Samstag, April 19

Die Anlageprofis sind für die Weltwirtschaft pessimistisch wie selten. Die Rotation in defensive Segmente hält an, die Skepsis gegenüber US-Aktien nimmt markant zu.

Die Verunsicherung an den Märkten ist mit Händen zu greifen. Die wahnwitzige Zollpolitik der US-Regierung von Präsident Donald Trump sorgt bei Unternehmen und Haushalten für enorme Nervosität. Da immer mehr Amerikaner befürchten, ihren Job zu verlieren, und gleichzeitig die Erwartung eines neuerlichen Inflationsschubs zunimmt, wird eine Phase der Stagflation zunehmend wahrscheinlich.

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Die erhöhte Teuerungsgefahr erschwert zudem der US-Notenbank das Leben, weshalb sie voraussichtlich bis mindestens Mitte Juni mit Zinssenkungen zuwarten dürfte – obwohl die US-Wirtschaft bereits seit Monaten an Schwung verliert.

Auf Rezessionskurs

Der zunehmende Pessimismus hat auch die von Bank of America (BofA) regelmässig befragten Fondsmanager erfasst, wie die jüngsten Umfrageresultate zeigen. Das Team um den Chefstrategen Michael Hartnett befragte in der Woche vom 4. bis 10. April rund 200 professionelle Investoren weltweit zu ihren Anlagepräferenzen und zu ihrer Sicht auf die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte. Zusammen verwalten sie rund 445 Mrd. $ an Anlagevermögen.

Ihre Stimmungseintrübung spiegelt sich im Risikomass der Grossbank, das den Bargeldbestand, die Aktienallokation sowie die globalen Wachstumserwartungen berücksichtigt. Im April sackte es von 3,8 auf 1,8 Punkte, was dem tiefsten Stand seit Oktober 2023 entspricht. Nur viermal in der Geschichte des Indikators war die Stimmung schlechter als heute. Das passt zum kräftigen Einbruch des The Market Risk Barometers.

Der Bargeldbestand, den die befragten Fondsmanager halten, ist in den vergangenen Monaten ebenfalls deutlich gestiegen. Seit Ende Februar hat er um 1,25 Prozentpunkte auf 4,8% zugenommen, was dem kräftigsten Zwei-Monats-Anstieg seit Ausbruch der Pandemie entspricht. Allerdings liessen sich in vergangenen Krisen deutlich höhere Werte beobachten: Im Mai 2000 erreichte die Bargeldquote rund 8%.

Netto 46% der Anleger gaben an, weniger Risiko als üblich einzugehen. Das entspricht dem niedrigsten Wert seit Mai 2023.

Angst vor einer «harten Landung»

Bereits im März liess sich eine Stimmungseintrübung unter den Fondsmanagern erkennen, im April sind sie nochmals pessimistischer geworden. Der Anteil der Befragten, die eine «harte Landung», sprich eine Rezession der Weltwirtschaft, befürchten, ist von 11 auf hohe 49% in die Höhe geschossen (rote Balken in der Grafik).

Im Gegenzug ist der Anteil der Profis, die «keine Landung» – also eine erneute Beschleunigung der Konjunktur – erwarten, von 19 auf gerade noch 3% gefallen (grüne Balken). Das Lager derjenigen, die eine sanfte Landung der Weltwirtschaft erwarten, ist von 64 auf 37% geschrumpft (blaue Balken).

Angesichts der düsteren Wachstumsaussichten dürften auch die Unternehmensgewinne unter Druck geraten. Netto 28% der Befragten halten die Aussichten für die US-Gewinne deshalb für ungünstig, so viele wie zu Beginn der globalen Finanzkrise im Jahr 2007 nicht mehr.

Droht die Rückkehr der Inflation?

Normalerweise nimmt der Teuerungsdruck ab, wenn sich die Konjunkturdynamik abschwächt. Die aggressiven Zölle der US-Regierung dürften allerdings – zumindest kurzfristig – die Inflation anheizen, da die Importpreise in den USA markant anziehen dürften.

Der globale Trend zu mehr Protektionismus sowie die sich abzeichnende Aufweichung der Schuldenbremse in Deutschland und das militärische Aufrüsten rund um den Globus werden die inflationären Kräfte zusätzlich verstärken. Netto 57% der Fondsmanager erwarten deshalb in den kommenden zwölf Monaten global höhere Konsumentenpreise.

Zwar gibt sich die US-Notenbank (Fed) noch betont gelassen und kommuniziert, sie habe es «nicht eilig», ihre Geldpolitik anzupassen. Die Anlageprofis stellen sich allerdings bereits auf weitere Leitzinssenkungen ein. Bloss noch 9% erwarten keine Veränderung in der Geldpolitik in diesem Jahr, die übrigen 88% (3% haben wohl keine Angaben gemacht) rechnen mit Zinssenkungen. Rund 40% gehen davon aus, dass das Fed mindestens drei Lockerungsschritte vornehmen wird.

Mögliche positive Impulse

Auf die Frage nach möglichen positiven Impulsen gaben 63% an, dass chinesische Stimulusmassnahmen die Konjunktur Chinas in der zweiten Jahreshälfte beflügeln dürften. Lediglich 27% waren gegenteiliger Meinung.

Gerade spiegelverkehrt war die Zuversicht punkto Steuersenkungen in den USA. Donald Trump möchte ja bekanntlich einen schlanken Staat und ist ein Verfechter von Steuersenkungen. Nahezu zwei Drittel der Fondsmanager sind allerdings nicht überzeugt davon, dass geringere Steuern dem US-Wachstum in der zweiten Jahreshälfte frische Dynamik verleihen würden. Gerade einmal 28% sind optimistisch.

Befragt nach den stärksten Vermögenswerten 2025 wurde Gold mit Abstand am meisten genannt. 42% der Fondsmanager setzen auf das Edelmetall. Dahinter folgen gleichauf Cash (18%) und – trotz Inflationssorgen – Staatsanleihen (18%).

Einen markanten Stimmungswandel haben die Profis bei Aktien vollzogen. Vor einem Monat lagen Aktien an der Spitze, neu glauben bloss noch 11% an eine überzeugende Performance. Abgeschlagen sind US-Aktien (5%) und Bitcoin (3%).

Ist Gold zu beliebt geworden?

Trotz ihrer positiven Einschätzung glaubt ein grosser Anteil der Fondsmanager, dass Gold inzwischen der «most crowded trade» (frei übersetzt: eine allzu populäre Investition) geworden ist.

Nach den Schlagzeilen der vergangenen Wochen überrascht es wenig, dass die Profis eine durch den Handelskrieg ausgelöste globale Rezession als grösstes «Tail Risk» einstufen. Abgeschlagen dahinter folgen eine Leitzinserhöhung durch das Fed wegen steigender Inflation (10%) und ein Dollar-Crash (7%).

Abbau von Aktien

Die Reaktion der Fondsmanager auf die Zollquerelen war deutlich. So reduzierten sie ihre Aktienallokation im April auf ein Nettountergewicht von 17%. Seit Ende Februar ist die Allokation um 52 Prozentpunkte gesunken, was dem stärksten Zwei-Monats-Rückgang seit April 2020 entspricht.

Die Abkehr von US-Valoren setzte sich im April fort und erreichte ein Nettountergewicht von 36%. Nur selten in den vergangenen 25 Jahren waren die Fondsmanager bei US-Aktien derart zurückhaltend. Insbesondere der heftige Umschwung von einem Über- zu einem Untergewicht innerhalb kurzer Zeit ist bemerkenswert.

Bei den Sektoren liessen sich ebenfalls kräftige Verschiebungen beobachten. Die Allokation bei Technologieaktien wurde im April auf ein Netto-Untergewicht von 17% abgebaut, was dem niedrigsten Stand seit November 2022 entspricht und mehr als zwei Standardabweichungen unter dem Durchschnitt der vergangenen 23 Jahre liegt.

Gesucht war im Gegenzug die defensive und von Zöllen weitgehend verschonte Versorgerbranche. Die Allokation in Versorgern erreicht mit einem Netto-Übergewicht von 10% den höchsten Stand seit Dezember 2008.

Rotation in defensive Vermögenswerte

Die vergangenen Wochen standen also klar im Zeichen einer defensiven Rotation. Die Anlageprofis stockten Anleihen, Cash und weniger konjunktursensitive Branchen wie Versorger (Utilities), Gesundheit (Healthcare) und Basiskonsum (Staples) auf.

Angesichts der durch Donald Trump ausgelösten Unsicherheit wurde die Aktienquote reduziert. Bei den Sektoren wurden Industrie- und Bankaktien abgestossen, aus regionaler Optik erfuhren Valoren aus der Eurozone die grösste Reduktion.

Bei den Sektoren waren Basiskonsum (Consumer Staples), Grundstoffe (Materials) und Banken gefragt. Kräftig abgestossen wurden indes Technologieaktien. Auch von der Energiebranche sowie Unternehmen des zyklischen Konsums (Consumer Discretionary) wendeten sich die Fondsmanager ab.

Rückzug aus US-Aktien

Absolut betrachtet, also nicht bloss im Vergleich zum letzten Monat, melden die Fondsmanager trotz Zollstreit ein signifikantes Übergewicht in Aktien aus dem Gesundheitssektor. Sie halten zudem einen hohen Cash-Anteil und setzen insgesamt weiterhin auf Valoren aus der Eurozone. Angesichts der aufziehenden Rezessionssorgen werden auch Bonds unter professionellen Anleger wieder stärker nachgefragt.

Insgesamt sind Fondsmanager bei Aktien merklich zurückhaltender geworden, und aus Ländersicht bleiben US-Aktien klar am unbeliebtesten.

Welche Branchen bevorzugen die Anlageprofis – und welche verschmähen sie? Derzeit sind die Fondsmanager in Gesundheits-, Bank- und Versicherungsaktien am stärksten über- und in den Branchen Rohstoffe (Energy und Materials) sowie zyklischem Konsum (Discretionary) und Technologie am stärksten untergewichtet.

Anleger stocken in Deutschland weiter auf

Wie steht es um die Länderpräferenzen der Manager europäischer Aktienfonds? Zum vierten Mal in Folge belegen deutsche Aktien den Spitzenplatz. Die fiskalpolitische Kehrtwende und die damit verbundene Ausweitung der Investitionen sorgt für anhaltenden Rückenwind. Neu rangiert Spanien auf dem zweiten Platz, womit Italien um einen Rang zurückfällt.

Am unbeliebtesten sind Valoren aus dem Vereinigten Königreich, während sich die Skepsis gegenüber Schweizer Aktien etwas gelegt hat.

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