Seit der Kanton Beiträge an das kommunale Verkehrsnetz leistet, sind die Mittel im Strassenfonds knapp.
«Sie waren dabei!» Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) sprach am Montag den Ratsmitgliedern ins Gewissen. Sie meinte den einst vom Kantonsrat zur Annahme empfohlenen Vorschlag, die Gemeinden aus dem kantonalen Strassenfonds beim Unterhalt und Bau ihrer Verkehrswege zu unterstützen. Im September 2020 nahm ihn das Stimmvolk an.
Seit 2023 werden nun jährlich etwa 72 Millionen Franken an die Gemeinden ausbezahlt, das entspricht etwa einem Fünftel der Einnahmen. Walker Späh sprach unverblümt von einer Schröpfung des Strassenfonds: «Wie können Sie davon ausgehen, dass alles so weitergeht wie bis anhin?»
Erstmals ergänzte der Regierungsrat das jährliche Bauprogramm um ein Kapitel zum Strassenfonds. In den letzten Jahren konnte dessen Verschuldung, die aufgrund noch nicht abgeschriebener Anlagevermögen besteht, um jeweils 80 bis 100 Millionen Franken gesenkt werden. 2023 war das nur noch dank einem Einmaleffekt möglich. Ab diesem Jahr führt die Zusatzbelastung zugunsten der Gemeinden zu einer wieder zunehmenden Verschuldung des Fonds.
Strassen und Radwege betroffen
Die ebenfalls jährliche Debatte im Kantonsrat zum Programm nahm ein Stück weit die Budgetdebatte vom Dezember vorweg. Die Regierung schob nämlich nicht nur zahlreiche Schulbauten oder das Tram Affoltern zeitlich hinaus. Diese Priorisierung der Investitionen trifft ebenso den Strassenbau. Wobei auch hier keine Projektierung gestoppt wurde. Doch von der Realisierung wird im Moment abgesehen.
Darunter befinden sich gewichtige Vorhaben, von denen seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten, die Rede ist. Etwa die Umfahrungen für Eglisau und Grüningen, für die jeweils der Architekt Santiago Calatrava eine Brücke entworfen hat. Ebenso die Verlegung der Kantonsstrasse aus dem Naturschutzgebiet Neeracherried oder der Ausbau Bahnhof Nord in Regensdorf.
Die links-grüne Seite beklagte vor allem, dass diverse Radwegprojekte vorerst um ein Jahr aufgeschoben seien. Das Vorhaben in Neerach sei für die Biodiversität wichtig. Die bürgerliche Seite wies darauf hin, dass alle Interessen, Velo und Autoverkehr, von der Priorisierung betroffen seien. Angesichts der finanziell angespannten Lage könne man für die Regierung Verständnis aufbringen. Diese Seite zweifelte nicht am schlechten Zustand des Strassenfonds. Die Linke hielt die Kassandrarufe mindestens für übertrieben.
Es gab auch sachliche Kritik. Wilma Willi (Grüne, Stadel) meinte, es sei unverständlich, dass in Regensdorf nicht vorwärtsgemacht werde. Dort befinde sich eines der grössten Entwicklungsgebiete des Kantons Zürich, wo derzeit Hunderte von dringend benötigten Wohnungen gebaut würden.
«Der Unmut ist gross», stellte Janine Vannaz (Mitte, Aesch) fest. Sie ist Gemeinderätin in ihrem Wohnort. Seit vielen Jahren warte man auf die Behebung einer Schwachstelle im Rad- und Gehwegnetz, erzählte sie. Nun liege das Vorprojekt auf der Gemeinde öffentlich auf. Fast gleichzeitig erfahre man, es sei vorderhand aufgeschoben.
Klarheit erst im nächsten Jahr
Die für die Verkehrsplanung zuständige Regierungsrätin Walker Späh betonte, es werde weiterhin in Strassen und Veloverbindungen investiert. Ihr gefalle auch nicht, dass einige Projekte finanziell nicht gesichert seien.
Im Bauprogramm steht bei zahlreichen Projekten am Ende der Ausführungen stereotyp, dieses werde infolge einer «tiefen Priorisierung» nicht in den aktuellen Finanzplan 2025–28 aufgenommen. Das weitere Vorgehen werde auf den Finanzplan 2026–29 hin überprüft.
Die Entscheidungen fallen also erst 2025, und erst das nächste Strassenbauprogramm wird aufzeigen, welche Vorhaben tatsächlich zurückgestellt werden.