Montag, September 30

Die Organisation Kompass Europa macht ihre Ankündigung wahr: Am Montag lanciert sie eine Volksinitiative, die ein institutionelles Abkommen mit der EU verhindern soll.

Die Organisation Kompass Europa bestand lange im Wesentlichen aus den Gründern der Partners Group: Alfred Gantner, Marcel Erni und Urs Wietlisbach. Die drei ehemaligen Goldman-Sachs-Banker haben es mit ihrem auf Private Equity spezialisierten Unternehmen zu einem Milliardenvermögen gebracht. Doch die drei Partner verbindet mehr als Finanzdienstleistungen. Sie sind der Überzeugung, dass sich die Schweiz nicht institutionell an die EU anbinden sollte. Man trete für eine weltoffene Aussenwirtschaftspolitik mit allen Handelspartnern ein – nicht nur mit den europäischen, heisst es im Manifest, das die Gruppe als Reaktion auf den mittlerweile Geschichte gewordenen Rahmenvertrag publiziert hat.

Eine Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz sei zwar erstrebenswert, heisst es weiter, aber die Zusammenarbeit müsse auf Augenhöhe stattfinden. Die demokratischen Strukturen der Schweiz, die völkerrechtliche Souveränität, die demokratischen Institutionen und die föderalistischen Strukturen dürften keinesfalls infrage gestellt werden. Das gelte insbesondere auch für die damit verbundenen Volksrechte.

Dynamische Rechtsübernahme mittels Verfassungsänderung verunmöglichen

Ihre Skepsis gegenüber dem Rahmenvertrag hat die Organisation auch auf das neue Paket übertragen. Am Montag wird Kompass Europa in Bern eine Initiative mit dem Namen «Für eine direktdemokratische und wettbewerbsfähige Schweiz» lancieren. Ziel des geplanten Volksbegehrens: ein institutionelles Abkommen mit der EU unter den bekannten Bedingungen und eine «EU-Passivmitgliedschaft» zu verhindern. Zu diesem Zweck solle eine sachbereichsübergreifende dynamische Rechtsübernahme mittels Verfassungsänderung verunmöglicht werden.

Wie die Initiative konkret formuliert ist, geht aus der letzte Woche versandten Medieneinladung nicht hervor. Aber das Ziel ist klar: Zu einem institutionellen Abkommen mit der EU soll es unter den bekannten Rahmenbedingungen nicht kommen.

Offenbar hat die Organisation die vergangenen Monate gut genützt, denn sie ist grösser und breiter geworden. Neben den drei Partners-Group-Gründern und anderen Wirtschaftsvertretern engagieren sich neu auch Prominente aus Kultur, Sport und Wissenschaft bei Kompass Europa. Unter ihnen: Kurt Aeschbacher, Bernhard Russi und Dieter Meier.

Der Auftakt zum Initiativstart ist klug gewählt. Bis Ende Jahr wollen der Bundesrat und die EU eine Art Bilaterale III unter Dach und Fach bringen, und in der vergangenen Woche haben die Schweiz und die EU engagierte Verhandlungen geführt. Nach dem Abbruch im Mai 2021 hatte es eine Weile gedauert, bis es zu einer Wiederannäherung kam. Drei Jahre später verabschiedete der Bundesrat ein neues Verhandlungsmandat, und die Gespräche wurden wieder aufgenommen.

Das neue Abkommen orientiert sich zwar am alten, enthält aber einige wesentliche Änderungen: Statt an einem Rahmenvertrag orientieren sich die Schweiz und die EU-Kommission an einem Paketansatz für die betroffenen Abkommen. Die im Rahmenvertrag verankerte «Super-Guillotineklausel», die dazu geführt hätte, dass bei der Kündigung eines Abkommens auch alle anderen unterstellten Verträge gekündigt worden wären, entfällt.

Neue Verhandlungen laufen besser als die alten

Das Paket umfasst auch neue Abkommen zu den Themen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit. Zudem will der Bundesrat neu über die Zuwanderung reden. Konkret soll eine Ventilklausel ausgehandelt werden, die es der Schweiz erlaubt, die Zuwanderung zu drosseln, wenn die negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Wirtschaft zu gross würden.

Was der genaue der Stand der Verhandlungen ist, ist unbekannt. Offenbar wurden aber verschiedene Verbesserungen erreicht. So etwa im Bereich der Streitschlichtung. Sind sich die Schweiz und die EU uneins über die Umsetzung eines Vertrags oder weigert sich die Schweiz, etwas umzusetzen, das nach EU-Recht nötig wäre, haben beide Parteien die Möglichkeit, ein Schiedsgericht anzurufen. In letzter Instanz entscheidet dann der Europäische Gerichtshof (EuGH), ob EU-Recht verletzt wurde oder nicht. Ist dies der Fall, kann die EU die Schweiz nicht einfach abstrafen. Die Schweiz kann EU-Gesetze weiterhin ablehnen. Aber sie muss Gegenmassnahmen gewärtigen, und die müssen verhältnismässig sein. Ob sie das sind, entscheidet dann das Schiedsgericht, in dem beide Partner vertreten sind. Und das ohne Mitsprache des EuGH. Dies als Absicherung des kleineren Partners vor den «Nadelstichen» der EU.

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