Mittwoch, November 27

Einheimische beklagen seit Jahren, dass die hohe Zahl von Ferienwohnungen zu einer Wohnungsknappheit führe. Nun greift Barcelonas linker Bürgermeister diese Problematik auf und entscheidet sich für eine radikale Massnahme.

(etz./Reuters/dpa) «Barcelonaaa», sangen Freddie Mercury und Montserrat Caballé, «wie ein Juwel in der Sonne», und weiter: «Barcelonaaa, öffne deine Türen für die Welt». Die beiden musikalischen Weltstars luden mit ihrer Hymne Sportler und Hunderttausende Besucher zu den Olympischen Spielen 1992 in die spanische Metropole. Nun, 32 Jahre später, will Barcelonaaa seine Türen wieder schliessen.

Olympia ist in der Stadt lange passé, doch die vielen Besucher kommen weiter. Der Massentourismus ist für Barcelona ein Millionengeschäft. Aber auch ein Problem.

Viele Touristen buchen eine von mehr als 10 000 Ferienwohnungen in der Stadt. Für die Vermieter ist das wegen der hohen Nachfrage finanziell lukrativ. Gleichzeitig beklagen Einheimische immer wieder, dass sie kaum noch Mietwohnungen finden oder diese nicht mehr bezahlen können. Nun reagiert die Politik.

Ende vergangener Woche hat Jaume Collboni, der linke Bürgermeister, angekündigt, das Vermieten von Ferienwohnungen zu unterbinden. Er sagte: «In der Stadt Barcelona wird es ab 2029 keine Ferienwohnungen mehr geben, wie wir sie heute kennen.»

Keine Lizenzen mehr für Airbnb und Co.

Wer in Barcelona eine Ferienwohnung für einen kurzfristigen Aufenthalt vermietet, braucht eine Lizenz der Behörden. 10 101 Wohnungen sind derzeit für kurze Vermietungen lizenziert. Collboni will diese Zahl binnen weniger Jahre auf null senken und damit auf die Wohnungsnot der einheimischen Bevölkerung reagieren.

Er sagte, dass die Mietpreise in der katalanischen Hauptstadt in den letzten zehn Jahren um fast 70 Prozent und die Kaufpreise um etwa 40 Prozent gestiegen seien. Die Stadtverwaltung sehe sich deshalb gezwungen, per Dekret drastische Massnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten. Die bestehenden Lizenzen wolle man nach Ablauf nicht mehr erneuern.

«Wir können nicht zulassen, dass die Mehrheit der jungen Menschen, die das Elternhaus verlassen wollen, gezwungen sind, Barcelona zu verlassen», sagte Collboni. Man werde die Wohnungsnot nicht über Nacht beenden. «Diese Probleme brauchen Zeit. Aber mit dieser Massnahme markieren wir einen Wendepunkt.»

Immer mehr Unmut über Massentourismus

Der Unmut über Massentourismus nimmt vielerorts in Spanien rasant zu. Neben Barcelona gab es zuletzt auch auf Mallorca und den kanarischen Inseln grössere Proteste. Dort wird die zunehmende Besucherzahl insbesondere für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, aber auch für Umweltzerstörung, Staus, Überfüllung, Preisanstiege und Wassermangel sowie für die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung verantwortlich gemacht.

In den letzten zehn Jahren haben lokale Behörden, ähnlich wie in Barcelona, Massnahmen gegen die hohe Zahl von Ferienwohnungen ergriffen. So zum Beispiel in Lissabon oder Berlin. Barcelona geht nun deutlich weiter und erntet unterschiedliche Reaktionen.

Spaniens sozialistische Wohnungsbauministerin Isabel Rodriguez schrieb auf X, sie unterstütze die Entscheidung Barcelonas. «Es geht darum, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu gewährleisten.»

Von anderer Stelle wurde Collboni kritisiert. Der Verband für Ferienwohnungen in Barcelona schrieb in einer Erklärung: «Collboni macht einen Fehler, der zu mehr Armut und Arbeitslosigkeit führen wird.» In der Erklärung hiess es weiter, das Verbot werde zu einem Anstieg der illegalen Ferienwohnungen führen. Airbnb, die bekannteste Plattform für Ferienwohnungen, hat sich bisher nicht zum Entscheid geäussert.

Exit mobile version