im Grande Panda kantig, das hoch angesetzte Dach sorgt für genug Platz im Fahrgastraum, auch für Sitzriesen.

Die Ausstattung ist wie im Urmodell spartanisch, aber den aktuellen Bedürfnissen der jüngeren Generation angepasst, auf die dieses Auto eindeutig abzielt. In der vollausgestatteten Version sind alle notwendigen elektronischen Fahrassistenzsysteme (Tempomat, aktiver Notbremsassistent, Fahrspurhalte-Assistent) enthalten. Es gibt ein intuitives simpel gestaltetes 10,25-Zoll-Displays, ein sportlich gestaltetes Lenkrad, doch jeglicher Schnickschnack fehlt.

Auch das Verkaufsargument Nachhaltigkeit wird umfassend bedient: In allen Panda-Varianten ist im Interieur mit blauer Farbe angedeutet, was teilweise aus recyclierten Materialien gefertigt wurde. Im Innenraum sind die Wertstoffe laut Fiat aus rund 140 Getränkekartons verarbeitet, der so entstandene Verbundstoff trägt den Namen Lapolen Ecotek. Dazu gibt es Elemente aus Bambusfasern, eine Anspielung auf die Ernährung eines tierischen Pandabären – prominent sichtbar am Handschuhfach und als Fasern in Bezugsstoffen genutzt. Und – endlich hat ein Hersteller das Staubsaugerkabelprinzip realisiert – lässt sich aus einem Fach an der Fahrzeugfront ein Spiralkabel zum Laden der Batterie herausziehen. Praktisch.

Es gibt den Fiat Grande Panda Elektro in einer Basisversion als Modell RED, mit dem Fiat die Wohltätigkeitsorganisation RED aus Teilen der Einnahmen unterstützt, eine 2006 unter anderem von Weltstar Bono von der Musikgruppe U2 gegründete NGO, die sich für von Krankheiten am stärksten gefährdeten Gemeinschaften weltweit einsetzt. Das Modell RED ist ab einem Einstiegspreis von 24 990 Franken zu haben. Die Top-Version heisst Fiat Grande Panda La Prima und ist ab 28 490 Franken erhältlich.

Offen für alle Antriebsarten

Der Hoffnungsträger Fiat Grande Panda verfügt über ein Chassis, das explizit für unterschiedliche Antriebskonzepte ausgelegt ist. Fiat-Chef François machte bei der Präsentation des neuen Modells keinen Hehl daraus, dass man ratlos sei, mit welchen Antriebskonzepten es in der europäischen Gemengelage der Automobilindustrie tatsächlich weitergehen werde. Man wisse nicht, ob Verbrennungsmotoren wirklich komplett verschwinden müssen, oder ob es nicht doch noch viele andere Antriebsmöglichkeiten gebe.

Aus diesem Grund will der Mutterkonzern Stellantis flexibel bleiben. Er hat für die Produktion des Grande Panda die «Smart Car»-Plattform eingeführt, auf der auch der C3 von Citroën gebaut wird. Vorerst entsteht der Wagen nur in Serbien, doch soll der Grande Panda in diversen Ländern produziert werden können – möglichst überall dort, wo man ihn verkaufen möchte.

Auf den ersten Blick hat der Grande Panda das Zeug dazu, wie schon das Urmodell eine «tolle Kiste» zu werden. Er ist preislich interessant. Ein Einstiegsmodell namens Pop soll unter 19 000 Franken kosten, ist aber noch nicht bestätigt. Der Grande Panda reicht völlig für Stadt- und Nahverkehr, wenngleich nicht optimal für lange Reisen. Das Platzangebot ist gut, das Fahrverhalten genügt modernen Ansprüchen. Wermutstropfen für Sportfahrer: eine Abarth-Version wird es nicht geben. Das passe nicht ins Konzept der Fiat-Sportmarke Abarth. Aber das Potenzial zum neuen Verkaufsschlager scheint der ab Juli erhältliche Grande Panda zu haben. Und dann herrscht auf dem Lingotto endlich wieder Felicità.

Die Testfahrten wurden von Fiat unterstützt.

Exit mobile version