Samstag, September 21

Viele Wellnesshotels sind austauschbar. Die fünf getesteten stehen für aussergewöhnliche Erlebnisse – je nach Bedürfnis.

Bedürfnis: Gesundheit mit Genuss verbinden

«Luisenhöhe Gesundheitsresort», Schwarzwald

Ein bisschen wie in Grimms Märchen ist einem zumute, wenn man sich dem Dorf Horben im Schwarzwald von Süden aus nähert. Man durchfährt die Hügellandschaft des Markgräflerlands und des Breisgaus: stolze Bauernhöfe, wie zufällig hingewürfelt, hier ein Buchenwäldchen, dort ein Bach. Wein- und Obstbaugebiete wechseln sich mit Getreide- und Maisfeldern ab.

Nach vielen Kurven, immer schmaleren Strässchen und dem leisen Verdacht, das Navi lotse einen wieder einmal ziellos umher, kommt die Abzweigung zum Hotel. Hoch über Freiburg und zu Füssen des Ausflugsbergs Schauinsland wurde im Herbst 2023 die vor hundert Jahren begründete und in den letzten Jahrzehnten verblasste «Luisenhöhe» zu neuem Leben erweckt beziehungsweise von Grund auf neu erbaut.

«Geneigte» Betten vermindern das Schnarchen

Rüdiger Wörnle, Mitbesitzer und Geschäftsführer, bewies Geschick bei der Auswahl der Architekten, Designer und Landschaftsgestalter. Das U-förmig geschwungene, um bestehende Baumgruppen herum konzipierte Gebäude fügt sich mit seiner vierstöckigen Glas- und Schindelfassade und dem gestuften Innenhofgarten mit Aussenpool gut in die Natur ein. Es scheint fast aus ihr herauszuwachsen.

Klare Linien, natürliche Materialien und viel Tageslicht prägen den Innenausbau. Die 83 Zimmer (ab 540 Euro inkl. Halbpension für zwei Personen) sind trendbewusst heimelig, mit bodentiefen Fensterfronten und weiten Ausblicken auf Schwarzwaldberge oder auf die Rheinebene mit den Vogesen im Hintergrund.

Speziell sind die Betten, die einen Neigungswinkel von drei Grad haben – was den Schlaf verbessern und das Schnarchen einschränken soll. Statt einer Minibar im Zimmer gibt es ein «Genuss-Schränkle» mit einer täglich wechselnden kulinarischen Überraschung.

Wer sich vom Alltag erschöpft fühlt, kann an diesem friedlichen Ort die Batterien aufladen und die Verbindung zu sich selbst wieder herstellen. Wellness mit gesundheitlichem Nutzen steht im Mittelpunkt des Spa-Angebots, zu dem fünf verschiedene Saunas sowie diverse Fitness-Coachings und Entspannungslektionen gehören.

Der junge Küchenchef Niels Möller schwärmt von der Produktevielfalt in der Region. «Ein Schlaraffenland für jeden Koch – einschliesslich der badischen Weine», sagt er. Sein abendliches Viergangmenu setzt auf das Konzept «Vegi mit Benefits», was zum Beispiel bedeutet, dass der schlotzige Kartoffelrisotto mit geschmortem Kraut wahlweise durch ein Welsfilet komplettiert werden kann.

Das «Tischlein-deck-dich-Frühstück», das anstelle des üblichen Buffets aus der offenen Küche serviert wird, ist originell, doch nicht jedermanns Sache, und dass es hier weder Schwarzwäldertorte noch Trachtenromantik (noch konventionelle Drinks in der Hotelbar) gibt, spiegelt die Vision der Betreiber, den süddeutschen Traditionen etwas Neuzeitliches entgegenzusetzen.

Wenn doch nur . . . mehr kulinarische Wahlmöglichkeiten geboten würden – es gibt nur ein Restaurant mit einem Abendmenu aus der recht ambitionierten Küche. Und ein deutlich besserer Wi-Fi- und Mobile-Empfang könnte nicht schaden.

www.luisenhoehe-hotel.de

Bedürfnis: sich selbst erneuern

«Chenot Palace Weggis», Vierwaldstättersee

Angetrieben vom Modewort Longevity (länger besser leben) und der Hoffnung, dass ein gesunder Lebenswandel jeden von uns jünger hält, investieren heute viele Erholungssuchende der Generation Mitte einen Teil ihrer Ferien in die eigene Gesundheit. Statt abzuwarten, bis man krank wird, sorgt man aktiv vor.

Sogenannte Health Wellness Retreats wie das «Chenot Palace Weggis» bieten Dienstleistungen an, um Körper und Geist von allem Überflüssigem zu befreien, seien es Pfunde oder Gedankenspiralen. Das siebentägige Programm «Recover & Energise» beispielsweise ist als Initialzündung gedacht für alle, die jahrelang Raubbau an ihrem Körper betrieben haben und wieder fit werden wollen.

Dazu dienen individuell zugeschnittene Programme aus Hydrotherapie, Schlammpackungen, Massagen, Fitness, energetischen Behandlungen, Osteopathie, Yoga, Ernährungsberatung und federleichter mediterraner Küche. George Gaitanos, der wissenschaftliche Leiter, erklärt: «Unser Körper ist in der Lage, bis zu 120 Jahre alt zu werden. Aber während dieser Lebensreise ist es wichtig, die Funktionalität zu erhalten.»

Chinesische Heilkunst mit westlicher Medizin verbinden

In einer Branche, die viel einlullenden Nonsens hervorbringt, ist der pragmatisch wissenschaftliche Ansatz der «Chenot»-Leute eine Wohltat. Die Methode zur «Selbsterneuerung» verbindet traditionelle chinesische Heilkunst mit westlicher Medizin und schliesst modernste Diagnostik- und Therapieverfahren ein, so etwa epigenetische Tests, hormonelles Biohacking oder Photobiomodulation (Rotlichttherapie).

George Gaitanos hat als einstiger Profi-Athlet die Formbarkeit des menschlichen Körpers und die Wirkungskraft gezielter Lebensstilanpassungen am eigenen Leib kennengelernt. Nach langer Erfahrung in der Alterungsforschung ist er überzeugt: «Prävention ist besser als Heilung.» Nur mit aktiver und früher Gesundheitsvorsorge könne man seine Jugendlichkeit bewahren. «Ein Gefühl des persönlichen Wohlbefindens bis ins hohe Alter gibt es nicht umsonst», sagt Gaitanos. «Man muss ernsthaft etwas dafür tun.»

Nach dem Personal Training lässt sich auf den Terrassen die Ruhe spüren, die Körper und Geist erfrischt.

Das Gesundheitsresort, 72 Zimmer, viel Platz und langgestreckte Liegewiese am Ufer des Vierwaldstättersees, hat keinen Klinik-Groove. Man wähnt sich hier vielmehr in Luxusferien an der Luzerner Riviera. Die einwöchige Auszeit (ab 8000 Franken) kann eine lustvolle Erfahrung sein, in der man spürt: Es geht um mich!

Wenn doch nur . . . die Personalabteilung auch einmal den einen oder anderen Mitarbeitenden mit Deutschkenntnissen fände. Gar oft wird man hier mit den Worten «Would you mind speaking in English?» angesprochen.

www.chenot.com

Bedürfnis: In der Natur den Körper auf Trab bringen und den Kopf freibekommen

«Adler Lodge Alpe», Seiser Alm, Südtirol

Manchmal muss man in die Höhe, um tief zu entspannen. Sich in spektakulärer Natur verlieren, um sich wiederzufinden. Die «Adler Lodge Alpe», solitär am oberen Rand des Hochplateaus der Seiser Alm auf 1900 m ü. M. gelegen, ist dazu ein feiner Ausgangspunkt.

Die vor zehn Jahren eröffnete, aus heimischem Lärchen- und Fichtenholz erbaute Lodge mit Hammerblick auf das wild gezackte Bergmassiv der Langkofelgruppe bietet legeren Luxus von jener Klasse, die kein Blendwerk nötig hat. Zwölf doppelstöckige Chalets, die als private Hoteleinheiten für zwei bis vier Personen konzipiert sind und jeweils über eine eigene Sauna und einen verglasten Kamin verfügen, gruppieren sich wie eine Herde ums Haupthaus mit 18 Junior- und Familiensuiten.

Die fliessenden Übergänge zwischen drinnen und draussen, den Mix aus alpiner Authentizität und gestalterischen Anleihen an die Rocky Mountains gibt es auch anderswo, doch nirgends so stimmig zusammengefügt und in solch einzigartiger Dolomiten-Szenerie wie hier.

Geführte Outdoor-Erlebnisse

Zum Wellnesskonzept gehört der Einbezug der Natur – mit geführten Outdoor-Erlebnissen ausserhalb der Spa-Komfortzone. «Was dir am besten dabei hilft, herunterzukommen, ist der Berg», meint der Sportcoach der «Adler Lodge». «Der Körper will aufgeben, aber der Kopf nicht – und dann passiert es: Der Geist konzentriert sich auf den Körper, und alles, was dich die ganze Woche gestresst hat, tritt in den Hintergrund.»

Fast täglich wird eine von Bergprofis geführte Wanderung oder E-Bike-Tour angeboten, im Winter Schneeschuh- und Skitouren sowie Schlittelabfahrten. Das kostenfreie Aktivitätenprogramm an der frischen Luft wird von den Gästen rege genutzt. Doch kann man natürlich auch auf eigene Faust losziehen (im Winter führen die Skipisten direkt am Hotel vorbei) – oder gar nichts tun.

Einfach einmal abtauchen – dazu lädt das Spa mit warmem Aussenpool, drei Panoramasaunen und wohltuenden Treatments ein. Die Ingredienzen für die Behandlungen liefert die Umgebung: Edelweiss, Arnika, Zirbelkiefer, Bergsalz und Hagebutte.

Dass Übernachtungen nur mit Abendessen angeboten werden, ist logisch. Wo sollte man sich nach Sonnenuntergang sonst verpflegen? Das Fünfgang-Auswahlmenu ist so mediterran leicht wie das Wolfsbarschfilet mit Zitronenrisotto oder so schnörkellos aromatisch wie der Radicchio Trevisano mit grilliertem Tominokäse. Speziell: Im Zimmerpreis (ab 680 Euro für zwei) ist auch eine hochwertige Auswahl italienischer Weine und Spirituosen inbegriffen.

Wenn doch nur . . . die Lodge nicht Opfer des eigenen Erfolgs wäre. Sie ist deshalb häufig ausgebucht.

www.adler-resorts.com

Bedürfnis: bei Yoga, Tanz und intelligenter Entspannung entschleunigen

«Schloss Elmau», Oberbayern

Das zauberhaft abgelegene Resort, das aus dem Schloss (Hideaway) und dem luxuriöseren, wenige Schritte entfernten Retreat besteht, vermittelt die Geborgenheit und Wärme, nach der sich viele kosmopolitische Menschen sehnen.

«Schloss Elmau» mit seinen 160 Zimmern (ab 590 Euro inkl. Frühstück) ist ein einziger Superlativ, ohne damit zu protzen: Zum Kulturprogramm zählen jährlich 220 Klassik- und Jazzkonzerte renommierter bis weltberühmter Musiker, frei zugänglich für Hotelgäste. Mehr Schwimmfläche pro Gast (in fünf grossen, auch im Winter nachhaltig mit Holzhackschnitzeln beheizten Outdoor-Infinity-Pools) hat kein anderes Hotel im Alpenraum, überdies sind weite Teile der sechs unterschiedlichen Spa-Areale ausschliesslich Erwachsenen zugänglich.

New Yorks Yoga-Studios zum Vorbild

Wer hierherkommt, sucht neben dem breit gefächerten Wellnesserlebnis vor allem die Ruhe. Die lässt sich etwa im architektonisch herausragenden, japanisch anmutenden Yoga-Pavillon erfahren. Als Messlatte für die täglichen Gruppenlektionen und regelmässigen Yoga-Retreats dienen Schloss Elmau nicht andere Ferienhotels, sondern die besten Yoga-Studios in New York. «In den meisten Alpenresorts ist der Yogalehrer auch der Fitnesslehrer und der Wanderleiter», so bemängelt der Wellbeing-Chef Johannes Mikenda den Dilettantismus in der Branche. «Deshalb fühlen sich dort Yoga, Pilates und Rückenfit praktisch immer gleich an.»

Anhaltende Wirkung zeigen die individuell angepassten «Personal Wellbeing Retreats» mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie «Get back into Shape» oder «Strengthen your Back» – bei aller Professionalität durchaus gelassen umgesetzt.

Die Sportmöglichkeiten in der Natur zu Füssen des Wettersteinmassivs sind fast endlos. Für das Training der linken Gehirnseite steht die vielleicht beste Hotelbuchhandlung der Welt bereit – und da bekanntlich auch Tanzen wie Medizin wirkt, entstand unlängst das Format der fünftägigen «Dance Retreats».

Wenn doch nur . . . die Service-Laxheiten nicht wären, die wohl durch die verhältnismässig hohe Zahl an Auszubildenden entstehen. Das etwas weniger an Perfektion wird aber durch die Freundlichkeit dieser jungen Leute und vor allem durch das fabelhafte Gesamtangebot und -erlebnis wettgemacht.

www.schloss-elmau.de

Bedürfnis: sich gleichzeitig mit und von der Familie erholen

«Alpenresort Schwarz», Obermieming/Tirol

Anders als die meisten Tiroler Traditionsbetriebe liegt das «Alpenresort Schwarz» nicht im Ortszentrum oder an einer hoch frequentierten Durchfahrtsstrasse, sondern freistehend am Dorfrand auf dem landschaftlich anmutigen Mieminger (sprich: Miäminger) Plateau. Direkt vor der Haustür befindet sich der 27-Loch-Golfplatz mit Trainings-Academy. Die unmittelbare Umgebung ist ein Wander- und Veloparadies (E-Mountainbikes stehen im Hotel parat), und wenn es Winter wird, hat die Hochebene nahe Innsbruck angeblich die meisten Sonnenstunden weit und breit.

Aber warum überhaupt die Hotelanlage verlassen? Viele Gäste verweilen im hübschen Garten unter alten Obstbäumen, tauchen in ein Wein-Tasting oder in den hauseigenen Naturbadesee ein, schwitzen in den Saunas oder im Fitnessraum den Stress aus, nehmen an einer Yoga- oder Pilates-Lektion teil oder lassen sich bei einem Spa-Treatment etwas Gutes tun.

Die Auswahl an Körper- und Schönheitsbehandlungen ist riesig, die Qualität verlässlich gut, und die Preise sind deutlich günstiger als in Schweizer Wellnesshotels – so ist eine 50-minütige Ganzkörpermassage für 95 Euro zu haben, eine Jetpeel-Gesichtsanwendung kostet 232 Euro und eine Sitzung in der Hochleistungs-Kältekammer (Kryotherapie) 48 Euro.

Wo sind eigentlich die Kinder? Vielleicht bauen sie auf dem Abenteuerspielplatz, im Family-Pool mit langer Wasserrutsche oder bei einem Schwimmkurs überschüssige Energie ab. Im täglich von 10 bis 21 Uhr betreuten Kinder- und Jugendklub gibt es Outdoor-Erlebnistouren, einen Kletterbereich, Reit- und Tenniskurse, Bogenschiessen, ein Kreativatelier, einen Streichelzoo sowie Multiball, eine digitale Spiel- und Sportwand für mentales und körperliches Training mit hohem Spassfaktor.

Im «Schwarz» wacht gefühlt ein ganzes Hotelresort über den Nachwuchs. Einmal angekommen, ist es nicht einfach, die Familie zusammenzuhalten. Es entstehen echte Freundschaften, und am Tag der Abreise werden manchmal dicke Tränen vergossen.

Separate Spa-Zonen für Erwachsene und Familien

Der Freiraum der Kinder ist die Freizeit der Eltern. Letztere brauchen sich um nichts zu kümmern, haben Zeit für sich und füreinander. Die Hotelierfamilie Pirktl engagiert sich dafür, dass alle Generationen gut aneinander vorbeikommen (etwa mit separaten Spa-Zonen für Erwachsene und Familien) und zugleich eine schöne Zeit gemeinsam verbringen können.

«Wenn Eltern und Kinder zeitweise zusammen, zeitweise voneinander befreit sind, entsteht Entspannung, Erholung und Anregung für beide Teile», sagt der Gastgeber Franz Pirktl. Gerade mit Kleinkindern können sich Ferien in Rund-um-die-Uhr-Betreuungsjobs verwandeln, so dass man ausgelaugter nach Hause zurückkehrt, als man ankommt. Das «Schwarz» ist eine unbeschwerte, familienfreundliche Alternative, sofern man das Glück hat, es sich leisten zu können (ab 570 Euro inkl. Halbpension).

Wenn doch nur . . . das labyrinthische Geflecht von unterirdischen Verbindungskorridoren zwischen den fünf Logiergebäuden nicht wäre. Auch präsentieren sich die 160 Zimmer je nach Baujahr in einer grossen stilistischen Bandbreite, die jedoch auf der Hotel-Website ersichtlich und entsprechend spezifisch buchbar ist.

www.schwarz.at

Die Rechercheaufenthalte wurden von den Hotels unterstützt.

Exit mobile version