Am Sonntag führt Lineker ein letztes Mal durch die Fussballsendung «Match of the Day». Das Verhältnis zwischen ihm und dem öffentlichrechtlichen Sender war schon vor dem Antisemitismus-Skandal belastet.

Am Montagmittag postete Gary Lineker eine Videobotschaft von sich auf Instagram – ohne jeden Betreff. Allerdings wusste auch so wohl jeder, der die kontroverse Nachrichtenlage um ihn herum in den vergangenen Tagen verfolgt hatte, worum es sich handelte: um sein Ende als freier Sportmoderator bei der British Broadcasting Corporation (BBC), der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalt in Grossbritannien.

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Sein Aus nach 26 Jahren auf dem Sender bestätigte Lineker, 64, dann nach der Hälfte seiner eindreiviertel Minuten langen Aufnahme. Er denke, es sei «für alle Beteiligten das Beste», wenn er sich von all seinen Moderationstätigkeiten bei der BBC per sofort zurückziehe.

Er teilte einen antisemitischen Post

Seine Anstellung schien nämlich unhaltbar geworden zu sein, nachdem er vor einer Woche einen Videobeitrag der Gruppe «Palestine Lobby» auf seinem Instagram-Account geteilt hatte, der die Schlagzeile «Zionismus in zwei Minuten erklärt» trug und daneben eine Ratte als Illustration abbildete. Unter Zionismus versteht man gemeinhin eine Bewegung, die einen eigenständigen jüdischen Staat im Mittleren Osten anstrebt; die Ratte gilt in dem Kontext als antisemitische Verunglimpfung, mit der Juden einst von Nazideutschland bezeichnet wurden.

Der Vorfall löste eine riesige Welle der Empörung aus, sofort wurden Rücktrittsforderungen laut. Zwar löschte Lineker den Beitrag kurz nach der Veröffentlichung wieder und entschuldigte sich schnell. Dies tat er in seiner Abschiedserklärung erneut: Lineker räumte seinen Fehler ein und sagte, er verstehe die Verärgerung, die er mit dem Teilen des Posts ausgelöst hatte. Zudem versicherte er, sich gegen alle Formen von Rassismus zu stellen und nannte explizit den Antisemitismus, den er «absolut verabscheue», wie er sagte.

Allerdings war der Reputationsschaden, den die BBC durch Lineker zuletzt erlitten hatte, für diesen kaum mehr reparabel. Denn die Unparteilichkeit gehört zum höchsten Gebot in der Berichterstattung des Senders, er fordert sie vom gesamten On-Air-Personal ein. Und Lineker hatte sich darüber hinaus schon einmal angreifbar gemacht, als er im März 2023 von der BBC vorübergehend suspendiert worden war. Damals hatte er in einem Post die gnadenlos wirkende Migrationspolitik der britischen Regierung kritisiert und deren Wortwahl mit jener von Nazis in den 1930er Jahren verglichen. Nach einer Solidarisierungsaktion von Kollegen und Landsleuten mit Lineker holte ihn der Sender seinerzeit pikiert zurück.

Lineker war der Bestverdiener in der BBC

Seitdem wirkte das Verhältnis jedoch angespannt, woran Lineker sicher nicht unschuldig ist. Immer wieder eckte er mit seinen Aktivitäten und Meinungen öffentlich an. Dabei wollte er diese stets als Einsatz für Minderheiten und humanitäre Themen verstanden wissen. Darüber hinaus ist er mit 1,35 Millionen Pfund der Bestverdiener in der zum Sparen gezwungenen BBC, die zudem einen Generationswechsel plant. Im November 2024 hatte sich der frühere englische Nationalstürmer, der nach der Profikarriere ins TV-Geschäft gewechselt war, mit dem Sender darauf verständigt, nach der Fussball-WM 2026 in Nordamerika ganz abzutreten. Bis dahin war geplant gewesen, dass er in der nächsten Saison noch durch die BBC-Spiele im FA-Cup führt. Beide Anlässe werden nun mit noch nicht bekanntem Personal besetzt werden.

Bei der BBC-Flaggschiff-Fussballsendung «Match of the Day», die Lineker seit 1999 moderiert, hätte er ohnehin bereits zu diesem Saisonende aufgehört. Mutmasslich um seine letzte Ausgabe von «Match of the Day» am kommenden Sonntag zu retten, in dem alle Partien des letzten Premier-League-Spieltags zusammengefasst werden, einigte sich Lineker mit der BBC auf einen vorzeitigen Rückzug. Linekers Nachfolge wird ein Trio bilden, neben Mark Chapman werden mit Gabby Logan und Kelly Cates erstmals zwei Frauen moderieren.

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