Donnerstag, Dezember 26

Noch rechtzeitig vor Weihnachten ist es dem neuen französischen Premierminister François Bayrou gelungen, eine Regierung zu bilden. Er setzt dabei vor allem auf Bisherige mit Ministererfahrung, unter ihnen zwei ehemalige Regierungschefs.

Die Vakanz hat dieses Mal bei der Regierungsbildung durch Premierminister Bayrou weniger lange gedauert als bei seinem Vorgänger Michel Barnier. Er benötigte aber fast zehn Tage und mehrfache Treffen mit Staatspräsident Emmanuel Macron, um wie versprochen vor dem Weihnachtsabend noch die neue Regierung zu präsentieren. Ganz so neu ist diese aber nicht, weil auf einigen Schlüsselposten auf Macrons ausdrücklichen Wunsch eine beachtliche Zahl von Bisherigen aus der Mannschaft von Barnier übernommen hat.

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Das sei darum eine «Recycling-Regierung», spottete die Parteichefin der Grünen, Marine Tondelier, noch am selben Abend. Bayrou setzt aber auf Erfahrung, weil Frankreich seit der Auflösung der Assemblée nationale und den Neuwahlen, bei denen sich keine regierungsfähige Mehrheit abgezeichnet hatte, in einer politischen Krise steckt.

Bei den Schlüsselposten gibt es wenig Änderungen: Der Konservative Bruno Retailleau bleibt Innenminister, der Macronist Sébastien Lecornu Verteidigungsminister, Rachida Dati behält das Kulturministerium. Aussenminister Jean-Noël Barrot ist weiterhin Aussen- und Europaminister, Agnès Pannier-Runacher Umweltministerin, Annie Genevard Landwirtschaftsministerin, und Catherine Vautrin erhält statt der Raumplanung und Dezentralisierung ein erweitertes Portefeuille als Arbeits-, Familien- und Gesundheitsministerin.

Unter den neuen Gesichtern in der Regierung ist vor allem der Bankier Éric Lombard, der neue Wirtschafts- und Finanzminister, zu erwähnen. Der 66-Jährige war bisher Vorsitzender der öffentlichen Caisse des Dépôts. Er ist einer der wenigen, die nicht aus der Parteipolitik kommen.

Eine wichtige Stimme

Auch unter den Neuzugängen fallen prominente Ehemalige auf, namentlich zwei frühere Premierminister, Élisabeth Borne und Manuel Valls. Mit der Nominierung von Borne war in den Medien gerechnet worden, sie wird nun Erziehungsministerin. Sie bleibt in den Reihen der Macronisten eine wichtige Stimme. Dasselbe kann man vom früheren Innenminister Gérald Darmanin sagen, der nun das Justizministerium leiten wird.

Valls hingegen war unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande zuerst Innenminister und dann Regierungschef. Später aber scheiterte er kläglich mit einem Versuch, in Katalonien mit einer Allianz mit der extremen Rechten seine politische Laufbahn fortzusetzen. Als Symbol einer politischen Öffnung kann er kaum gelten, ist er doch vor langem auf Distanz zu seinen früheren Genossen des Parti socialiste gegangen. Ihm wird das weit weniger begehrte Dossier des Ministeriums für die Überseegebiete übertragen.

Ein anderer Ex-Sozialist, der frühere Bürgermeister von Dijon und ehemalige Arbeitsminister François Rebsamen, wird in Bayrous Team für die Dezentralisierung und die Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften zuständig sein.

«Ich weigere mich, an einer Regierung teilzunehmen, die mit der Billigung von Madame Le Pen gebildet wurde», erklärte der konservative Vorsitzende der Region Nordfrankreich, Xavier Bertrand, in einem Communiqué. Er teilte darin den Medien mit, Bayrou habe ihm schriftlich mitgeteilt, dass er den ihm noch am Vortag versprochenen Posten des Justizministers nicht bekomme, weil das rechtspopulistische Rassemblement national (RN) ihn ablehne. Dies lässt den Schluss zu, dass Marine Le Pen, die in Bertrand einen politischen Feind sieht, bei der Diskussion über die Regierungszusammensetzung starken Druck ausgeübt hat. Die Linke fühlt sich deswegen in ihrer Weigerung, mit Bayrou zu kooperieren, bestätigt.

Schriftliche Garantien verlangt

Die Konservativen von Les Républicains beanspruchten nicht nur Schlüsselpositionen, sie wollten als Gegenleistung für ihre Regierungsmitarbeit auch, dass Bayrou ihnen schriftliche Garantien gab. So sollten mehrere für sie unentbehrliche Programmpunkte wie die verschärfte Migrationspolitik von der erneuerten Mitte-rechts-Regierung respektiert werden. Am 14. Januar will Bayrou seine Regierungserklärung abgeben. Der wahre Test aber wird die Debatte über den Entwurf eines Staatshaushalts für 2025 sein, den Bayrou erst im Februar vorlegen möchte. Wegen des Budgets war Bayrous Vorgänger Barnier zu Fall gekommen, als die linke und die rechte Opposition gemeinsam bei einem Votum über einen Misstrauensantrag gegen die Regierung stimmten.

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