Dienstag, April 22

Das ist Rafah, die südlichste Stadt im Gazastreifen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu will sie angreifen. US-Präsident Biden warnt ihn davor. Was will Israel mit einem Angriff erreichen, und was wären die humanitären Konsequenzen?

Seit dem 14. April ist vor allem Irans Angriff auf Israel in den Schlagzeilen. Dabei läuft Israels Offensive im Gazastreifen weiter, und im Süden könnte demnächst etwas Wichtiges passieren.

Rafah liegt hier, direkt an der Grenze zu Ägypten. Stand jetzt befinden sich dort mehr als eine Million Menschen. Daneben auch fünf- bis achttausend Hamas-Kämpfer und einige ihrer Anführer, militärische Infrastruktur der Hamas – etwa Tunnel –, Waffen und israelische Geiseln. Das vermuten jedenfalls die israelischen Streitkräfte.

Die Hamas, das ist jene Terrororganisation, die den Gazastreifen kontrolliert, die vor einem halben Jahr, am 7. Oktober 2023, in Israel eingefallen ist und dort 1200 Menschen abgeschlachtet und weitere 250 entführt hat.

Daraufhin haben die israelischen Streitkräfte eine Offensive begonnen. Sie wollten einerseits die Hamas ausschalten und andererseits die Geiseln befreien. Der Krieg hat im Norden des Gazastreifens begonnen, und das israelische Militär hat Korridore geschaffen, um die Zivilbevölkerung nach Süden zu bringen. Aber auch die Armee ist stückweise nach Süden vorgerückt, Richtung Khan Yunis. Die zivile Bevölkerung musste also noch weiter nach Süden fliehen – Richtung Rafah.

Jetzt sind in Rafah und der umliegenden Region mehr als eine Million Menschen. Vor dem 7. Oktober waren es eine Viertelmillion. Auf diesen Satellitenbildern sieht man, wie die Bevölkerungsdichte in Rafah seit Monaten steigt, weil immer mehr Zivilisten dort Schutz suchen. Die humanitäre Lage ist fürchterlich: Es fehlt an Nahrung, sauberem Wasser, Medikamenten, Sanitäranlagen.

Ein Angriff würde die Lage noch einmal verschlimmern. Israel kündigt seit Mitte Februar eine Offensive an; jetzt soll ein Datum feststehen. Dieses Datum dürfte sich nach den Angriffen Irans auf Israel aber wieder verschoben haben. Noch ist nicht klar, wie Israel auf die 300 Geschosse reagieren wird, die Iran am 14. April auf das Land abgeschossen hat. Jedenfalls wird eine Antwort aber militärische Ressourcen in Anspruch nehmen, die Israel dann nicht im Gazastreifen einsetzen kann.

Netanyahus ultrarechte Minister bestehen auf die Offensive in Rafah, der Ministerpräsident selbst auch. US-Präsident Biden warnt aber vor einem Angriff ohne einen klaren Plan zum Schutz der Zivilbevölkerung. Die USA sind eigentlich Israels nächster Verbündeter, aber selbst sie finden die humanitären Kosten der Offensive nach dem 7. Oktober nicht mehr gerechtfertigt. Israel hat zwar erklärt, vor einer Offensive die Zivilbevölkerung evakuieren zu wollen, aber wie und wohin, ist bis jetzt niemandem ganz klar.

Wann, wie und ob es wirklich zu einem Angriff in Rafah kommt, werden zum Teil auch die Verhandlungen entscheiden, die Israel momentan mit der Hamas über die Freilassung der Geiseln führt.

Das Nachbarland Ägypten weigert sich offiziell, flüchtende Menschen aufzunehmen. Die ägyptische Regierung spricht von Sicherheitsbedenken. Ägypten befürchtet, dass auch Hamas-Kämpfer so nach Ägypten gelangen könnten.

Seit dem 7. Oktober ist der Grenzübergang zu Ägypten geschlossen; nur im November letzten Jahres durfte für kurze Zeit humanitäres Hilfsmaterial nach Gaza.

Satellitenbilder zeigen aber, dass Ägypten nahe dem Grenzübergang jetzt ein grosses, ummauertes Areal baut. Man spricht offiziell von einem «Logistik-Hub» für Hilfsgüter. Die BBC stuft diese Erklärung als unrealistisch ein, und Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass Ägypten sich auf Flüchtlingsströme vorbereitet.

Exit mobile version