Montag, September 30

Über Coop Finance+ wollte der Händler seiner Kundschaft Dienstleistungen von Partnerbanken und Bargeldbezüge ermöglichen. Nun steigt Coop bereits in der Pilotphase wieder aus. Die fehlende Nachfrage hängt mit der Konkurrenz und Schwächen der App zusammen.

Bei der Lancierung von Coop Finance+ im vergangenen Oktober wurde die Einführung des digitalen Finanzportals vom Detailhändler noch als «logischer Schritt» bezeichnet. Keine zehn Monate später macht sich Ernüchterung breit. In einer kurzen Mitteilung kündigte Coop den Rückzug vom Projekt an, weil «die Nachfrage nicht den Erwartungen entsprach».

Via die App von Coop Finance+ konnten Kunden bei der Hypothekarbank Lenzburg ein Spar- und Privatkonto eröffnen, in Säule-3a-Produkte der Glarner Kantonalbank investieren oder kostenlos Bargeld an sämtlichen Coop-Kassen beziehen.

Mangelhaftes Produkt

Coop führt «ein gewandeltes Umfeld und einen verschärften Wettbewerb in der Finanzbranche» als Grund für den Ausstieg an. Tatsache ist allerdings, dass es in der Schweiz auch bereits im vergangenen Herbst schon mehr als genügend digitale Banklösungen gab. Der Rückzug nach so kurzer Zeit ist wohl vor allem ein Hinweis, dass sich drastisch weniger Leute für das Produkt angemeldet haben, als man sich das erhofft hat.

Dies wiederum dürfte mit Mängeln des Produktes selber zu tun haben. Bereits beim Start gab es skeptische Stimmen. «Eine Banking-App wie Kraut und Rüben» urteilte damals etwa das Finanzportal «Finews».

Die Bewertungen von Nutzern im App-Store waren zum Teil vernichtend. Probleme gab es vielmals bereits bei der Registrierung. «Eröffnungsprozess katastrophal», schrieb ein Nutzer. «Die App scheint noch sehr frühes Beta zu sein» ein anderer.

Ebenfalls ein häufiger Kritikpunkt: Obwohl die App eigentlich auch als Hilfe für die Verwaltung des Haushaltsbudgets angepriesen wurde, waren keine Partnerkonten möglich, nur solche für Einzelpersonen. Dieses Manko wurde später behoben. Weitere Negativpunkte waren, dass keine Zahlungen ins Ausland möglich waren und man Twint nicht nutzen konnte. Ebenso kritisiert wurde die Tatsache, dass ab dem zweiten Jahr eine Gebühr fällig worden wäre.

Trotz Coop-Marke kein Selbstläufer

Der genaue Zeitpunkt des Rückzugs steht noch nicht fest. Coop will aber den Betrieb der Plattform bis auf weiteres gewährleisten. Ebenfalls zurückziehen wird sich die Hypothekarbank Lenzburg. Die Glarner Kantonalbank schreibt, eine Nachfolgelösung für die Vorsorgeprodukte sei in Arbeit.

Dass Digital-Banking-Lösungen kein Selbstläufer sind, zeigen auch andere Versuche. So tut sich etwa Radicant von der Basellandschaftlichen Kantonalbank bisher schwer, mit ihrem Angebot für nachhaltig orientierte Bankkunden auf einen grünen Zweig zu kommen.

Im Gegensatz zu Radicant und anderen neuen Finanz-Apps konnte Coop immerhin auf eine bekannte Marke setzen. Wie der Flop nun zeigt, reicht das alleine nicht aus, wenn das Produkt nicht stimmt. Aber selbst gut funktionierende Lösungen haben aus Sicht der Anbieter oft das Problem, dass es schwierig ist, damit auch Geld zu verdienen.

Die Einstellung von Coop Finance+ wird zudem vermutlich viele Kunden in ihrer Skepsis gegenüber neuen Apps bestärken. Warum sollen sie sich auf ein neues Produkt einstellen, wenn unklar ist, wie lange es überhaupt am Markt überleben kann?

Wie viele Millionen die Beteiligten in das Projekt investiert haben, ist nicht bekannt. Immerhin hat man bei Coop nach der Fehleinschätzung aber nicht lange gewartet, bis man die Übung abgebrochen hat.

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