Donnerstag, November 28

Die Stammhäuser von UBS und CS sind fusioniert. Damit nimmt die Integration Tempo auf. Die Risiken bleiben beträchtlich, doch die Grossbank kann sich auf ein dickes finanzielles Polster verlassen.

Die UBS ist seit Monaten intensiv mit der CS-Integration beschäftigt. Doch richtig los geht es erst jetzt. Am Freitag gab die UBS bekannt, dass sie die rechtliche Fusion der beiden Stamm- oder Mutterhäuser UBS AG und Credit Suisse AG vollzogen hat. Damit verschwindet die Credit Suisse auf Konzernstufe als eigenständige Rechtseinheit.

Sergio Ermotti hat Wort gehalten. Er hatte in Aussicht gestellt, dass dieser Schritt bis Ende Mai gemacht wird – der UBS-Chef hält das Integrationstempo hoch. Er hat auch im Vorfeld des Vollzugs der Fusion die Verantwortlichkeiten in der Geschäftsleitung neu geordnet, um die UBS auch personell neu aufzustellen. So wird der ehemalige CS-Chef und Leiter der Credit-Suisse-Sparte im UBS-Konzern, Ulrich Körner, aus dem fusionierten Unternehmen ausscheiden.

Die strukturelle Anpassung war schon vorher im Gang: Die Holdinggesellschaften von UBS und CS wurden im Juni 2023 zusammengeführt. Nach der Fusion der Mutterhäuser folgt in den kommenden Monaten jene der operativen Einheiten in den Ländern: Am 7. Juni in den USA, bis Ende September der Ländergesellschaften in der Schweiz. Erst wenn die CS-Einheiten vollständig mit der entsprechenden UBS-Einheit verschmolzen wurden, können die Geschäftsbereiche zusammengelegt werden.

Dann werden die Pläne in die Tat umgesetzt, die die Teams unter Integrationschefin Michelle Bereaux in den vergangenen Monaten vorbereitet haben. Sie betreffen fast alle Aspekte der Bank: Die rechtliche Struktur, die Organisation, die Kundenbetreuung, die IT-Plattformen, die Produkte und natürlich die Mitarbeitenden, welche sich um die entsprechenden Bereiche kümmern.

Für diese bedeutet das einen Stellenabbau. In der Schweiz und im Ausland läuft er bereits. Gemäss Aussagen von Ermotti kommt der Grossteil der Job-Streichungen in der zweiten Jahreshälfte. In der Schweiz sollen sie nach der Fusion der Schweizer Gesellschaften gegen Ende 2024 sowie in den Jahren 2025 und 2026 erfolgen. In den kommenden Monaten brauche die Bank zum Teil mehr personelle Ressourcen, um die Integration zu stemmen, sagt der UBS-Chef.

Doch was bedeutet die rechtliche Fusion für die UBS und die anstehenden Integrationsarbeiten konkret? Ein Überblick.

Konzernstruktur wird einfacher

Grossbanken wie die UBS und die CS haben unter ihrem Holdingdach eine Vielzahl von Gesellschaften. Vor allem bei der Credit Suisse vereint das Stammhaus Hunderte Tochtergesellschaften, die teils Kapital binden und ein Sicherheitsproblem darstellen können. Hier wird die UBS aufräumen und vereinfachen: «Es muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob diese fusioniert, liquidiert oder neue gegründet werden sollen», sagt Michael Klien, Bank-Analyst bei der ZKB.

Jede Entscheidung hat dabei nicht nur rechtliche, sondern auch steuerliche und organisatorische Folgen. Die UBS dürfte die Pläne für die Bereinigung bereits ausgearbeitet haben. Aber erst jetzt, nach der Fusion der Stammhäuser, kann der Prozess starten. Mit einer vereinfachten Struktur nimmt die UBS nicht nur Komplexität aus dem Konzern, sondern dürfte die Möglichkeit einer geordneten Abwicklung der Bank für den Notfall verbessern.

Die rechtliche Fusion war für die UBS eine administrative Herkulesarbeit: Um die Bereinigung der Rechtsstruktur zu ermöglichen, musste sich die Bank mit 80 verschiedenen Regulierungsbehörden in 50 verschiedenen Ländern einigen.

Alle werden zu UBS-Kunden

Nun ist auch der Weg frei, damit alle CS-Kunden zu Kunden der UBS werden. Diese wurden in der Schweiz brieflich über den Besitzerwechsel informiert, in den täglichen Bankgeschäften hat sich bisher aber nicht viel verändert.

«Die rechtliche Fusion ist die Voraussetzung, damit die CS-Kunden zur UBS überführt werden können», sagt Klien. Rechtlich werden die Schweizer Einheiten bis im Herbst zusammengeführt sein. Ab 2025 ist die schrittweise Überführung in die UBS-Systeme geplant. Die CS-Marke wird erst während des kommenden Jahres allmählich verschwinden.

Auch bei der Kundenbetreuung wird die Integration spürbar. So hat sie etwa in der Schweiz zur Folge, dass die «kleinen» vermögenden Kunden der Credit Suisse, so genannte Affluents, bei der UBS künftig von einem «normalen» Privatkundenberater betreut werden. Bei der CS wurden alle Vermögenden, vom Millionärsanwärter bis zum Multimillionär, unter das Dach des Schweizer Private Banking genommen.

Gemäss Tomi Laamanen, Professor für strategisches Management an der Universität St. Gallen, ist es die grösste operative Herausforderung für die UBS, ihre Kunden zu halten. Aber auch die besten Mitarbeiter müssten bleiben. «Gleichzeitig werden Tausende entlassen, um die Kostenziele zu erreichen. Das ist ein schwieriger Spagat, vor allem kommunikativ», sagt der Experte für Unternehmenszusammenschlüsse.

IT-Migration ist das eigentliche Risiko

Die Überführung von Kunden von der CS zur UBS hängt auch eng mit der Migration der CS-Anwendungen auf die Plattform der UBS zusammen. Die Verschlankung der IT-Infrastruktur ist nebst dem Stellenabbau eine Voraussetzung, damit die UBS ihr Sparziel von 13 Milliarden Dollar bis 2026 erreichen kann.

Gleichzeitig bezeichnete Ermotti Verzögerungen bei der Zusammenführung der IT-Systeme als das eigentliche Risiko; und nicht, dass die Bank die Migration nicht durchführen könne. Um die Risiken für die Kunden bei der Zusammenlegung zu reduzieren, werde die UBS lediglich ein Zehntel der 3000 Software-Applikationen der CS übernehmen, sagte der CEO an einem Medienanlass.

Gemäss Laamanen ist klar, dass die IT-Migration ein grosser Kostenhebel ist. Sie berge aber enorme Risiken, etwa im Bereich Compliance, aber auch bei der Cybersicherheit. Die Compliance beider Banken sei in ihren IT-Systemen abgebildet. Auch die HR-Prozesse sind eng an die IT gekoppelt.

Der Integrations-Experte sieht für die UBS ein finanzielles Risiko darin, dass sich die IT-Migration in die Länge zieht und sich somit die gesamte Integration verzögert. «Welches grosse IT-Projekt hat schon seinen Zeitplan eingehalten?», fragt Laamanen. Ermotti könnte die Synergien erst später realisieren als vorgesehen, das käme an der Börse schlecht an.

Finanzielles Scheitern fast unmöglich

Das Überschätzen von Sparpotenzialen ist ein klassischer Fehler bei Übernahmen. Doch Laamanen relativiert, die Erfolgsquote bei der Realisierung von Synergien sei branchenübergreifend erstaunlich hoch: Über 80 Prozent der Unternehmen würden ihre Integrationskosten-Budgets einhalten.

Hinzu kommt, dass die CS-Rettung ein Sonderfall ist, da die Übernahme von Behörden und Regierung orchestriert wurde. Massnahmen wurden verordnet, um die Risiken für die UBS zu minimieren – so wies die Finanzmarktaufsicht die Credit Suisse an, spezielle Obligationen in Höhe von 16 Milliarden Franken abzuschreiben, um der UBS ein finanzielles Sicherheitspolster zu geben, für die damals schwer abzuschätzenden Risiken auf der Bilanz der CS.

Dieses Polster kommt der UBS nun zugute. «Es ist fast unmöglich, dass die UBS-CS-Fusion finanziell scheitert», sagt Laamanen, zumal das grosse Reservepolster in Form des geschaffenen negativen Goodwills beim Zusammenschluss nicht nur die finanziellen, sondern auch die Integrations-Risiken abfedern können. Das führt dazu, dass die operativen Synergien für die UBS sehr lukrativ sind.

Das im Sinne der UBS-Aktionäre, die auch bei einer harzig verlaufenden Integration von einer Verbesserung der Profitabilität ausgehen können. Hinzu kommt, dass die rechtliche Fusion den Start für den geplanten Aktienrückkauf über eine Milliarde Dollar bedeutet, er soll in der zweiten Jahreshälfte beginnen. Die UBS-Aktie dürfte davon profitieren.

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