Sonntag, Dezember 1

Wie die jüngste Fondsmanagerumfrage von Bank of America zeigt, schichten die Profis vermehrt in Aktien aus Europa und aus Schwellenländern um. Eine Rezession in den kommenden zwölf Monaten erachten sie als unwahrscheinlich.

Nichts scheint die Hausse an den Aktienmärkten stoppen zu können. Im noch jungen Jahr verzeichnete der Weltaktienindex von MSCI bereits einen Zuwachs von 6% (in Franken war der Anstieg sogar doppelt so hoch) und diverse Börsenbarometer haben in den vergangenen Tagen neue Rekordhochs erklommen.

Kein Wunder, fliesst viel Geld in Aktien. Gemäss Bank of America verzeichneten US-Aktien in der vergangenen Woche einen rekordhohen Zufluss von 56,1 Mrd. $, womit das Höchst vom März 2021 übertroffen wurde. Auch Kryptowährungen erfreuen sich derzeit enormer Beliebtheit.

Professionelle Investoren werden in Bezug auf Wirtschaft und Märkte ebenfalls zuversichtlicher. Die monatlich erhobene Fondsmanagerumfrage (Fund Manager Survey, FMS) von Bank of America – insgesamt wurden zwischen dem 8. und 14. März rund 230 professionelle Investoren befragt, die zusammen knapp 570 Mrd. $ an Kundengeldern verwalten – bestätigt die optimistische Grundhaltung.

Rezession ist «unwahrscheinlich»

Im März sind die Anlageprofis punkto makroökonomischer Entwicklung nochmals leicht zuversichtlicher geworden. So notieren die globalen Wachstumserwartungen auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren.

Zwei Drittel der Befragten halten eine Rezession in den kommenden zwölf Monaten für «unwahrscheinlich». Das entspricht dem höchsten Anteil seit Februar 2022.

Auf die Frage, ob sie für die Weltwirtschaft eine harte (Rezession), eine sanfte (Abkühlung ohne Rezession) oder gar keine Landung (Beschleunigung der Dynamik) erwarten, äussern sich eindrückliche 85% zuversichtlich (Soft/No Landing). Das Lager der Pessimisten, die einen Konjunktureinbruch befürchten, verharrt auf niedrigen 11%, noch im Oktober befürchteten 30% der Fondsmanager eine Rezession.

Umdenken bei den langfristigen Zinsen

Bis vor kurzem war die grosse Mehrheit der Ansicht, die langfristigen Zinsen können 2024 nur sinken. Die jüngsten Inflationszahlen insbesondere aus den USA gaben allerdings der Befürchtung Nahrung, die Inflation könnte sich als hartnäckiger herausstellen als erhofft.

So nahm die Jahresrate der Veränderung in den US-Konsumentenpreisen im Februar leicht von 3,1 auf 3,2% zu. Die Kernrate, welche die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise ausklammert, bildete sich nur marginal auf 3,8% zurück. Auch der Index der Produzentenpreise überraschte im Februar mit einem markanten Anstieg um 1,6% im Jahresvergleich negativ, erwartet wurden lediglich 1,2%.

Dazu passt, dass die Fondsmanager die Inflationsrisiken neu höher gewichten. 32% von ihnen sehen eine «höhere Inflation» als das grösste Extremrisiko («tail risk») für die Märkte.

Folgerichtig schwindet die Erwartung niedrigerer Anleiherenditen: Im März rechneten noch 40% der befragten Fondsmanager mit niedrigeren Renditen auf langfristigen Staatsanleihen. Vor drei Monaten lag der Anteil bei deutlich höheren 62%.

Die optimistischere Einschätzung des konjunkturellen Umfelds findet auch Niederschlag in den Gewinnerwartungen. Erstmals seit langem erwarten die Anlageprofis ein Gewinnwachstum der Unternehmen. 41% der Anleger – so gross war der Anteil seit Januar 2022 nie – gehen davon aus, dass es den Unternehmen gelingt, heuer ihre Profite zu steigern (insgesamt übersteigt der Anteil der Profis, die ein höheres Gewinnwachstum erwarten, die pessimistischeren Kollegen um 7 Prozentpunkte, siehe Grafik).

Was sollen die Firmen mit ihren Erlösen anstellen? 40% der Anlageprofis wünschen sich, dass die Unternehmen ihre Bilanzen stärken (+5 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat). Rund jeder Vierte spricht sich für höhere Investitionsausgaben aus (27%, –4 Pp gegenüber dem Vormonat) oder für eine Rückführung der überschüssigen Barmittel an die Aktionäre aus (25%, +2 Pp gegenüber dem Vormonat).

Natürlich dürften die Risiken nicht vergessen werden. Als plausibelste Quellen für einen Unfall («credit event») im Finanzsystem sehen die Fondsmanager wie schon im Februar den US-Markt für Gewerbeimmobilien. Erhöhte Risiken orten sie auch im amerikanischen Schattenfinanzsystem und im chinesischen Immobiliensektor, wobei sie die Gefahren im Monatsvergleich als geringer einstufen:

Leichter Anstieg der Bargeldquote

Trotz Optimismus haben die Profis die Bargeldquote in ihren Portfolios im Monatsvergleich leicht aufgestockt, und zwar von 4,2 auf derzeit 4,4% der verwalteten Vermögen. Gemäss der «BofA Global FMS Cash Rule» löst ein Anstieg des durchschnittlichen Bargeldbestands auf mehr als 5% ein Kaufsignal für Aktien aus (weil die Anleger dann zu vorsichtig sind), rutscht sie unter 4%, wird ein Verkaufssignal für Aktien ausgelöst (die Anleger sind sorglos). Derzeit liefert die Cash Rule weder ein Kauf- noch ein Verkaufssignal.

Im März kam es in den Portfolios zu einer starken Verschiebung zugunsten von Aktien aus Schwellenländern (grösste Zunahme seit April 2017) und von Aktien der Eurozone (grösster Sprung seit Juni 2020). Die Allokation in Aktien dieser beiden Regionen zusammengenommen ist die höchste seit dem vergangenen Mai. Offensichtlich schichten die Fondsmanager angesichts der besseren globalen Wachstumserwartungen in die bisherigen Nachzügler um.

Vor dem Hintergrund extremer Kursavancen in Aktien, die von den Entwicklungen der künstlichen Intelligenz profitieren dürften, scheint ein Fokus auf günstigere Märkte keine schlechte Strategie zu sein. Allerdings ist das Verdikt, ob sich die KI-Aktien in einer Blase befinden, unter den Befragten nicht eindeutig: 40% teilen diese Ansicht, 45% der Befragten erkennen keine Blase.

US-Positionen wurden abgebaut

Neben Eurozonen- und Schwellenländeraktien lagen auch Finanzwerte im März hoch in der Anlegergunst. Der Gesundheitssektor sowie japanische Valoren waren zuletzt ebenfalls gesucht. Nach den Verkäufen im Vormonat erfreuten sich Basiskonsumgüteraktien wieder grösserer Beliebtheit.

Im Gegenzug haben die globalen Fondsmanager Positionen in US-Aktien abgebaut. Bei den Sektoren standen vornehmlich zyklischer Konsum (Discretionary), Technologie sowie Telecom im Fokus.

Relativ zu ihrer eigenen Historie halten die Fondsmanager nach wie vor ein grosses Übergewicht in Bonds, in US-Aktien sowie in Aktien aus den Sektoren Telecom und Technologie. Die grössten Untergewichte sind in Immobilien-Beteiligungsgesellschaften (REIT), Energie sowie in Aktien aus Schwellenländern zu finden.

In absoluten Zahlen liegen die grössten Übergewichte in den Sektoren Gesundheit (Healthcare) und Technologie. Bei den Ländern und Regionen stechen Japan und die Schwellenländer positiv hervor. Aktien aus der Eurozone sind neu ebenfalls übergewichtet.

Am unbeliebtesten unter den Fondsmanagern sind weiterhin britische Aktien (UK), die Sektoren Versorger (Utilities), Immobilien-Beteiligungsgesellschaften und Grundstoffe (Materials).

Gefragt, was denn «The Most Crowded Trade» sei, also das Thema, in dem bereits alle Investoren investiert sind, antworteten die meisten (58%) Fondsmanager wie bereits im Vormonat mit den Magnificent Seven (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla). Mit deutlichem Abstand folgen auf Platz zwei Short-Wetten auf chinesische Aktien (14%) und japanische Aktien (13%).

Für hiesige Anleger ebenfalls spannend ist die Antwort auf die Frage, welche Länderpräferenzen die Manager europäischer Aktienfonds haben. Zuoberst auf dem Podest stehen neu französische Aktien. Dahinter folgen britische Aktien. Europäische Fondsmanager schätzen die Aussichten des Vereinigten Königreichs offenbar deutlich optimistischer ein als globale Fondsmanager. Auf wenig Resonanz stossen derweil italienische und spanische Titel.

Fazit: Auf Nachzügler setzen

Wie bereits vor einem Monat lässt sich aus der jüngsten Fondsmanagerumfrage ein ziemlich positives Bild von Konjunktur und Märkten herauslesen. Zwar schwinden die Hoffnungen auf aggressive Leitzinssenkungen zusehends, allerdings glauben die Profis nach wie vor an eine sanfte Landung.

Bessere Aussichten für die Wirtschaft sollen dazu führen, dass die Unternehmen ihr Gewinne steigern können. Da die Hausse zusehends breiter wird, setzen die Profis verstärkt auf Aktien aus der Eurozone sowie aus Schwellenländern. Einzige Konstante ist die Abneigung gegenüber Aktien aus dem Vereinigten Königreich. Bei den Sektoren haben die Branchen Versorger sowie Immobilien-Beteiligungsgesellschaften nach wie vor einen schweren Stand.

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