Mittwoch, April 30

Das Berner Gesundheitsunternehmen bietet Sicherheit statt Abenteuer, mit der angenehmen Nebenwirkung, dass Investoren trotz der vergleichsweise niedrigen Anlagerisiken nicht auf eine gute Rendite verzichten müssen.

Die Schwankungen an den Börsen zerren an den Nerven, und die wirtschaftlichen Risiken erscheinen unkalkulierbar? In diesem Fall bietet sich ein Investment in Galenica an. Ihr Geschäftsmodell sei «ausgesprochen defensiv», sagt Andy Schnyder, Analyst und Partner beim Fondsanbieter zCapital. Die auf die Schweiz fokussierte Gesundheitsgruppe Galenica kenne «wenig Nachfrageschwankungen und dürfte von einem möglichen Zollkrieg mit den USA kaum betroffen sein».

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Die Aktien haben ihre defensiven Qualitäten in der bisher heissesten Phase der Zolldiskussionen überzeugend bewiesen: In den fünf Handelstagen nach dem 2. April, an dem US-Präsident Donald Trump sein Zollpaket verkündete, bis zum 9. April, an dem er eine neunzigtägige Zollpause anordnete, haben die Galenica-Titel nichts eingebüsst, als Einzige unter den Werten aus dem Schweizer Leitindex SMI und dem Mid-Cap-Index SMIM.

Grosse Marktanteile

Im Gesundheitsmarkt der Schweiz übt Galenica als integrierte und breit diversifizierte Gruppe eine zentrale Rolle aus. Sie verfügt über das landesweit grösste Apothekennetz: Es umfasst vorab über die Ketten Amavita, Sun Store und Coop Vitality, ein 49-51-Joint-Venture mit Coop, derzeit 376 eigene Verkaufspunkte. Eingeschlossen darin ist auch die Schweizer Online-Apotheke Mediservice, ein 49-51-Joint-Venture mit Redcare Pharmacy, Europas führendem Versandhändler für Medikamente.

Die Tochter Verfora vertreibt über den Fachhandel rezeptfreie Arzneimittel sowie Gesundheits- und Schönheitsprodukte von anderen Herstellern wie Procter & Gamble. Zu ihrem Portfolio gehören auch rund hundert Eigenmarken, darunter national bekannte wie die Schmerzmittel Algifor und Perskindol oder das Desinfektionsmittel Merfen.

Als Medikamentenhändlerin hat die Gruppe mit Sitz in Bern die landesweit grössten Lager- und Vertriebsstrukturen. Die im Grosshandel tätigte Tochter Galexis und die auf die Lagerung von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten ausgerichtete Alloga halten in der Schweiz Marktanteile von gegen 50%. Die Tochter HCI Solutions treibt die Vernetzung im Gesundheitswesen voran, indem sie Daten zu Arzneimitteln und Gesundheitsproduktion strukturiert, codiert und an alle Beteiligten verteilt.

Ein Teil der DNA von Galenica

Galenica operiert in einem herausforderungsreichen Umfeld. Dazu gehört, dass es in der Schweiz zu viele Apotheken gibt: Der Markt gilt als saturiert.

Die immer weiter steigende Gesundheitskosten werden mehr und mehr zum Problem. Gemäss den Prognosen der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich dürften die Gesundheitsausgaben in diesem Jahr einen Anteil von 12,1% am Bruttoinlandprodukt erreichen, im Jahr 2020 waren es erst 9.1%. Wie Galenica im jüngsten Geschäftsbericht bemerkt, gelte das Gesundheitswesen «als einer der wichtigsten Reformbereiche der Schweiz».

Die Bemühungen zur Kostenkontrolle spürt auch die führende Gesundheitsdienstleisterin des Landes: Sie muss wegen behördlicher Einwirkungen auf bestehenden Medikamente Preissenkungen von 1 bis 2% pro Jahr einkalkulieren. Aber der Umgang mit derartigen Regulierungen und dem Kostendruck gehöre «zur DNA von Galenica», meint Anton Zahner, Vermögensverwalter bei ARTIS Partner.

Wie pragmatisch und effizient die Galenica-Führung mit Herausforderungen umzugehen vermag, zeigt sich beim Thema des Versandhandels, der den physischen Apotheken über kurz oder lang einen grossen Teil ihres Geschäfts abgraben wird – das gilt speziell dann, sollte die Liberalisierung des OTC-Marktes einmal Tatsache werden: Bisher wird in der Schweiz auch für nicht verschreibungspflichtige respektive OTC-Medikamente noch ein Rezept benötigt, um sie versenden zu dürfen. Eine Liberalisierung der Praxis muss zur Folge haben, dass sich ein gewichtiger Teil des OTC-Marktes zum Online-Handel verschieben wird.

Gegenüber Unternehmensbeobachtern hat die Galenica-Führung stets gesagt, dass sie im Bereich des Online-Handels dann aktiv werde, wenn es erforderlich sei. Das war aus ihrer Sicht im März 2023 der Fall, als sie eine Partnerschaft mit dem grossen Versandhändler Redcare Pharmacy einging: An dem daraus entstandenen Joint Venture Mediservice, der führenden Online-Apotheke der Schweiz, hält Galenica 49%. Dazu kam sie in den Besitz eines 8%-Aktienanteils an Redcare, der später auf gut 10% aufgestockt wurde.

Redcare-Beteiligung als Absicherung

Aus Sicht von Zahner von Artis Partner ist Galenicas Vorstoss im Online-Handel im richtigen Moment gekommen, «nicht zu früh und nicht zu spät». Das Gegenbeispiel liefert DocMorris, die beim Aufbau des Online-Geschäfts in Deutschland viel Geld verbrannt hat und zudem noch ihr rentables Schweizer Geschäft an die Migros verkaufen musste.

Galenica ist dagegen heute zusammen mit Partner Redcare eine Macht im Versandhandel für Medikamente in der Schweiz. Dazu macht sich die 10%-Beteiligung an Redcare für die Berner bezahlt: Ihr Einstieg erfolgte zu einem Preis von 72 €, inzwischen notieren die Redcare-Aktien auf über 129 €. Die Wertsteigerung mache sich zwar nicht direkt im Gewinn der Galenica Gruppe bemerkbar, so Zahner. Dennoch wirke die Beteiligung an Europas grösstem Versandhändler als «eine gute Absicherung», wenn die traditionellen Absatzkanäle über die Apotheken unter Druck kämen.

Neue, teurere Medikamente als Treiber

So gelingt es Galenica, sich stetig weiterzuentwickeln und die Gelegenheiten zu nutzen, die sich bei allen Herausforderungen im gesättigten Apothekenmarkt bieten. Denn ihre Umsatzentwicklung ist letztlich an die Gesundheitsausgaben im Land gekoppelt und diese steigen weiter, getrieben durch die wachsende Bevölkerung und die zunehmende Alterung, mit der der Bedarf an medizinischer Versorgung steigt.

Analyst Schnyder von zCapital verweist noch auf einen weiteren, aus seiner Sicht zentralen Wachstumstreiber für Galenica: Es kämen mehr und mehr neue und oftmals teurere Medikamente auf den Markt.

Konstantes Wachstum

Vor diesem Hintergrund hat Galenica im vergangenen Jahr den Umsatz deutlich um 4,7% auf 3,9 Mrd. Fr. gesteigert: Damit habe man das Marktwachstum übertroffen und «in allen wesentlichen Geschäftsbereichen Marktanteile gewinnen» können. Das Apothekennetz wurde weiter gestärkt: Strategiekonform standen mehr als einem Dutzend Akquisitionen und Neueröffnungen auch Schliessungen gegenüber, sodass die Anzahl Verkaufspunkte sich netto um sieben erhöhte.

Gleichzeitig stieg der adjustierte Betriebsgewinn (Ebit) um 10,3% auf 211 Mio. Fr., ohne die das Vorjahr belastenden Sonderfaktoren hätte die Zunahme 4,9% betragen.

Der letztjährige Geschäftsverlauf stützt damit die langfristige Entwicklung: In den acht Jahren seit dem Börsengang ist der Umsatz von Galenica im Durchschnitt gegen 5% pro Jahr gestiegen, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tochter Mediservice nicht mehr voll konsolidiert wird. In derselben Zeit stieg der Gewinn je Aktie weit überproportional um mehr als 10% pro Jahr.

Überdurchschnittliche Aktienrendite

Diese kontinuierlichen Fortschritte des Unternehmens schlagen sich in der Aktienkursentwicklung nieder: Verglichen zum Emissionspreis von 39 Fr. beim Börsengang im April 2017 haben die Titel um 117% auf 84.75 Fr. zugelegt.

Dazu gesellen sich die Ausschüttungen: Value-Investor Zahner von ARTIS Partner schätzt es, dass sie sukzessive steigen, auch wenn die Dividendenrendite mit derzeit 2,7% für ihn nur «mittelprächtig» ausfällt. Schnyder von zCapital unterstreicht, dass Galenica die Dividende seit dem Börsengang um rund 5% pro Jahr erhöht hat.

Mit den Ausschüttungen haben die Galenica-Aktien in ihrem bisherigen Börsendasein eine Gesamtrendite von 158% erbracht. Zum Vergleich: Der Swiss Performance Index, in dem die Dividenden mit einberechnet werden, hat zur gleichen Zeit um 69% zugelegt.

Qualität hat ihren Preis

Es bleibt die Frage, ob die Galenica-Aktien preiswert zu haben sind. Gemessen am geschätzten Gewinn für 2025 weisen sie ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 23 auf. Die Zürcher Kantonalbank hat angemerkt, dass die Titel zu einem aus ihrer Sicht «stolzen» Verhältnis von Unternehmenswert zu Ebit 2025 von über 18 gehandelt würden.

Vermögensverwalter Zahner hält die Bewertung von Galenica zwar nicht für niedrig, aber «für gut vertretbar», angesichts der Qualitäten des Unternehmens und des Umstandes, dass weder der Zollstreit noch eine allfällige Rezession seinen Geschäftsverlauf wesentlich beeinträchtigen.

Schnyder sieht derzeit anhand des Discounted-Cashflow-Modells für die Galenica-Aktie einen fairen Wert von knapp unter 80 Fr. Dank weiterhin attraktivem Gewinnwachstum sollte dieser Wert auch in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen.

Risiko-Ertrags-Profil überzeugt

Für Schnyder bietet eine Anlage in Galenica gerade in dieser schwierigen Zeit ein hervorragendes Risiko-Ertrags-Profil: In einem sich eintrübenden wirtschaftlichen Umfeld dürfte sich die Aktie des defensiven Gesundheitsdienstleisters besser entwickeln als der Gesamtmarkt.

The Market geht konform mit den Ansichten der Vermögensverwalter. Galenica generiert mit ihrem Geschäftsmodell, das sich auch in Krisen bewährt hat, stetes Wachstum. Das Unternehmensführung hat bewiesen, dass sie die Herausforderungen in ihrem Markt zu bewältigen und die Chancen zu nutzen weiss. Bei einer Eigenkapitalquote von 51% und Nettoschulden des 1,6-Fachen des adjustierten Betriebsgewinns auf Stufe Ebitda ist der Gesundheitsdienstleister zudem solide finanziert.

Die Aktien von Galenica sind eine empfehlenswerte Anlage – besonders für die schwierigen Tage.

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