Samstag, März 15

In der ersten Sendung von «Late Night Switzerland» auf SRF stiehlt Albert Rösti allen die Show. Der Rest wirkt belanglos. Und man stellt sich die Frage: Muss das vielleicht so sein?

Für den Smalltalk im Büro oder in der Beiz das Wichtigste vorab: Ja, es ist wahr, Bundesrat und Medienminister Albert Rösti hat im Fernsehen Schlagzeug gespielt. Das allein ist zwar keine Comedy, aber unterhaltend allemal. Rösti ist es auch, der von der ersten Sendung von «Late Night Switzerland» in Erinnerung bleibt. Der Rest war schweizerisch öde – mit ein paar Ausnahmen.

Mit «Late Night Switzerland» tritt der Comedy-Allrounder Stefan Büsser die Nachfolge des Comedians Dominic Deville an, dessen One-Man-Show «Deville Late Night» im Frühjhar 2023 zu Ende ging. Davor hatten jahrelang Viktor Giacobbo und Mike Müller diesen Platz zur allerbesten Sendezeit gefüllt.

Nun also Büsser, ein neuer, ein jüngerer Mann. Aber eben wieder ein Mann. Vor der Sendung hatten die berühmtesten Schweizer Komikerinnen protestiert und gefragt: «Wo sind die Frauen?»

Büssers Sendung wird dreimal pro Monat ausgestrahlt, immer vierzig Minuten lang, immer am Sonntag. Zum Ende des Monats blickt dann ein anderer Mann, der Satiriker Gabriel Vetter, auf Geschehenes zurück. Vetters Sendung wurde im September das erste Mal ausgestrahlt.

Tinder, Fasnacht, Eiskunstlauf. Und jetzt?

Stefan Büsser hat, wie Gabriel Vetter, mehrere Gehilfen. Im Studio sitzt der Komiker Michael Schweizer, der gemeinsam mit Büsser den SRF-Podcast «Comedymänner» moderiert. Aron Herz, der dritte Mann von diesem Podcast, ist Cheftexter der neuen Sendung. Daneben tritt das Comedyduo Nadia Goedhart und Sandro Galfetti auf – dazu kommt noch die Slam-Poetin Martina Hügi.

Die Sendung wurde im ausverkauften Kaufleuten in Zürich aufgezeichnet und später auf SRF ausgestrahlt. Sie beginnt mit Büsser und Schweizer, die irgendetwas von Super Bowl, Globi und Fasnacht erzählen. Sechs Minuten dauert es bis zum ersten Woke-Witz («Globi wär ein guter SRG-Chef, weil kein weisser alter Mann»). Und sieben Minuten, bis Büsser für seinen «Comedymänner»-Podcast wirbt, wo es ebenfalls das gibt: Witze über Wokeness.

Das ist schon ziemlich langweilig, aber es wird schlimmer. Das Format «Ohne Üben» ist der Tiefpunkt dieser Sendung. Büsser und Schweizer probieren auf Aufforderung eines Zuschauers oder einer Zuschauerin etwas Neues aus. Diesmal: Eiskunstlauf. Man muss also zugucken, wie Büsser im lila Glitzertenue und Schweizer in Eishockeyausrüstung Figuren auf dem Eis üben. Ist ihnen wirklich nichts Besseres eingefallen?

Zurück im Studio, geht’s, ziemlich einfallslos, um den Valentinstag und ums Online-Dating. Es folgen ein paar Witze über Schweizer Dialekte, und dann tritt plötzlich Baschi mit einer Guggenmusik auf und singt «Chum bring en hei». Die «Halftime-Show» sei das, sagt Büsser in Anlehnung an den Super Bowl. Und ehe man begreift, was da eigentlich passiert, ist Baschi auch schon wieder verschwunden. Das ist das Gute an dieser Sendung: Sie hat Tempo.

Auch gut: die Slam-Poetin Martina Hügi, die als Reporterin an der «Man’s World»-Messe zwischen Motorbooten, Fitnessgeräten und Zigarren in der Messehalle herumschwirrt. Und das Zuschauen macht langsam Spass. Weil da eine Person ist, die frech ist, irritiert, die Männer an der Messe zur Rede stellt.

Highlight der Sendung ist aber der Besuch des Bundesrats. In der zweiten Hälfte der Sendung kommt Albert Rösti ins Studio, der Medienminister, der die Radio- und Fernsehgebühren auf 200 Franken senken will. Rösti entpuppt sich, gmögig, wie er ist, als richtiger Gast für diese Sendung. Er fühlt sich wohl und witzelt herum. Vor der Sendung habe er sich gefragt: «Isch dä Uftritt ächt ä gueti Idee?»

Das Publikum lacht mit Rösti, und vielleicht auch ein bisschen über ihn. Es ist wohltuend ungewöhnlich: ein Bundesrat bei einem Comedyformat. Im Gespräch mit Rösti erwacht auch Büsser. Etwa, als er die SVP mit einer Sekte vergleicht.

Einer für alle

Für Stefan Büsser, genannt «Büssi», ist diese Late-Night-Show eine grosse Sache. Vielleicht bereits das Highlight seiner Comedykarriere.

Büsser, heute 38 Jahre alt, arbeitet seit zwanzig Jahren in der Unterhaltungsindustrie. Er war People-Reporter beim «Blick», Moderator bei verschiedenen Radiosendern, schrieb Comedyprogramme. Fünf Jahre lang machte er sich in selbstgeschnittenen Videos über die Kandidatinnen und Kandidaten bei den Trash-Formaten «Bachelor» und «Bachelorette» lustig und erlangte damit grosse Bekanntheit auf Social Media. Büsser ist Co-Moderator beim «Donnschtig-Jass» von SRF und moderierte mehrfach die Swiss Comedy Awards. Und, herrje: «Comedymänner» gehört zu den erfolgreichsten Podcasts des Landes.

Und nun also diese Late-Night-Show, die wohl prestigeträchtigste Aufgabe der Schweizer Comedywelt. Büsser setzt sie auf seine Art um. Er will die Leute hochnehmen, ein bisschen wenigstens. Aber wahrscheinlich will Büsser vor allem gefallen. Vor der Sendung sagte er, für jene, die politische Satire am Sonntagabend gewohnt seien, sei die Sendung «ein Umstieg auf etwas Leichteres».

Büsser war immer einer, der Comedy für viele machte. Ein paar Tinder-Witze, ein Dialekt-Sketch, Fasnacht und ein Bundesrat: Es ist, als hätte man das alles schon gehört. Aber vielleicht ist es genau das, was die Schweiz am Sonntagabend sehen will.

Die Bilanz zum Schluss: Albert Rösti hat die Late-Night-Show gerettet. Und man hofft still und heimlich: Könnte Rösti vielleicht übernehmen?

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