Nach gescheiterten Fusionsverhandlungen mit Honda wechselt der Autokonzern Nissan den Chef. Auf Makoto Uchida folgt der bisherige Planungsvorstand Ivan Espinoza.
Der angeschlagene japanische Autohersteller Nissan hat am Dienstag einen neuen Konzernchef ernannt. Der bisherige Planungsvorstand Ivan Espinosa wird am 1. April den Amtsinhaber Makoto Uchida ersetzen. Uchida bleibt wenigstens bis zur Jahreshauptversammlung im Juni im Verwaltungsrat.
Nach wochenlangen Spekulationen über seine Zukunft übernimmt Uchida damit die Verantwortung für die wirtschaftliche Krise und die gescheiterten Fusionsverhandlungen mit dem Lokalrivalen Honda. Sein Nachfolger kann dabei relativ nahtlos die schwierigste Sanierung der japanischen Autoindustrie übernehmen. Denn als langjähriger Nissan-Mitarbeiter kennt der 46-Jährige Nissans Probleme genau.
2003 kam Espinosa zeitgleich mit Uchida zum Unternehmen. Er begann seine Karriere als Produktplaner bei Nissan in Mexiko. Seitdem sammelte er Führungserfahrung in Südostasien, Europa und seit 2016 in der Konzernzentrale in Japan.
Nun steht der neue Chef vor seiner bisher grössten Aufgabe. Denn 25 Jahre nachdem der französische Hersteller Renault die Japaner gerettet hat, steht Nissan erneut an einem Wendepunkt.
Espinosa ist noch zurückhaltend. «Um ehrlich zu sein, habe ich noch nicht viel zu sagen, da ich gerade erst von meiner Ernennung erfahren habe», sagte er am Dienstagabend an einer kurzen Pressekonferenz. Aber der Autoanalyst Takaki Nakanishi hat ihm bereits zwei Aufgaben ins Pflichtenheft geschrieben.
Espinosa müsse das Management «mutig reformieren», so Nakanishi. Als erste Herausforderung sieht der Experte die Frage, ob der neue Konzernlenker die gescheiterten Verhandlungen mit Honda wieder aufnimmt oder nicht. Denn eines hat der Amtsinhaber Uchida bereits im Februar eingeräumt: Nissan braucht Partnerschaften, um zu überleben.
Nissan steckt in der Krise
Die Allianz mit Renault zerbrach faktisch, nachdem der damalige Chef der beiden Partner, Carlos Ghosn, 2018 in Japan wegen verschleierter Gehaltszahlungen verhaftet worden war. Die Franzosen wollen ihre Beteiligung von 36 Prozent abwickeln. Ein neuer Partner muss also her, denn Nissan ist mit gut drei Millionen verkauften Autos zu klein, um die Wende zum Elektroautohersteller im Alleingang zu schaffen.
Gleichzeitig muss das Unternehmen hart saniert werden. Für das noch bis Ende März laufende Geschäftsjahr rechnet der Konzern mit einem Nettoverlust von 80 Milliarden Yen (478 Millionen Franken).
Im Herbst 2024 kündigte das Unternehmen deshalb ein Sparprogramm an, das den Abbau von Arbeitsplätzen und die Schliessung von Werken vorsieht. Damit soll die Gewinnschwelle des Herstellers von 3,1 Millionen auf 2,5 Millionen Fahrzeuge gesenkt werden. Auch die Modellpalette muss dringend erneuert werden, damit Nissan wieder niedrigere Rabatte und damit höhere Preise erzielen kann als bisher.
Honda oder Taiwans Foxconn – wer wird Nissans Partner?
Die grosse Frage ist jedoch, wie es mit der Allianzstrategie von Nissan weitergeht. Noch vor einem Jahr schien alles klar zu sein. Zur Überraschung der Märkte nahmen die Erzrivalen Nissan und Honda Verhandlungen über eine strategische Entwicklungspartnerschaft auf, die Elektroautos, Software und Batterien umfassen sollte.
Im Dezember beschlossen die Unternehmen sogar, direkt über eine Fusion unter dem Dach einer Holding zu verhandeln. Doch nur wenige Wochen später scheiterten die Gespräche, nachdem Honda die Unterordnung von Nissan als Tochterunternehmen gefordert hatte. Uchida wurde schnell als einer der Schuldigen ausgemacht.
Espinosa steht nun erneut vor der Partnerwahl. Honda ist dabei nicht alternativlos. Der taiwanische Elektronikhersteller Foxconn hat bereits Interesse an einem Einstieg bekundet. Der künftige Nissan-Chef hielt sich zu diesen Fragen bedeckt, zeigte sich aber zuversichtlich. «Nissan hat viel Potenzial für die Zukunft», warb er um Vertrauen, «ich denke, wir werden viele Möglichkeiten freisetzen.»