Nur Stunden nachdem die amerikanischen Zölle auf Waren aus China in Kraft getreten waren, schlug Chinas Regierung zurück: Sie will unter anderem Kohle und Gas aus den USA mit Zöllen belegen – und leitet eine Untersuchung gegen Google ein.
Am Dienstag befand sich China noch in den Ferien zum chinesischen Neujahrsfest. Doch das hielt die Regierung nicht davon ab, auf die am vergangenen Wochenende von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle in Höhe von 10 Prozent auf Waren aus China zu reagieren.
Nur Stunden nachdem die neuen Abgaben aus Washington in Kraft getreten waren, kündigte die chinesische Regierung Gegenzölle auf amerikanische Waren an. So will Peking Kohle und Flüssiggas aus den USA mit einem Zoll von 15 Prozent belegen; auf Anlagen für die Ölförderung und die Landwirtschaft will China einen Zoll in Höhe von 10 Prozent erheben.
Ausserdem kündigte Chinas Antimonopolbehörde eine Untersuchung gegen den amerikanischen Tech-Konzern Google wegen angeblichen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung an. Den Mutterkonzern des Modelabels Calvin Klein, PVH, und das amerikanische, auf die Sequenzierung von Genen spezialisierte Unternehmen Illumina will Peking auf eine schwarze Liste setzen. Diese Firmen dürfen mit China nur eingeschränkt Geschäfte treiben.
Die Suchmaschine Google ist in China seit 2011 gesperrt. Allerdings unterhält der Konzern im Reich der Mitte mehrere Niederlassungen. Die Calvin-Klein-Mutter PVH nimmt Peking ins Visier, weil das Unternehmen Baumwolle aus der Uiguren-Provinz Xinjiang boykottiert. China sieht sich seit Jahren mit Vorwürfen konfrontiert, bei der Ernte und Verarbeitung von Baumwolle Zwangsarbeit einzusetzen.
Exportkontrollen für Wolfram-Produkte
Darüber hinaus verhängt China Exportkontrollen auf Produkte aus Wolfram. Diese kommen vor allem in der Rüstungsindustrie zum Einsatz. China kontrolliert 80 Prozent der weltweiten Wolfram-Produktion.
«Die einseitige Einführung von Zöllen durch die USA verletzt die Regeln der WTO», teilte das chinesische Finanzministerium am Dienstag in einer Stellungnahme mit. Die Zölle seien nicht nur ungeeignet, die Probleme der USA zu lösen, sondern sie beeinträchtigten auch die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und den USA, heisst es in der Stellungnahme.
Chinas Antwort fällt verhalten aus
Chinas Antwort auf die Zölle der Trump-Administration fällt vergleichsweise verhalten aus. Peking will offenbar eine frühe Eskalation eines drohenden Handelskriegs vermeiden und die Gesprächskanäle offen halten.
Experten sprachen von einem Warnschuss und Nadelstichen gegen die USA. Eine Sprecherin des Weissen Hauses hatte gestern mitgeteilt, Trump und der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping wollten in den kommenden Tagen miteinander telefonieren.
Die von China angekündigten Zölle dürften der amerikanischen Wirtschaft nur in sehr begrenztem Umfang schaden. Nur rund 6,5 Prozent der US-Kohle-Exporte gehen ins Reich der Mitte. Zu den Hauptlieferländern Chinas gehören Australien und die Mongolei.
Chinas Flüssiggas-Importe aus den USA steigen
Ähnlich ist das Bild beim Flüssiggas (LNG). China bezieht nur 6 Prozent seines Flüssiggases aus den USA. Allerdings ist die Tendenz steigend. Während der ersten zehn Monate des vergangenen Jahres stiegen Chinas LNG-Einfuhren im Jahresvergleich um 63 Prozent, die Abhängigkeit der USA vom chinesischen Markt nimmt zu.
Insofern ist der Zoll auf amerikanisches Flüssiggas ein kluger Schritt Pekings: Er richtet momentan nur begrenzten Schaden an, dürfte in Washington aber als klare Warnung für die Zukunft verstanden werden.
China hat allen Grund, im Handelsstreit mit den USA auf Ausgleich zu setzen. Die meisten Experten in China gehen davon aus, dass Trump mit seinen Zöllen auf chinesische Importe Ernst machen wird. «Anders als im Fall von Kanada und Mexiko werden die Zölle auf Waren aus China von Dauer sein», schreibt Louise Loo von Oxford Economics in einer Analyse.
Die Zölle drosseln Chinas Wachstum
Eine Erhöhung der amerikanischen Zölle um 10 Prozentpunkte werde das chinesische Wirtschaftswachstum um 40 Basispunkte reduzieren, so Loo. China strebt für das laufende Jahr eine Wachstumsrate von 5 Prozent an.
Zusammen mit den Zöllen aus der ersten Trump-Administration auf verschiedene Warengruppen liegt der durchschnittliche gewichtete Zollsatz auf alle US-Importe aus China nach der jüngsten Erhöhung um 10 Prozentpunkte bei 24,5 Prozent. Das haben die Ökonomen von Gavekal Dragonomics errechnet.
Besonders schmerzhaft ist für China, dass mit dem jüngsten Schritt aus Washington auch die Zollbefreiung auf kleine Lieferungen mit einem Einzelwert von bis zu 800 Dollar entfällt. Dies trifft vor allem chinesische Hersteller von Haushaltsgeräten, Konsumgütern und Elektronikprodukten.
Im vergangenen Jahr gingen rund eine Milliarde solcher Lieferungen von China in die USA. Die amerikanischen Zollbehörden bezifferten den Gesamtwert auf 54,5 Milliarden Dollar. Der tatsächliche Wert dürfte allerdings weitaus höher sein, denn viele Hersteller geben den Wert der Lieferungen in ihren Rechnungen niedriger an, als er tatsächlich ist.
Noch härter dürfte es die chinesische Wirtschaft treffen, wenn Trump seine Drohung wahr machen sollte, Lieferungen aus China mit einem pauschalen Zollsatz von 60 Prozent zu belegen. Dies würde nach Berechnungen der UBS-Experten in Hongkong das Wachstum um 150 Basispunkte schmälern.
Zhang Ning, China-Ökonom der UBS, geht davon aus, dass Washington die Zölle auf chinesische Waren in mehreren Schritten bis 2026 tatsächlich auf 60 Prozent anheben wird. Das hätte mittelbare Folgen für den Konsum und die Investitionen. Keine guten Aussichten für die ohnehin gebeutelte chinesische Wirtschaft.