Dienstag, März 4

Die Mitte-Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd haben sich am Montag den Miliz-Verbänden der Armee vorgestellt. Sie versprachen eine Empfehlung und kamen am Schluss zu einer speziellen Entscheidung.

Junge Soldatinnen und Soldaten im Tarnanzug rennen an der Mannschaftskaserne in Bern entlang, sie sind mitten in der Ausbildung. Drinnen stellen sich ihre potenziell künftigen Chefs den Fragen des Verbands Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) und dessen Präsidenten, Stefan Holenstein.

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Drei Dutzend mehrheitlich ältere Herren, vereinzelt auch Frauen, haben sich in der Kaserne versammelt – nicht uniformiert, dafür im Anzug. Sie repräsentieren oder präsidieren die 36 Mitgliedervereine des VMG, verstehen sich als Stimme der Milizsoldaten, aus denen die Schweizer Armee besteht. Auf den Tischen vor ihnen liegen zwei identische Papiere: Je ein Bewertungsbogen für die Mitte-Bundesratskandidaten Markus Ritter und Martin Pfister. Einer von ihnen wird sehr wahrscheinlich das Verteidigungsdepartement (VBS) übernehmen müssen.

Doch davor müssen sich die Kandidaten dem öffentlichen Hearing des Milizverbands stellen – an dessen Ende sogar eine Wahlempfehlung versprochen wird.

Leidenschaft bei Ritter – Fachliches Know-how bei Pfister

Den Anfang machte Nationalrat und Bauernverbandspräsident Markus Ritter. Er erklärte, dass nach dem Eklat im Weissen Haus der Bevölkerung und dem Parlament bewusst geworden sei, wie wichtig Sicherheitspolitik jetzt sei. Bereits im Hearing der Landwirtschaftsvertreter sei ihm dies aufgefallen: «Sie haben auch landwirtschaftliche Themen abgefragt, aber 80 Prozent der Fragen drehten sich um Sicherheitspolitik.» Ritter hielt anschliessend ein leidenschaftliches Plädoyer für die Landesverteidigung: Die Armee sei heute nicht verteidigungsfähig und habe praktisch überall Fähigkeitslücken: «Das kann ja nicht dem Verfassungsauftrag entsprechen.» Nicken im Raum.

Weniger erfreut schienen die Anwesenden, als es um das Thema Finanzen ging. Markus Ritter bestätigte den Kompromiss des Parlamentes: Die Armeeausgaben sollen bis 2032 auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes steigen. «Das Parlament hat sich darauf geeinigt», auf diesen Entscheid werde er auch als Bundesrat nicht zurückkommen, sagte Ritter.

Fachlich war er allerdings nicht immer sattelfest. Bei der Frage, wie die veralteten Systeme der Bodentruppen im Heer ersetzt werden sollten, sagte er: «Der Flieger ist bestellt.» Er meinte die neuen Kampfjets F-35, eine Investition in die Luftwaffe. Auch kannte er den Begriff «Dissuasion», also Abschreckung, nicht, was im Saal für irritierte Blicke sorgte.

Dafür konnte der Zuger Regierungsrat Martin Pfister mit seinem sicherheitspolitischen Fachwissen punkten. Er schien sich wohlzufühlen in der Militärkaserne. «Ich habe hier vor etwa 25 Jahren einen Kurs in Kriegsvölkerrecht besucht», erklärte der Milizoberst mit Blick in den Saal. Betreffend Armeefinanzen, sagt er, dass er sich für eine schnellere Erhöhung einsetzen würde, zuerst brauche es aber wieder mehr Vertrauen in das VBS. Ausserdem sei ein neues Dienstmodell wichtig. Er würde dies schnell anpacken, sollte er VBS-Chef werden: «Das ist eine zentrale Frage. Wenn unsere Armee nicht glaubwürdig ist, verlieren wir noch mehr Leute.» VMG-Präsident Stefan Holenstein nickte zustimmend.

Doch auch Pfister passierte ein inhaltlicher Fauxpas: Er zählte Norwegen nicht zum Verteidigungsbündnis Nato, obschon dies eines der Gründungsmitglieder ist.

Einladung zum Hearing sorgte für Zwist

Dass die Miliz-Verbände der Arme die Bundesratskandidaten zum Hearing aufgeboten hatten, ist ungewöhnlich. Solche Vorstellungsrunden sind eigentlich den Fraktionen vorbehalten. Der Präsident der Schweizer Offiziersgesellschaft, Dominik Knill, distanzierte sich denn auch öffentlich von diesem Vorgehen. Anhörungen seien den politischen Parteien vorbehalten: «Sonst könnte ja irgendein Verein auf die Idee kommen und Bundesratskandidaten zum Hearing vorladen.»

Tatsächlich gibt es aber immer mehr Interessenvertreter, welche die Bundesratskandidaten jeweils einladen. So wurden Ritter und Pfister von den bäuerlichen Vertretern im Bundeshaus zum Hearing eingeladen und am 10. März prüft sie der Frauendachverband Alliance F.

Ähnlich wie im Vatikan zog sich der VMG am Montag für die Wahlempfehlung zurück, quasi zu einer «militärischen Konklave».

Bei den VMG-Mitgliedern punktete Ritter, da er mehr Feuer und Leidenschaft versprüht hatte. Es braucht jetzt einen mit Ego und mit «Pfupf», sagte einer der Teilnehmer. Ein weiterer meinte: «Regierungsrat (Pfister) reicht vielleicht, um ein Bataillon zu führen, aber für das ganze VBS muss ein Nationalrat (Ritter) her». Ganz anders tönte es bei zwei jungen Offizierinnen, die den Anlass besucht hatten: «Bei Pfister haben wir gemerkt, dass er weiss, wovon er spricht. Man spürt seinen militärischen Hintergrund.» Ritter habe hingegen den Eindruck erweckt, dass er gewisse Dinge nur sage, um Stimmen zu gewinnen.

Nach einer guten halben Stunde kam VMG-Präsident Holenstein aus dem Saal für die Wahlempfehlung des Verbandes. Die Mitglieder hätten sich schwer getan und mit sich gerungen. Das Resultat: «Wir können uns nicht für einen Favoriten entscheiden.» Deshalb gebe der Verband nun doch keine Empfehlung ab.

Für die Wahl selbst hätte das Votum sowieso kaum Einfluss gehabt. Entscheiden werden die Mitglieder des Parlamentes am 12. März.

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