Donnerstag, Dezember 26

Der Schwede Rosengren hat ABB mit seiner nordischen Strategie zu Rekorden geführt. Schon im Sommer übergibt er an Morten Wierod. Dessen Stärke: Er muss sich nicht erst einarbeiten.

Am Ende geht es schneller als gedacht. ABB hat einen Nachfolger für Firmenchef Björn Rosengren gefunden, der den Industrieriesen seit dem Frühjahr 2020 neu aufgestellt und wesentlich profitabler gemacht hat. Zwar liess Rosengren keine Amtsmüdigkeit erkennen, aber vielleicht ist der Schwede Opfer seines eigenen Erfolgs geworden: Rosengren, der von aussen zu ABB gestossen war, wollte immer einen internen Nachfolger. Wenn das nicht gelänge, habe er seien Job nicht gut gemacht, sagte er einmal.

Nach dem Rekordjahr hängt die Latte hoch

Interner als Morten Wierod kann man kaum sein. Der 52-jährige Norweger übernimmt im Sommer den CEO-Posten. Wierod kennt ABB wie seine Westentasche: Im Jahr 1997 hatte er den Master als Elektroingenieur gemacht – und 1998 fing er bei ABB an. Wierod ist dem Unternehmen treu geblieben und seit 2011 in der Schweiz stationiert. Derzeit leitet er den Geschäftsbereich Elektrifizierung, das grösste der vier Standbeine des schweizerisch-schwedischen Konzerns.

Die Messlatte für den neuen Chef liegt hoch. ABB hatte 2023 ein Rekordjahr verzeichnet und die langfristigen Renditeziele vorzeitig erfüllt, unter anderem dank dem höchsten Auftragseingang der Firmengeschichte. Der Umsatz erreichte 32,2 Milliarden Dollar, der Reingewinn 3,7 Milliarden Dollar. Grosse Bestellungen für die Energiewende, zum Beispiel im Mittelspannungsbereich, trugen ABB über Konjunkturabschwünge in anderen Segmenten hinweg. So etwa in der Robotik, wo der wichtige chinesische Markt weiterhin lahmt.

Dennoch reagierten Anleger am Freitag verhalten auf den Führungswechsel. Der ABB-Aktienkurs gab leicht nach, hielt sich aber über der Marke von 40 Franken. Händler führten die Reaktion auf Vorsicht der Investoren zurück – und auf Gewinnmitnahmen. Auf mehr als 40 Franken war der Kurs nämlich erst Mitte Februar geklettert. Es war der bisherige Höhepunkt der unter Rosengren eingesetzten Erholung. Als der Schwede das Ruder übernommen hatte, standen die Aktien bei weniger als 20 Franken.

Rosengrens Modell: Weniger Steuerung aus der Zentrale

Rosengren nannte seinen Ansatz den «ABB Way»: Er verkleinerte die Konzernzentrale radikal und gab den mittlerweile noch 19 Divisionen mehr Entscheidungsfreiheit. Das machte sie flexibler und innovativer. Wenn die Divisionen Übernahmen unter einem Wert von 20 Millionen Dollar tätigen wollten, wurde Rosengren nur informiert, nicht um Erlaubnis gefragt. Wenig betonte der Schwede so gern wie seine Freude, das Matrix-Modell abgeschafft zu haben. Das bezeichnet Organisationen, bei denen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sich überkreuzen.

ABB-Aktien im Aufwind

Verlauf der Aktien seit fünf Jahren, in Prozent

Swiss-Performance-Index (SPI)

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Antritt von Björn Rosengren als CEO

Bevor Rosengren auf den Chefposten von ABB wechselte, hatte er die Führungsrolle bei den Industriekonzernen Sandvik aus Schweden und Wärtsilä aus Finnland inne. Dezentralisierung und Verteilung von Verantwortung lagen ihm auch da am Herzen – er nannte es einen «nordischen Ansatz». In der Schweiz fokussiere man sich oft zu sehr auf die Rolle des CEO, glaubt er.

Gleichzeitig spaltete Rosengren Bereiche ab, die nicht zum Profil von ABB als führender Anbieter für Elektrifizierung und Automatisierung passten – selbst, wenn sie profitabel waren. So etwa die Turbolader-Produktion für Verbrennungsmotoren, die unter dem Namen Accelleron an die Börse gebracht wurde. Am prägendsten war für ABB aber der Ausstieg aus dem Hochspannungsgeschäft. Doch langwierige, aufwendige Infrastrukturprojekte passten nicht in Rosengrens Bild eines agilen Konzerns.

Kaum zeichnet sich Rosengrens Abtritt ab, wird bereits spekuliert: Unter Wierod werde ABB vielleicht grössere Akquisitionen tätigen, vermutete die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Der neue Chef sei am Kapitalmarkt bekannt und werde hoch geschätzt. Wahrscheinlich sei er der bestmögliche Kandidat gewesen, so die ZKB. Tatsächlich ist Wierod mit Jahrgang 1972 der jüngste der vier Bereichsleiter und hatte vor der Elektrifizierung auch die Antriebstechnik geleitet, das zweitgrösste Konzernsegment.

Ein Abtritt nicht ganz nach Zeitplan

Als Rosengren im März 2020 anfing, war für ihn klar, dass er mindestens fünf Jahre bleiben wolle. Nun erfolgt der Stabwechsel bereits Ende Juli 2024. Bis zum Jahresende wird Rosengren seinem Nachfolger Wierod noch beratend zur Seite stehen. Mit einem Alter von 65 Jahren ist er damit nahe am Ende seiner Karriere.

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