Dienstag, November 5

In der Schweizer Gastronomie ist Fleischkäse zu einer Seltenheit geworden. Doch wer genau sucht, entdeckt hier und da Wirte, die sich gegen den Trend stemmen und die aus der Mode gekommene Spezialität als Burger, mit asiatischen Aromen oder feiner Sauce anbieten.

Vor wenigen Tagen war es so weit. Die Interessengemeinschaft Fleischkäse, eine private, der Förderung dieser Köstlichkeit dienende Organisation, hatte zur Verkostung von 15 Sorten Fleischkäse geladen und eine aus Prominenten, Influencern und dem Zwei-Sterne-Koch Heiko Nieder bestehende Jury auf die Beine gestellt. Am Schluss wurde das Produkt der Metzgerei Kraus als Nummer eins gekürt; die Durchschnittsgüte der im Wettbewerb befindlichen Sorten soll hoch gelegen haben.

Doch während viele Metzger selbst Fleischkäse herstellen, sogar in beachtlicher Güte, sind die Gastronomen zurückhaltend geworden. Die schnittfeste Masse gilt den meisten Restaurants als allzu simpel und bringt keine hohe Marge, weil nur wenige Köche den Käse ohne Käse selbst produzieren, sondern ihn von den Metzgern zukaufen. Viele Kunden wiederum betrachten Fleisch- oder Leberkäse, der keine Leber enthalten muss, als Imbiss zwischendurch, nicht als ernstzunehmende Alternative zu Schnitzel oder Cordon bleu.

Nur wenige Restaurants haben sich auf Fleischkäse spezialisiert

Zu den Ausnahmen von der Regel gehören nicht nur Restaurants in Bayern und anderen Teilen Deutschlands, die Leberkäse gern zelebrieren, bisweilen auch im Drive-in anbieten, sondern auch der «August» am Zürcher Rennweg. In dem «Widder»-Outlet kann man den von der Metzgerei Keller gelieferten Fleischkäse in drei verschieden gewürzten Varianten essen – zum Beispiel mit Kräutern und Peperoncini – und zusätzlich sogar als Club-Sandwich bestellen.

Ins «Muggenbühl» dagegen, einen alteingesessenen Betrieb in Zürich Wollishofen, sollen Kunden seit langem allein deswegen gehen, weil der Ofenfleischkäse hier mit Zwiebel und Essiggurken zum Preis von 19 Franken angerichtet wird. Im Zürcher «Volkshaus» dagegen bemüht sich die Küche zumindest um einen Hauch der Verfeinerung, indem sie den Fleischkäse mit einer Pommery-Senf-Sauce aufpeppt und zum Preis von 24.50 Franken auftischt.

Am häufigsten indes wird Fleischkäse dort serviert, wo es besonders rustikal zugeht und reichlich Bier fliesst. Die «Rheinfelder Bierhalle» im Zürcher Niederdorf hat welchen im Angebot und serviert ihn samt Spiegeleiern sowie einer Beilage nach Wahl zum Preis von 16.50 Franken. Im Restaurant Sternen-Grill kostet er 1.50 Franken mehr.

Ob man den Fleischkäse weiterverarbeiten und beispielsweise als eine Variante des Wurstsalats anbieten sollte, wird unter Puristen eifrig diskutiert: Wer es ausprobieren will, kann sich im «Schäfli» in Winterthur schlaumachen. Und dass Fleischkäse gut zum Appenzeller Vollmond-Bier passt, konnte ich schon in der Beiz der Stiftung Stöckenweid ausprobieren. Steht der Klassiker auf dem Menu, kostet er samt Kartoffelsalat gerade einmal 16.50 Franken.

Fleischkäse einmal anders: warum nicht mit Gewürzen spielen?

Vom Einerlei der lediglich mit Ei und Kartoffeln servierten Fleischkäse auf Basis von Schweinefleisch heben sich bis jetzt nur wenige Gastronomen ab. Wildfleischkäse ist hin und wieder im Handel, aber fast nie in Beizen zu bekommen. Noch seltener sind Versuche, den Fleischkäse einmal ganz anders zu würzen. Das Angebot des «Lang Thai Pub» war im Sommer also nicht hoch genug einzuschätzen: Hier hat man sich an einem thailändisch gewürzten Fleischkäse versucht, den ich bei einem kürzlichen Besuch indes nicht entdecken konnte.

Für findige Gastronomen ist da noch Spielraum. Warum nicht Fleischkäse mal provenzalisch würzen, mal griechisch? Mit Sumach als türkische Spezialität anbieten oder gleich als Döner-Alternative servieren? Currygewürze könnten eine indische Note in den Fleischkäse zaubern, Mole würde für mexikanisches Flair sorgen. Potenzial hat auch der Fleischkäse-Burger, wie ihn der Schweizer Food-Truck Hungry Pig an wechselnden Standorten verkauft. Chili-Fleischkäse im Bun mit hausgemachter BBQ-Sauce: keine schlechte Idee! Wer weiss, vielleicht kommt ja auch der Fleischkäse-Juror Heiko Nieder auf den Geschmack und bietet eine Luxusversion in seinem Gourmetrestaurant an . . .

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