Im Kampf um die Neuordnung der italienischen Finanzbranche überrascht Mediobanca mit einem Coup. Die Mailänder Geschäftsbank bietet 6,3 Milliarden Euro für die Banca Generali aus Triest.

Seit sieben Monaten kommt die italienische Finanzwelt nicht zur Ruhe. Montag in der Früh kündigte Alberto Nagel, der Chef der Mailänder Geschäftsbank Mediobanca, an, die Triester Banca Generali zu übernehmen. Dafür bietet er 6,3 Milliarden Euro. Mit dem Überraschungscoup versucht Nagel sich gegen den Angriff der Traditionsbank Monte dei Paschi (MPS) aus Siena zu wehren. Diese will wiederum mit Unterstützung der römischen Regierung die Kontrolle über Mediobanca erobern.

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Mediobanca macht sich hübsch

Die führenden Akteure bei dieser Übernahme sind alle sehr eng miteinander verbunden. Die Banca Generali ist die Banktochter des italienischen Versicherungskonzerns Generali, dessen Hauptaktionärin wiederum Mediobanca selbst ist. Nagel kündigte ein öffentliches Umtauschangebot für alle Anteilscheine der Banca Generali an, das vollständig in Aktien der Versicherung Generali bezahlt wird. Dieser Schritt hätte den Ausstieg von Mediobanca aus Generali zur Folge: Sie würde ihren Aktienanteil an Generali in Höhe von 13 Prozent, seit Jahrzehnten die wichtigste Beteiligung der Bank, dann komplett gegen die Kontrolle über die Banca Generali eintauschen.

«Wir haben diese Operation seit mindestens fünf Jahren im Auge, weil wir erkannt haben, dass sie Wert schaffen würde», sagte der Mediobanca-Chef am Montag. Ein entsprechender Vorstoss war 2020 am Widerstand der eigenen Aktionäre gescheitert.

Durch den Zusammenschluss entstehe «ein europäischer Marktführer», hiess es in einer Mitteilung der Bank. Mediobanca würde in Italien durch die Übernahme zum zweitgrössten Vermögensverwalter aufsteigen. Nach der Fusion würde das Institut Vermögen in der Höhe von 210 Milliarden Euro verwalten, kommentierten die Analysten der Mailänder Banca Akros. Den künftigen Umsatz schätzen sie auf 2 Milliarden Euro pro Jahr, und sie attestieren der Bank ein Wachstumspotenzial von mehr als 15 Milliarden Euro Nettovermögen jährlich.

Nagel betonte an einer Pressekonferenz, das Angebot an die Banca Generali sei kein defensiver Schachzug zur Abwehr des Angriffs von Monte dei Paschi. Der Zusammenschluss ziele darauf ab, «Mediobanca schöner zu machen».

An der Mailänder Börse wurde das Vorhaben positiv aufgenommen. Die Banca Generali legte bei der Eröffnung des Handels um fast 7 Prozent zu. Der Aktienkurs von Mediobanca stieg um 1,5 Prozent. Am frühen Nachmittag notierte Banca Generali mit 6,9 Prozent und Mediobanca mit 0,3 Prozent im Plus. Der Versicherungskonzern Generali verlor 1,5 Prozent.

Eigentlich geht es um den Versicherer Generali

Auch wenn Nagel am Montag die industrielle Logik seines Plans in den Vordergrund rückte, kommt dem Übernahmeversuch vor dem Hintergrund der Neuordnung der italienischen Finanzbranche auch eine zweite, strategische Bedeutung zu. Die Machtverhältnisse haben sich unter den Banken südlich der Alpen grundlegend verschoben. Mediobanca hat ihre zentrale Stellung in der Finanzbranche längst verloren. Doch ein feindliches Übernahmeangebot von einer italienischen Provinzbank galt bislang schlicht als unvorstellbar.

Doch genau das war geschehen, als eine Eilmeldung am 24. Januar die italienische Finanzwelt schockierte. Ausgerechnet die langjährige toskanische Krisenbank Monte dei Paschi, die 2017 mit einer staatlichen Kapitalspritze von 5,4 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden musste, brach eine Übernahmeschlacht um Mediobanca vom Zaun.

Zu den einflussreichen Aktionären des Monte dei Paschi gehören der römische Unternehmer Francesco Gaetano Caltagirone und die Finanzholding Delfin der Familie Del Vecchio, die gleichzeitig zu den grössten Anteilseignern sowohl von Mediobanca als auch von Generali zählen. Beide sind leidenschaftliche Widersacher Nagels und auch des Generali-Chefs Philippe Donnet und betreiben seit langem deren Absetzung.

Mit von der Partie ist auch die Regierung von Giorgia Meloni, denn das Finanzministerium ist nach der staatlichen Rettung noch immer Hauptaktionär der Bank aus Siena. Die Regierung versucht nach Kräften, ihren Einfluss auf die italienische Finanzbranche auszubauen, und treibt aktiv den Aufbau eines dritten Bankenpols hinter den Marktführern Intesa Sanpaolo und Unicredit voran. Der sanierte Monte dei Paschi und die Mailänder Mediobanca sollen offenbar zum harten Kern des neu zu formenden Konzerns verschmolzen werden.

Es ist kein Geheimnis, dass es den drei MPS-Aktionären vordergründig gar nicht um Mediobanca geht. Im Visier haben sie die Kontrolle der Versicherung Generali, die mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 800 Milliarden Euro der begehrteste Konzern auf dem Apennin ist. Und dessen grösste Aktionärin Mediobanca ist. Was auch erklärt, warum sich der Monte dei Paschi zur Übernahme der Mailänder Geschäftsbank aufgeschwungen hat. Gelingt aber Nagels Coup mit der Banca Generali, wäre Mediobanca auf einen Schlag ihre Generali-Anteile los. Und der Angreifer MPS würde eine Bank übernehmen, die keinen Einfluss mehr auf den «Löwen von Triest» hätte.

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