Montag, September 30

In der Abstimmung vom 22. September geht es darum, wie das ehemalige Meteo-Schweiz-Gebäude künftig genutzt werden soll.

Schulhäuser haben es eigentlich leicht in Zürich. Soll ein neues gebaut oder ein altes erneuert werden, dann stellen sich die meisten Parteien hinter die Pläne des Stadtrates – egal wie teuer die Sache werden soll. Und an der Urne erreichen die Abstimmungskredite Zustimmungswerte, wie sie sonst nur aus totalitären Staaten bekannt sind – also zwischen 80 und 90 Prozent Ja-Stimmen.

Doch diesmal ist die Sache anders: Die Schulhauspläne des Stadtrates auf dem Zürichberg haben für Widerstand auf überraschender Seite gesorgt. Nicht etwa die Parlamentarier der SVP kämpfen an vorderster Front gegen ein «überteuertes» Schulhaus, sondern die Grünen.

Im Stadtparlament kritisierten sie die «teure Zürichberg-Lösung», die ohnehin unnötig sei. Und brachten den Stadtrat zunächst sogar zum Einknicken und zum Rückzug seiner Vorlage. In einem zweiten Anlauf brachte die Exekutive das Geschäft dann zwar durchs Parlament, die Grünen argumentierten aber weiterhin dagegen. Am 22. September wird sich die Stadtbevölkerung an der Urne dazu äussern können.

Was stört die Grünen so am neuen Schulhaus, dass sie sich dem linken Stadtrat in überraschender Opposition entgegenstellen?

Grüne: Günstige Wohnungen statt teure Schule

Beim umstrittenen Geschäft geht es um ein temporäres Schulhaus, das auf dem Zürichberg entstehen soll – und dies zu beträchtlichen Kosten. Die Sekundarschülerinnen und Sekundarschüler sollen zehn Jahre lang in einer Liegenschaft unterrichtet werden, in der einst Meteo Schweiz untergebracht war. Das markante Gebäude unterhalb des Zoos hatte die Stadt Ende 2021 für 29 Millionen Franken vom Bund erworben. Dieses soll nun für rund 34 Millionen Franken so saniert und umgebaut werden, dass dort temporär neun Schulklassen Platz finden.

Eingeschlossen ist in diesen Kosten der Bau einer temporären Turnhalle sowie die stadtinterne Miete der Liegenschaft. Abgestimmt wird aber nur über einen Kredit von 22,9 Millionen Franken. Den Rest hat der Gemeinderat in eigener Kompetenz gesprochen.

Aus Sicht des Stadtrats ist das Projekt zwingend nötig, und genau das bestreiten die Grünen. Es brauche gar nicht so viel zusätzlichen Schulraum. Und der wenige Platz, den es zusätzlich brauche, könne auch mittels Provisorien geschaffen werden. Damit liesse sich nicht nur Geld sparen, sondern das ehemalige Meteo-Schweiz-Gebäude könnte auch sinnvoller genutzt werden, finden die Grünen. Die Stadt könnte dort «preisgünstige Wohnungen» bauen. Von denen gebe es auf dem Zürichberg viel zu wenige.

Mit ihren Argumenten konnten die Grünen im letzten November diverse Parteien hinter sich scharen: SP, GLP, AL und SVP – wobei letztere freilich nichts von den preisgünstigen Wohnungen wissen wollte. So oder so hätte dies gereicht, um die Vorlage zurückzuweisen. Der Stadtrat wollte sich die Blamage ersparen und zog die Vorlage unmittelbar vor der Parlamentsdebatte zurück.

Mitte Juni wagte die Exekutive einen neuen Anlauf im Gemeinderat. Der Plan war im Grunde immer noch der gleiche, nur seine Argumente hatte der Stadtrat etwas geschärft.

In seiner überarbeiteten Weisung schrieb er, dass er nochmals sorgfältig alles geprüft habe: Alternativen zu seinem Plan gebe es nicht. Nicht nur brauche es wegen des Bevölkerungswachstums Platz für vier bis fünf neue Klassen. Es müssten auch die Sekundarschulstandorte Hirschengraben und Hofacker dringend entlastet werden. Dort fehle es an Spezialräumen, wie Handarbeits- oder Reservezimmern.

Zudem sei noch nicht geklärt, wie das ehemalige Meteo-Schweiz-Gebäude nach der temporären Schulnutzung verwendet werden solle. Ob und wie die Liegenschaft in ein Wohnhaus umfunktioniert werden könne, müsse nun erst einmal sauber evaluiert werden, zumal das Gebäude denkmalgeschützt sei.

Stadtrat: Man kann nicht einfach irgendwo Pavillons aufstellen

Die Grünen konnte der Stadtrat mit dieser Weisung aber weiterhin nicht überzeugen. Der pensionierte Mathematiklehrer Balz Bürgisser rechnete dem Stadtrat im Parlament vor, dass es keineswegs zusätzlichen Platz für neun Klassen brauche. Ziehe man die offiziellen städtischen Prognosen zu Rate, sehe man, dass die maximale Schülerzahl auf dem Zürichberg bereits in drei Jahren erreicht sei. Dannzumal werde es Platz für vier zusätzliche Klassen brauchen. Und diese könnten problemlos in einem Pavillon untergebracht werden, befand Bürgisser.

Statt im alten Meteo-Schweiz-Gebäude endlich dringend benötigten Wohnraum zu erstellen, «schafft der Stadtrat Überkapazitäten im Schulbereich», sagte Bürgisser. Um die temporäre Schule auszulasten, hole man gar eigens Klassen aus dem viel zu weit entfernten Schulkreis Waidberg hinzu.

Dem widersprach der Stadtrat. Der Schulvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) sagte, die nötigen Kapazitäten seien seriös abgeklärt worden, und man könne am Zürichberg nicht einfach irgendwo Schulpavillons aufstellen. Zudem lasse sich Wohnraum im ehemaligen Meteo-Schweiz-Gebäude schlicht nicht so schnell realisieren, wie sich das die Grüne vorstellten.

Am Ende stand Aussage gegen Aussage und die meisten Parteien schlossen sich der Argumentation des Stadtrats an. Den Grünen blieb als einzige Verbündete die SVP. Folglich votierte dann eine deutliche Mehrheit für die temporäre Schule auf dem Zürichberg. Die Stimmbevölkerung dürfte es dem Gemeinderat am 22. September gleichtun – aber vielleicht fällt die Unterstützung ob des überraschenden Widerstands etwas weniger deutlich aus als üblich.

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