Die jüngste Fund Manager Survey von Bank of America signalisiert leise Zuversicht unter den Anlageprofis. Zuletzt haben sie allerdings kräftig von zyklischen in defensive Segmente umgeschichtet.
Obschon die Nervosität an den Börsen zuletzt zugenommen hat und der Aufwärtstrend ins Stocken geraten ist, können sich die Anleger bislang nicht beklagen. Die meisten Aktienindizes notieren 2024 im Plus, der Weltaktienindex von MSCI hat seit Jahresanfang in Franken um nahezu 15% zugelegt.
Warten auf das Fed
Zwar sind Wachstumssorgen wieder in den Vordergrund gerückt, die Hoffnung auf kräftige Leitzinssenkungen durch die US-Notenbank (Fed) sorgt im Gegenzug für Unterstützung. An der morgigen Sitzung wird sich zeigen, ob die US-Währungshüter eine Senkung um 25 oder eine um 50 Basispunkte vornehmen werden.
Wie sollen sich Anleger in diesem Umfeld positionieren? Inspiration kann der «Konsens» liefern, der zeigt, wie das Gros der Investoren an den Finanzmärkten positioniert ist. Wer als Anleger gerne gegen den Strom schwimmt, kann eine abweichende Position einnehmen.
Einen Hinweis für den Konsens liefert die monatliche Fondsmanagerumfrage (Fund Manager Survey, FMS) von Bank of America (BofA). Das Team um den Chefstrategen Michael Hartnett befragt dabei jeweils gut 240 professionelle Investoren weltweit zu ihren Anlagepräferenzen und zu ihrer Sicht auf die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte. Die Befragten verwalten zusammen rund 670 Mrd. $ an Anlagevermögen.
Alle Welt erwartet eine «sanfte Landung»
Die folgenden Grafiken illustrieren die wichtigsten Erkenntnisse aus der jüngsten Umfrage.
Es ist die Frage, die die Anleger derzeit umtreibt: Kommt es zu einer harten (sprich: Rezession) oder zu einer sanften Landung der Weltwirtschaft? Für die befragten Fondsmanager ist die Antwort klar: 79% erwarten eine sanfte Landung, bloss 11% befürchten eine Rezession in den kommenden zwölf Monaten. Obschon die jüngsten Konjunkturdaten wenig berauschend ausfielen und die Erwartungen im Durchschnitt verfehlt haben, hat sich das Lager der Pessimisten leicht verringert.
7% der Profis sind der Meinung, es werde gar keine Landung geben (sprich: es kommt zu einer abermaligen Beschleunigung). Allerdings entspricht das dem niedrigsten Wert seit Februar. Im April meinten noch 36%, die Wirtschaft werde nochmals durchstarten.
Konjunkturelle Abkühlung erwartet
Die globalen Wachstumserwartungen blieben im September pessimistisch: 42% der Befragten erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine schwächere Konjunktur, was jedoch leicht über dem Acht-Monats-Tief vom August liegt (netto: 47%).
Die Mehrheit der Anlageprofis erwartet in den nächsten achtzehn Monaten keine Rezession in den USA, nur gerade 8% befürchten einen Abschwung noch im laufenden Jahr. Für das kommende Jahr sehen sie das Risiko bei rund 35%.
Punkto Geldpolitik sind 60% der Umfrageteilnehmer der Meinung, die globale Geldpolitik sei derzeit zu restriktiv. Ein solch hoher Wert war letztmals während der Internetblase zur Jahrtausendwende und während der globalen Finanzkrise zu beobachten gewesen.
Sage und schreibe 90% der Fondsmanager glauben, dass die Zinsstrukturkurven steiler werden dürften. Mit anderen Worten, die Profis rechnen damit, dass sich die Differenz zwischen den Renditen auf langfristige Staatsanleihen und solchen mit kurzer Laufzeit in den kommenden Wochen ausweiten wird. Seit Lancierung der Umfrage war der Anteil noch nie so hoch.
Fed: 25, 50 oder sogar 75 Basispunkte?
Die Versteilerung der Zinskurve begünstigen dürfte die nahende Zinssenkung in den USA. Dass es zu einer Lockerung der Geldpolitik kommt, ist nahezu sicher. So hat sich die US-Inflation gemessen an der Jahresveränderung der Konsumentenpreise (CPI) im August auf 2,5% verlangsamt, während die Kerninflation – sie klammert die stark schwankenden Energie- und Lebensmittelpreise aus – bei 3,2% stagnierte.
Für die professionellen Marktteilnehmer ist die Inflation damit besiegt: Netto 67% der Befragten gehen davon aus, dass der globale Konsumentenpreisindex in zwölf Monaten niedriger sein wird.
Zudem hat sich auch der Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten merklich abgekühlt, was ebenfalls für eine geldpolitische Lockerung spricht. Die entscheidende Frage ist, ob es ein Schritt um 25 oder einer um 50 Basispunkte sein wird. Eher wenig wahrscheinlich ist ein Riesenschritt um 75 Bp, wie sie drei demokratische Senatoren in einem Brief an den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell gefordert haben. Dafür ist die US-Wirtschaft zu robust.
Obschon der Konsens mit einer sanften Landung rechnet, wird – wie im Vormonat – eine US-Rezession als grösstes potenzielles Risiko für die Märkte erachtet. Gleich dahinter folgt die Geopolitik mit einem Gewicht von 19%, wobei sich die Gefahr in den Augen der Profis in der Tendenz verringert hat. Schliesslich wird auch ein Wiederaufflackern der Inflation als nicht zu unterschätzendes Risiko eingestuft (18%).
Wie sind die Fondsmanager positioniert?
Ein Blick in die Portfolios zeigt, dass die Fondsmanager derzeit ein geringes Aktienrisiko eingehen. Die Aktienallokation erreichte im September netto ein Übergewicht von 11%, unverändert gegenüber dem Vormonat. Die derzeitige Allokation liegt 0,5 Standardabweichungen unter ihrem langfristigen Durchschnitt – das ist ein deutlicher Kontrast zum Sommer, als die Profis merklich aggressiver auf Aktien setzten.
Cashquote nimmt im Monatsvergleich ab
Die durchschnittliche Barmittelquote in den Anlageportfolios nahm im Vergleich zum Vormonat von 4,3 auf 4,2% ab. Damit liegt sie allerdings immer noch über der von BofA definierten Mindestschwelle von 4%, die, wird sie unterschritten, typischerweise Überschwang unter den Profis signalisiert.
Nimmt man die Wachstumserwartungen, den Cashbestand sowie die Aktiengewichtung in einem Sammelindex zusammen, dann hat sich die Stimmung der Fondsmanager jüngst zwar etwas aufgehellt, ist aber gegenwärtig immer noch von Vorsicht geprägt.
Das grosse Umschichten in defensive Segmente
Im September war in den Portfolios eine kräftige Verschiebung zugunsten von Versorgeraktien (Utilities), in Valoren aus der Eurozone sowie in Banken und Versicherungen (Insurance) zu beobachten gewesen.
Im Gegenzug reduzierten die Profis ihre Positionen in Technologie-, Energie- und Industrieaktien. Auch bei den Rohstoffen (Commodities) dominierten die Verkäufe.
Absolut betrachtet, also nicht bloss im Vergleich zum letzten Monat, melden die Fondsmanager ein signifikantes Übergewicht in Aktien aus dem Gesundheitssektor (Healthcare). Bankvaloren stehen ebenfalls hoch in der Anlegergunst. Auch Cash und Bonds sind prominent vertreten, was zeigt, dass die Profis derzeit eher vorsichtig sind.
Die grössten Untergewichte halten sie in den Rohstoffsektoren Grundstoffe (Materials) sowie Energie, die nicht zuletzt unter den trüben Wachstumsaussichten in China leiden. Immobilien-Beteiligungsgesellschaften (REITs), Valoren des zyklischen Konsums (Discretionary) und Rohstoffe fristen ebenfalls ein Mauerblümchendasein.
Beliebte britische Aktien
Interessant sind jeweils auch die Antworten auf die Frage nach den Länderpräferenzen der Manager europäischer Aktienfonds. Zuoberst auf der Beliebtheitsskala stehen wie bereits im August Aktien aus dem Vereinigten Königreich. Dahinter folgen Aktien aus Spanien und aus der Schweiz.
Das Schlusslicht bildet der zyklische deutsche Markt, der von den Fondsmanagern derzeit verschmäht wird – allerdings haben sie das Untergewicht im Vergleich zum Vormonat nahezu halbiert.
Fazit: vorsichtig optimistische Profis
Dank der Aussicht auf Leitzinssenkungen durch die US-Notenbank – und der damit verbundenen Hoffnung auf eine «sanfte Landung» der Weltwirtschaft – hat sich die Stimmung unter den Fondsmanagern im Monatsvergleich leicht aufgehellt. Das lässt sich unter anderem an einer etwas niedrigeren Cash-Quote ablesen.
Allzu gross ist der Optimismus allerdings nicht, haben die Profis jüngst doch eine deutliche Rotation aus zyklischen in defensive Marktsegmente vollzogen. So liegt die Rohstoffallokation auf dem niedrigsten Stand seit sieben Jahren, während defensive Versorgeraktien beliebt sind wie letztmals vor der Finanzkrise.
Sollte das Fed morgen den Leitzins beherzt senken, könnte das zyklischen Aktien und Rohstoffen – zumindest vorübergehend –kräftigen Rückenwind verleihen.