Montag, November 25

Der Hedge-Fund-Manager Hamza Lemssouguer wettet auf Kredite von Unternehmen, die Schuldenprobleme haben. Auch an einem Bond von René Benkos Immobilienimperium Signa ist er beteiligt und hat sich dabei verzockt.

Die hohen Zinsen sind für die einen ein Fluch, für andere ein Segen. Dem gefallenen Investor René Benko wurden sie zum Verhängnis – die stark gestiegenen Kreditkosten haben sein schuldenfinanziertes Immobilienimperium zum Einsturz gebracht. Die Zinswende brachte Benko die Insolvenz, den Gläubigern von Signa-Firmen hohe Verluste.

Für den Hedge-Fund-Manager Hamza Lemssouguer sind die hohen Zinsen dagegen ein Glück. Denn er wettet auf den dringenden Kreditbedarf von Unternehmen, die sich wie Benko während der Phase ultratiefer Zinsen stark verschuldet haben. Mit dem steilen Zinsanstieg dürften nun immer mehr übermässig verschuldete Unternehmen Probleme bekommen, ihre Kredite zu bedienen, weil diese zu teuer geworden sind.

Solche Ramschkredite sind oft an einen Referenzzinssatz gekoppelt und mit einem Aufschlag (Spread) versehen, so dass die Kreditkosten mit den Leitzinsen sinken oder steigen. Es wird geschätzt, dass in den kommenden Monaten in den USA und Europa solche Kredite schlechter Bonität im Gegenwert von über 800 Milliarden Dollar fällig werden – ein gefundenes Fressen für Kreditspekulanten wie Lemssouguer.

Neue Finanzierungsnot

Weil ihre Kredite auslaufen, werden in den kommenden Monaten Tausende Firmen dringend Geld brauchen. Geld, das sie nicht über reguläre Bankkredite aufnehmen können, weil sie zu wenig kreditwürdig sind. Gegenüber Bloomberg sagte Lemssouguer schon im Oktober, dass der Bedarf an «schnellem Cash» zunehmen werde, weil sich Banken und Unternehmen auf einen wirtschaftlichen Abschwung vorbereiten würden.

Er schätzt, dass die Kosten für Unternehmen, die bisher 2 bis 4 Prozent für Kredite zahlen mussten, sich mindestens verdoppelt haben. Im Kreditmarkt spiele sich etwas Einmaliges ab, auf stark verschuldete Firmen sieht er viel Stress und eine «Mauer fälliger Kredite» zukommen. Besonders interessant sind für Hedge-Fund-Manager wie Lemssouguer schwache Unternehmen, die zu wenig Gewinn schreiben, um längerfristig ihre stark gestiegenen Kreditkosten decken zu können.

Er bespielt die neue Finanzierungsnot mit vier verschiedenen Spekulationsstrategien. Eine davon nennt sich Credit Opportunities. Dabei können Firmen Kredite zu veränderten Bedingungen beziehen: Die Laufzeit, der Zinssatz oder beides kann dabei angepasst werden. Der Hedge-Fund vergibt auch private Kredite an Unternehmen, die schnell Geld benötigen, das sie an den öffentlichen Märkten nicht zu tragbaren Konditionen bekommen – ähnlich wie die Bank Julius Bär risikoreiche «Privatkredite» an ihren Kunden René Benko vergeben hat.

Signa-Positionen abgeschrieben?

Der 33-jährige Lemssouguer agiert sehr erfolgreich und gilt in der Szene der Distressed-Debt-Spekulanten als Wunderkind. Über alle Strategien hinweg verwaltet er über seinen Hedge-Fund Arini rund 3,7 Milliarden Dollar. Gemäss einer Schätzung von Bloomberg soll er im vergangenen Jahr eine Rendite von 32 Prozent erreicht haben. Vergleichbare Fonds sollen im Schnitt lediglich 8 Prozent geschafft haben. Die Branche hält sich bezüglich ihrer eigenen Leistung aber bedeckt, Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen.

Eine solch starke Performance mit Spekulationen auf vermeintlich «langweilige» Kredite erstaunt jedenfalls, denn Arini hält auch eine grosse Position in einer Anleihe über 300 Millionen Euro einer Tochterfirma von René Benkos Signa-Gruppe, der Signa Development Selection. Der Bond stürzte schon vor dem Kollaps des Immobilienimperiums ab und gilt nun nach der Insolvenz vieler Signa-Gesellschaften als ausgefallen.

Arini äussert sich auf Anfrage nicht zum Engagement im 2026 fällig werdenden Signa-Bond. Keine Angaben gemacht werden auch zur Frage, ob sich der Fonds an den Bemühungen der Gläubiger beteiligt, im Insolvenzverfahren berücksichtigt zu werden, um aus der Insolvenzmasse etwas zurückzubekommen – Anleihebesitzer stehen weit oben in der Gläubigerhierarchie.

Trotzdem sind die Erfolgschancen der Gläubiger ungewiss, denn Benkos Firmengeflecht ist komplex und besteht aus einer Vielzahl von Kreuzbeteiligungen. Hinzu kommen die Eigenheiten des österreichischen Rechts. So soll den Bond-Gläubigern ein altes österreichisches Gesetz aus der Zeit der k. u. k. Monarchie zu schaffen machen. Dieses erschwert es einzelnen Investoren, Ansprüche bei insolventen Unternehmen geltend zu machen, wenn sie dafür nicht separat einen speziellen «Kurator» einsetzen.

Aufstieg bei der Credit Suisse

Der Entscheid des Hedge-Fund, sich nicht von einem komplizierten und langwierigen österreichischen Rechtsverfahren zurückhalten zu lassen, wäre nachvollziehbar. Denn bisher trieb Lemssouguer seine Karriere auf der Überholspur voran. Der Absolvent der französischen Eliteuniversität École polytechnique stieg nach dem Studium der Mathematik, Statistik und theoretischen Physik als Praktikant bei der amerikanischen Bank Goldman Sachs ein, bevor er bei der Credit Suisse anheuerte.

Dort startete er 2014 in London zunächst als Bond-Händler, schnell spezialisierte er sich auf das Spekulieren mit Ramschkrediten. Für die CS fuhr er Millionengewinne ein und erwarb sich dadurch den Ruf eines Starhändlers. Auf Basis dieses Erfolgs konnte er ab 2021 unter dem Dach der Credit Suisse eigene Kreditstrategien entwickeln.

Doch zu jener Zeit wurden die Probleme der Grossbank immer grösser, die Marke «CS Asset Management» wurde eher zu einem Imageproblem als einem Vorteil bei der Vermarktung. Und so machte sich Lemssouguer noch im gleichen Jahr mit vier weiteren CS-Kollegen unter der Marke Arini – dem Namen einer Papageienart, die er züchtet – selbständig. Heute zählt die Firma rund vierzig Leute.

Ramschkredite neu verpacken

Angesichts der Zinsen, die länger, als viele hoffen, auf hohem Niveau verharren könnten, dürften die «Kredit-Opportunitäten» nicht ausgehen. Wobei Lemssouguer und sein Team finanztechnisch kreativ sind und nicht vor komplexen Konstruktionen zurückschrecken. So ist Arini auch daran, das Geschäft mit Collateralized Loan Obligations (CLO) auszubauen – dabei wird eine Vielzahl von Krediten hochverschuldeter Unternehmen zusammengenommen und als Obligation neu verpackt.

Die Neuverpackung von Schulden minderer Qualität erinnert an die komplexen Finanzprodukte, die im Vorlauf der Finanzkrise 2008 Verbreitung fanden. Damals wurden unter dem Akronym CDO (Collateralized Debt Obligations) ebenfalls Kredite zu neuen Wertpapieren gebündelt, wobei sie damals durch Ramschhypotheken unterlegt wurden. CDO fanden sich in grosser Menge in vielen Bankbilanzen und waren einer der Auslöser der letzten Finanzkrise.

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