Mittwoch, Januar 15

Im Kölner Immobilienunternehmen Bauwens treffen regionale Wirtschaftsgeschichte, politische Zeitgeschichte und die Familiengeschichte der Adenauers aufeinander. Ein Gespräch über die Immobilienkrise, deutsche Überregulierung und weihnachtliche Treffen in Rhöndorf.

«Wir haben die Talsohle erreicht. Ich sehe aber noch nicht, dass es schon morgen wieder hochgeht. Wir werden wohl noch zwölf bis achtzehn Monate in der Talsohle verbringen müssen»: Fabian Bauwens-Adenauer mag beim Gespräch am Firmensitz der Bauwens Unternehmensgruppe in Köln noch keine Entwarnung zur Immobilienkrise in Deutschland geben.

Er muss es wissen: Er ist einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Immobilien-Gruppe Bauwens, eines von den Inhabern geführten Familienunternehmens. Mit rund 500 Mitarbeitern und sechs Standorten in Deutschland entwickelt, plant, baut und betreibt die Firma Immobilienprojekte (Wohn- und Gewerbeimmobilien) in den deutschen Metropolregionen. Per Ende März betreute sie ein Projektvolumen von rund 3,3 Milliarden Euro, und sie hatte einen Auftragsbestand an Bauleistungen von 374 Millionen Euro.

Gewappnet für eine Durststrecke

Gemessen an der Marktsituation stehe die Gruppe gut und stabil da, fügt Bauwens-Adenauer an. In dem von ihm mitbetreuten Baugeschäft führt er das auf die breite Aufstellung zurück. So baue man beispielsweise viel für Wohnungsbaugesellschaften, die nicht kurzfristig verkauften, sondern einen kommunalen Auftrag hätten und auch jetzt weiter bauten. Auch Aufträge für den Bau von Konzernzentralen oder Hotels gebe es weiterhin. «Aber wir merken natürlich auch, dass die Luft dünner wird.»

Auch bei der Projektentwicklung gehe die Krise nicht an Bauwens vorbei, ergänzt Timo Wess, der sich um diesen Geschäftsbereich kümmert. Ein Glück sei, dass Bauwens in der Vergangenheit einige «Forward Deals» mit bonitätsstarken Investoren abgeschlossen habe. Bei solchen Transaktionen wird der Verkauf eines Projekts bereits vor Abschluss oder sogar schon vor Beginn der Baumassnahmen fix vereinbart. Diese Projekte erlaubten es, auch eine allfällige Durststrecke über die nächsten drei, vier oder fünf Jahre zu verkraften, sagt Wess.

Anno 1873 gegründet

Es wäre nicht die erste Durststrecke in der Firmengeschichte. Gegründet wurde das Unternehmen 1873 von zwei Brüdern aus Belgien: Peter und Camille Bauwens. Bald weiteten sie ihre Tätigkeit von Köln auf das gesamte Reichsgebiet und das benachbarte Ausland aus, mit Schwerpunkten im Strassen- und Tiefbau. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen Kanäle für die Binnenschifffahrt, Chemieanlagen und Kraftwerke hinzu.

1930 realisierte Bauwens mit dem Bau der Kölner Ford-Werke die erste schlüsselfertige Industrieanlage. Der amerikanische Autohersteller hatte sich 1925 zunächst in Berlin angesiedelt. Es gilt bis heute als Coup des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer, Ford nach Köln geholt zu haben. Der 1967 verstorbene Adenauer war von 1917 bis 1933 Kölner Oberbürgermeister und von 1949 bis 1963 erster Bundeskanzler der Bundesrepublik.

Von Bauwens zu Adenauer

Ford sollte nicht die einzige Berührung zwischen den beiden Familien bleiben. Paul-Ernst Bauwens, der letzte aus der Gründerfamilie stammende Patron des Bauunternehmens, wurde als Freund der Familie Patenonkel von Paul Adenauer, einem Enkel des Ex-Kanzlers und Vater von Fabian Bauwens-Adenauer. Paul Adenauer hatte Architektur studiert und stieg auf Wunsch seines Göttis in den 1980er Jahren in dessen Unternehmen ein, das er schliesslich übernahm. Erleichtert wurde die Betriebsübergabe dadurch, dass der kinderlose Bauwens seinen Patensohn im Zuge einer Erwachsenenadoption adoptierte. Seither trägt dieser den Doppelnamen Bauwens-Adenauer.

Ein paar Jahre später zog Paul Bauwens-Adenauer einen seiner Brüder, Patrick Adenauer, in die Firma hinzu, die damals noch ein Bauunternehmen mit über tausend Maurern und anderen Handwerkern, mit Baggern und Kranen war. Gemeinsam vollzogen die beiden Brüder Anfang der 1990er Jahre einen radikalen Umbau. Sie trennten sich von den gewerblichen Mitarbeitern und den Baumaschinen und konzentrierten sich auf die Konzeption und Betreuung von Bauprojekten. Die Handwerksarbeiten hingegen werden seither an Subunternehmen weitergegeben.

Die nächste Generation

Fabian Bauwens-Adenauer begründet den Schritt seines Vaters damit, dass sich der Markt zu einem Käufermarkt entwickelt habe und Aufträge stets an den Bewerber mit den tiefsten Preisen vergeben worden seien. Als Bauunternehmer habe man am Ende der Wertschöpfungskette «die Krümel aufsammeln» müssen. Ende der 1990er Jahre folgte ein zweiter Schritt: Die Gruppe gründete eine Schwestergesellschaft namens Bauwens Development und stieg in die Projektentwicklung ein. Heute ist diese neben dem Baugeschäft (Bauwens Construction) eines der beiden Hauptstandbeine des Unternehmens.

Für das Projektgeschäft zogen die Adenauer-Brüder mit Alexander Jacobi einen weiteren, nicht aus der Familie stammenden Geschäftsführer und Gesellschafter hinzu. Inzwischen vollzieht sich der nächste Generationenwechsel: Aus der Familie ist neben Fabian Bauwens-Adenauer seine Schwester Ann-Sophie Bauwens-Adenauer als geschäftsführende Gesellschafterin an Bord gekommen (derzeit in Mutterschaftsurlaub). Und mit Timo Wess kümmert sich zusammen mit Jacobi erneut ein Nicht-Familienmitglied um das Projektgeschäft.

Wess ist 1982 geboren, Bauwens-Adenauer 1988. Die beiden beschreiben den Generationenwechsel als laufenden Prozess, bei dem sich die drei Vertreter der älteren Generation schrittweise aus den operativen Tätigkeiten zurückziehen. Doch wer ist nun der Chef? Grosse strategische Entscheide treffe man einvernehmlich, ohne formelle Abstimmung, sagt Fabian Bauwens-Adenauer. «Wenn keine Einstimmigkeit da ist, machen wir ein Geschäft nicht.»

Ursachen der Krise

Einvernehmen ist angesichts der erwähnten Immobilienkrise derzeit vielleicht besonders wichtig. Deren wichtigste Ursachen sehen Bauwens-Adenauer und Wess im starken Anstieg der Zinsen, der die Finanzierungskosten in die Höhe getrieben und Geld aus dem Immobilienmarkt in andere Anlageformen abgezogen habe. Die erste Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank habe nahezu keinen Einfluss gehabt, die Zinsen müssten schon deutlich sinken, um einen ordentlichen Effekt zu haben.

Daneben verweisen die beiden Gesellschafter auf gestiegene Baukosten. Deren massive Verteuerung sei nicht nur auf höhere Material- und Lohnkosten zurückzuführen, sondern auch auf die Verschärfung der Bauvorschriften. Es gebe wohl kaum eine andere Branche, die so durchreguliert sei. Es gebe viele kleinteilige Regelungen zum Beispiel für Treppengeländer, die noch dazu je nach Bundesland unterschiedlich seien und damit den Durchbruch für eine Industrialisierung des Bauens (Modularbau, serielles Bauen) verhinderten. Hinzu kämen langwierige Genehmigungsverfahren, unterbesetzte Behörden und vieles mehr.

Wenn Regierungsvertreter an Anlässen der Bauwirtschaft aufträten, versprächen sie stets weniger Bürokratie und vereinfachte Vorschriften, «aber es wird einfach nicht umgesetzt», stellt Adenauers Urenkel fest. Wenn sich nichts ändere, werde die Zahl der pro Jahr fertiggestellten Wohnungen weiter sinken. 2023 lag sie mit bundesweit knapp 300 000 weit unter dem Ziel der Ampelregierung von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr.

Der CDU verbunden

Nein, politisch aktiv sei er nicht, «aber so ein bisschen politisch angehaucht sind wir alle», sagt der Urenkel des legendären Bundeskanzlers. Seit ein paar Jahren ist auch er Mitglied von dessen ehemaliger Partei, der CDU. Er stimme mit keiner Partei zu 100 Prozent überein. «Aber am ehesten fühle ich mich schon der CDU verbunden, insbesondere jetzt, nach dem Wechsel nach Merkel.» Er finde es gut, dass die Partei wieder ein bisschen mehr Profil zeige, dieses habe sich in den letzten Merkel-Jahren doch stark aufgeweicht.

Sein Vater zählte zur letzten Adenauer-Generation, die den Ex-Kanzler noch persönlich erlebt hat. Inzwischen ist die Familie laut Bauwens-Adenauer so gross geworden, dass man sich unter den Cousins und Cousinen zweiten und dritten Grades zum Teil gar nicht mehr kennt.

Aber noch immer treffen sich die Nachkommen Jahr für Jahr am zweiten Weihnachtstag im ehemaligen Wohnhaus von Konrad Adenauer in Rhöndorf (Nordrhein-Westfalen). Es wird heute von einer Stiftung als Gedenkstätte betrieben. Doch für diesen Tag wird es der Familie zur Verfügung gestellt. «Jeder Stamm der Familie schickt immer zumindest einen Vertreter», sagt der Urenkel Fabian Bauwens-Adenauer.

Sie können dem Berliner Wirtschaftskorrespondenten René Höltschi auf den Plattformen X und Linkedin folgen.

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