Freitag, November 29

Aktien aus dem Halbleitersektor haben einen Dämpfer erlitten. In Turbulenzen sind vor allem «heisse» Namen wie Nvidia, AMD und Broadcom geraten, mit denen auf den Boom im Bereich künstliche Intelligenz spekuliert wird. Zeit, Gewinne mitzunehmen?

Die Stimmung entspannt sich wieder etwas – zumindest für den Moment. An den amerikanischen Aktienmärkten hat der Leitindex S&P 500 gestern Dienstag 1,2% fester geschlossen. Der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten rückte 1,5% vor.

An Wallstreet kommt die Saison der Quartalsabschlüsse in die entscheidende Phase. Im Tech-Sektor rapportieren heute Mittwoch Meta Platforms, IBM und der Halbleiterzulieferer Lam Research über den Geschäftsgang. Am Donnerstag folgen die Superschwergewichte Microsoft und Alphabet sowie der Chipkonzern Intel.

Einen positiven Akzent setzt Texas Instruments. Der weltgrösste Hersteller von Analog-Chips übertrifft sowohl mit dem Umsatz als auch mit dem Gewinn die Analystenschätzungen. Besonders gut aufgenommen wird der Ausblick: In der laufenden Berichtsperiode sollen sich die Einnahmen auf 3,65 bis 3,95 Mrd. $ belaufen, womit der Mittelwert von 3,8 Mrd. $ leicht über der Markterwartung liegt.

Nach einer anderthalbjährigen Serie von Enttäuschungen überrascht Texas Instruments damit angenehm. Die Aktien tendierten am Dienstag nachbörslich fast 8% fester. Die Rahmenbedingung bleiben in den meisten Endmärkten zwar schwierig. Immerhin gibt es aber erste Anzeichen für eine Aufhellung. Selbst im Industriebereich, wo die Nachfrage im vergangenen Jahr am stärksten gelitten hat, scheint sich die Situation zu stabilisieren.

Mit Blick auf den Industriesektor gab es im vergangenen Quartal «offensichtlich einige Kunden, die sich dem Ende des Lagerabbauzyklus näherten», sagte das gewohnt wortkarge TI-Management während der Ergebnisbesprechung. Das sind auch gute Nachrichten für andere Halbleiterkonzerne mit Fokus auf industrielle Komponenten wie Analog Devices, STMicroelectronics, Infineon oder NXP Semiconductors.

Einen Kurssprung von 13% machte gestern Abend Tesla. Der Umsatz des Herstellers von Elektroautos sank im ersten Quartal um 9% auf 21,3 Mrd. $, was selbst hinter den tief angesetzten Erwartungen zurückblieb. Dafür macht Konzernchef Elon Musk (einmal mehr) grosse Versprechungen: Der Produktionsstart neuer, günstigerer Fahrzeugmodelle soll «auf Anfang 2025, wenn nicht sogar auf Ende dieses Jahres» vorgezogen werden. Zudem würden Gespräche mit einem «grossen Autokonzern» über die Lizenzierung von Teslas Fahrerassistenzsystem laufen.

Am Grundproblem ändert das allerdings wenig. Das Wachstum im Markt für Elektrofahrzeuge verlangsamt sich, zugleich nimmt der Konkurrenzdruck aus China zu, was Tesla und andere Wettbewerber zu Preissenkungen zwingt. In den ersten drei Monaten resultierte ein negativer Cashflow von über 2,5 Mrd. $, nachdem das Unternehmen in der Vorjahresperiode ein Plus von gut 440 Mio. $ ausgewiesen hatte. Verantwortlich dafür werden ein 2,7 Mrd. $ grosser Aufbau der Lager sowie 1 Mrd. $ an Investitionen im Bereich künstliche Intelligenz gemacht.

Seit das Spekulationsfieber um Tesla Anfang November 2021 den Höhepunkt erreicht hatte, ist es lange her. Damals stieg der Börsenwert des Konzerns auf rund 1,24 Bio. $, was ungefähr der Bewertung der nächsten zwölf grössten Autohersteller entsprach. Inzwischen notiert der Kurs 65% tiefer. Mit über 460 Mrd. $ ist die Marktkapitalisierung nur noch rund 155 Mrd. $ grösser als im Fall von Toyota, dem Hersteller mit dem zweithöchsten Börsenwert.

«Angesichts des heutigen Enthusiasmus an der Börse für das Thema künstliche Intelligenz ergibt sich eine interessante Vorlage für eine Analyse», meint dazu Jim Reid, Marktstratege bei Deutsche Bank. «Vor drei Jahren wurde erwartet, dass Elektroautos und insbesondere Tesla die Welt erobern würden. Obwohl Elektroautos wahrscheinlich die Zukunft gehört, ist der Wettbewerb in diesem Sektor intensiv – speziell in China –, die Nachfrage in manchen Regionen ist enttäuschend, und die Europäische Kommission ermittelt gegen Wettbewerbsverstösse chinesischer Importeure.»

Aus Reids Perspektive lassen sich in diesem Kontext Parallelen zur aktuellen Begeisterung für das Thema künstliche Intelligenz ziehen. «In den letzten zwölf bis achtzehn Monaten ist KI zum Darling der Märkte im Tech-Sektor avanciert», hält er fest. «Wir sind zwar optimistisch, dass KI das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Dennoch ist es fast unmöglich zu verstehen, wie man die Unternehmen bewerten soll, die derzeit die KI-Infrastruktur aufbauen.»

Das bringt uns zum Hauptthema der heutigen Ausgabe von «The Pulse»: Wie geht es an der Börse mit dem Hype um KI weiter?

Erschütterungen im Chipsektor

Das Epizentrum des Booms ist der Halbleitersektor. Chipkonzerne wie Nvidia, Broadcom, AMD und Marvell Technology werden an der Börse als Lieferanten von «Schaufeln und Pickeln» im Goldrausch um künstliche Intelligenz gehandelt. Zu denken gibt deshalb, dass der Sektor in den vergangenen Wochen grössere Turbulenzen erlebt hat.

Der PHLX Semiconductor Index mit dreissig führenden Unternehmen aus der Branche hat seit dem Hoch von Anfang März mehr als 13% korrigiert.

Die Aktien von Nvidia, mit einer Kapitalisierung von mehr als 2 Bio. $ der unangefochtene Marktführer, machten in den vergangenen Tagen ausgeprägte Schwankungen mit. Der Kurs notiert ebenfalls gut 13% unter der Bestmarke vom März und ist temporär bis zu 20% eingebrochen. Letzten Freitag hatten die Titel ohne konkrete Unternehmensnachrichten in einer Sitzung 10% eingebüsst, worauf diese Woche eine Gegenreaktion einsetzte.

Noch wesentlich schwerer hat es AMD erwischt, ebenfalls eine der favorisierten KI-Wetten. Gemessen am Stand von Anfang Jahr hatte der Kurs bis im März eine Rally von bis zu 43% hingelegt. Seither ist er um 28% eingeknickt und bewegte sich letzte Woche sogar zwischenzeitlich unter dem Niveau von Ende 2023.

Auch im engeren Umkreis des Sektors sind Erschütterungen spürbar. Die Titel von Super Micro Computer, einem Lieferanten von Equipment für Rechenzentren, sind mehr als 36% getaucht. Für Irritation sorgt mitunter, dass er am letzten Freitag bei der Ankündigung des Termins für die Ergebnispublikation keinen Vorausblick auf die Geschäftszahlen gab. Dies, nachdem er in den letzten acht Quartalen bei dieser Gelegenheit stets routinemässig die Prognose erhöht hatte. Die Aktien von Arista Networks, einem anderen prominenten Data-Center-Ausrüster, haben 18% verloren.

Ist das bloss eine «gesunde» Konsolidierung in einer strukturellen Hausse? Oder könnten die Verwerfungen darauf hindeuten, dass sich das Narrativ verändert?

Gemäss Vivek Arya, Halbleiteranalyst in Diensten von Bank of America, ist keine Panik angesagt. Wie er festhält, ist es nicht ungewöhnlich, dass der Sektor zu dieser Jahreszeit unter einer Flaute leidet. In den letzten zehn Jahren hat der PHLX Semiconductor Index im April durchschnittlich um 1,1% korrigiert. Das ist die zweitschwächste Performance nach dem September (–1,8%). In der Regel folgte dann mit dem Mai einer der saisonal stärksten Monate.

Kostspieliges Wettrüsten der Branchenriesen

Ob sich das historische Muster auch dieses Mal bestätigt, hängt massgeblich von den Quartalsabschlüssen ab. Die wichtigsten Ereignisse in Sachen künstliche Intelligenz waren in diesem Jahr bisher Nvidias optimistischer Geschäftsausblick gegen Ende Februar sowie die Unternehmenskonferenz Mitte März. CEO Jensen Huang stellte damals die nächste Generation von KI-Chips vor, worauf der Hype wenige Tage später den Höhepunkt erreichte.

Im Vergleich dazu sind die neusten Nachrichten eher durchwachsen. Der niederländische Halbleiterausrüster ASML, dessen Lithografie-Systeme eine Schlüsselrolle bei der Fabrikation von KI-Chips spielen, enttäuschte letzte Woche mit dem Auftragseingang. Auf verhaltene Reaktion traf ebenso der Abschluss der taiwanischen Chipschmiede TSMC, obschon sich Konzernchef C.C. Wei zuversichtlich zur Nachfrage nach KI-Prozessoren äusserte.

Damit richtet sich der Fokus darauf, was Microsoft, Alphabet und Meta diese Woche zu ihrem Geschäft mit KI-Anwendungen wie Copilot, Gemini oder Meta AI sagen. Im Wettlauf um die Etablierung grosser Sprachmodelle haben sie die Investitionen in den vergangenen Quartalen deutlich erhöht und Investoren im Januar eine Fortsetzung dieses Trends signalisiert.

Bereits im vergangenen Jahr kamen Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta zusammen für 16% der Kapitalausgaben im S&P 500 auf. Der grösste Teil davon sind Kosten für neue Rechenzentren und in diesem Zusammenhang KI-Chips. Klammert man bei Amazon die Investitionen in das Distributionsnetz für das E-Commerce-Geschäft aus, dürften es etwa 12 bis 13% sein.

Bereitgestellt werden diese gewaltigen Rechenkapazitäten nach der Devise «If you build it, they will come – Wenn du es baust, werden sie kommen». Doch während sich die Ausgaben der Tech-Riesen in konkreten Zahlen messen lassen, bleiben ihre Einnahmen mit KI-Anwendungen bisher diffus.

Microsoft etwa hatte vor gut einem Jahr angekündigt, Google im Suchgeschäft mit Hilfe künstlicher Intelligenz ernsthaft herauszufordern. Bisher hat sich an der überragenden Dominanz des Branchenleaders allerdings nichts nennenswert verändert. Microsofts Suchmaschine Bing konnte den Marktanteil um bloss 1% ausbauen. Google kontrolliert weiterhin mehr als 90%.

Etwas besser greifbar (aber auch nicht wirklich überzeugend) sieht es im Cloud-Geschäft aus. Im Fall von Microsofts Cloud-Sparte Azure trugen KI-Dienste im vierten Quartal 2023 gemäss dem Management rund sechs Prozentpunkte zum Umsatzwachstum von 30% bei. Keine Angaben wurden jedoch zu zusätzlichen Einnahmen mit Copilot gemacht. Auch Alphabet und Meta haben bisher nicht kommuniziert, wie viel sie mit KI-Lösungen für ihre Werbekunden zusätzlich verdienen.

Hinzu kommen anhaltende «Halluzinationen»: wenn KI-Modelle falsche Angaben ausspucken. «Alle grossen KI-Konzerne geben Milliarden aus, um mit fast genau den gleichen Daten und fast genau der gleichen Technologie fast genau die gleichen Ergebnisse zu erzielen – und diese sind alle auf fast genau die gleiche Weise fehlerhaft», bringt Branchenkenner Gary Marcus das Problem mit grossen Sprachmodellen auf den Punkt.

Die entscheidende Frage ist deshalb, wie lange die Investitionen in diesen Dimensionen weitergehen, falls sie sich in den nächsten Quartalen nicht im Geschäftsgang Tech-Riesen materialisieren.

Sportliche Bewertungen

Ob das Thema künstliche Intelligenz an der Börse «en vogue» bleibt, hängt schliesslich auch massgeblich von den makroökonomischen Rahmenbedingungen ab. Nicht zufällig hat die aktuelle Spekulationswelle im vergangenen Herbst eingesetzt, als die Renditen am Bondmarkt den Höhepunkt überschritten hatten und riskantere Anlagen ein Comeback starteten.

Als Folge davon haben sich die Bewertungen im Chipsektor erneut aufgebläht. Nimmt man die Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate als Ausgangsbasis, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den PHLX Semiconductor Index Anfang März auf annähernd 34 gestiegen – ein Niveau, das sonst nur in der Manie während der Internetblase erreicht wurde.

In den vergangenen Wochen haben sich die Bewertungen im Zug sinkender Kurse zwar etwas ermässigt. Historisch betrachtet wie auch im Vergleich zum Gesamtmarkt sind sie aber weiterhin sportlich. Gefährlich könnte es vor allem dann werden, wenn die Renditen am Bondmarkt nicht bald wieder sinken. Zehnjährige US-Staatsanleihen werden derzeit zu mehr als 4,6% verzinst, nachdem es Ende 2023 weniger als 3,8% waren.

«Die jüngste Kompression der Bewertungen fiel mit einem klaren Ausbruch der zehnjährigen Renditen über die Spanne von 4,35 bis 4,4% zusammen», meint Mike Wilson, US-Aktienstratege von Morgan Stanley, zur Lage an den US-Börsen generell. «Es erscheint daher naheliegend, dass die Bewertungen weiter unter Druck geraten, wenn die Renditen hoch bleiben oder weiter steigen.»

Angesichts des stolzen Niveaus, auf dem sich viele KI-Aktien bewegen, ist die Toleranz für Enttäuschungen unter diesen Voraussetzungen gering. «Nvidias Börsenwert entspricht derzeit rund dem 3,5-Fachen der Jahreseinnahmen der gesamten Halbleiterindustrie», bemerkt dazu Kevin Duffy, Herausgeber des Investmentbulletins «The Coffee Can Portfolio».

Günstigere Alternativen

Harsch dürfte die Reaktion speziell dann ausfallen, wenn das Wachstum an Dynamik verlieren sollte. Früher oder später ist das in jedem Boom der Fall. Für Nvidia rechnet der Analystenkonsens für das laufende Geschäftsjahr mit einer Umsatzsteigerung von 84% auf knapp 112 Mrd. $, nachdem die Einnahmen im Vorjahr 126% zugelegt hatten. Im nächsten Jahr soll sich das Expansionstempo auf noch 22% belaufen und dann weiter abflachen.

Aufhorchen lassen vor diesem Hintergrund Meldungen, wonach sich die Angebotsengpässe bei KI-Chips rasch entschärfen. Wie das Fachmagazin «Tom’s Hardware» berichtet, hat sich die Lieferzeit für Nvidias H100-Rechenprozessoren auf acht bis zwölf Wochen verkürzt. Noch vor einem halben Jahr belief sich die Frist auf elf Monate.

Gut möglich, dass manche Kunden bereits auf Nvidias nächste Chip-Generation warten, die im späteren Jahresverlauf auf den Markt kommt. Gerüchteweise heisst es aber auch, dass Schlüsselkunden von AMD Bestellungen des neuen KI-Chips MI300 verzögern. Um ihre Abhängigkeit zu verringern, konzipieren zudem praktisch alle grossen Tech-Konzerne eigene Prozessoren, die spezifisch auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Mit anderen Worten: Das Angebot nimmt deutlich zu.

Wer trotzdem auf den «Megatrend» künstliche Intelligenz setzen will, fährt deshalb möglicherweise mit günstigeren Namen besser. Qualcomm beispielsweise ist als führender Hersteller von Smartphone-Prozessoren ausgezeichnet positioniert, wenn sich ein Grossteil der Rechenleistung bei KI-Anwendungen auf mobile Endgeräte verlagert. Dennoch handeln die Titel mit einem KGV von 16,5 im Sektorvergleich zu einem deutlichen Abschlag.

Als Alternative bietet sich in dieser Hinsicht ebenfalls Intel als grösster Hersteller von PC-Prozessoren an. Nach der erfreulichen Entwicklung im letzten Jahr haben die Aktien seit Anfang Januar rund 30% verloren. Die Turnaround-Story bleibt aber grundsätzlich intakt. Sollte der Kurs im Nachgang der Quartalszahlen vom Donnerstag weiter korrigieren, könnte sich ein günstiger Zeitpunkt für Engagements ergeben – vorausgesetzt, dass man das überdurchschnittlich hohe Risiko tragen kann.


¨Deep Diving

An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:

  • Die Aktien von Netflix haben seit dem Quartalsbericht vom vergangenen Donnerstag rund 10% korrigiert. Der enttäuschende Ausblick macht es klar: Die goldenen Jahre im Streaming-Geschäft sind definitiv vorbei. Die amerikanische Film- und Fernsehbranche steckt in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Statt Wachstum zählen jetzt Kostenoptimierung und Profitabilität. Das Magazin «Harper’s» wirft in dieser Reportage einen kritischen Blick hinter die Kulissen Hollywoods.
  • Wenn es um den nächsten grossen technologischen Durchbruch geht, fällt oft das Stichwort Robotik. Nicht wenige Branchenbeobachter rechnen bald mit einem ähnlichen Wow-Effekt wie bei der Lancierung des KI-Modells ChatGPT von OpenAI im Spätherbst 2022. Einen guten Hintergrund zur potenziellen Revolution der Roboter gibt diese Folge des Podcasts «Odd Lots» mit dem Venture-Capital-Investor Josh Wolfe.
  • Seit der Entdeckung von Viren im späten 19. Jahrhundert werden sie in der wissenschaftlichen Forschung als einsame Partikel betrachtet, die sich nur dann vermehren können, wenn sie zufällig auf die richtige Zelle treffen. Neue Erkenntnisse legen nahe, dass diese These möglicherweise überarbeitet werden muss. Wie die Fachpublikation «Quanta Magazine» in diesem Beitrag darlegt, leben Viren in sozialen Gemeinschaften, die von Kooperationen und Intrigen geprägt sind.

Und zum Schluss noch dies: Container Tales

Allen Befürchtungen zum Trotz: Die amerikanische Wirtschaft tuckert wacker vor sich hin. Überraschend robust hält sich vor allem der Konsum. Das signalisieren nicht nur deutlich besser als erwartete Daten zum Detailhandel, sondern zeigt auch ein Blick auf den Güterverkehr an den Häfen der US-Westküste.

«Wie in den vorherigen zwei Monaten hat im März verglichen mit dem Vorjahr eine Verbesserung in allen Kategorien resultiert», sagte Gene Seroka, Direktor des Port of Los Angeles, letzte Woche an einer Medienkonferenz. «Auch im April sieht es nach einem weiteren betriebsamen Monat für den Hafen aus.»

Der Logistikkomplex rund 45 Autominuten südlich von Downtown L.A. ist der grösste Güterhafen der Vereinigten Staaten. Im vergangenen Monat wurden 380’000 Standardcontainer importiert. Das sind 19% mehr als im März 2023. Ein wichtiger Faktor für den Zuwachs war der Zeitpunkt der Neujahrsfeier in China, die fast drei Wochen später stattfand als letztes Jahr.

«Insgesamt bleiben die Indikatoren zur US-Wirtschaft positiv, auch wenn eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Zinsen und der jüngsten Inflationsdaten besteht», meinte Hafendirektor Seroka. «Ich rechne damit, dass sich die Güterströme hier in Los Angeles bis zum Sommer und dann in der traditionellen Hochsaison auf einem gesunden Niveau bewegen werden.»

Beim Schwesterhafen, dem Port of Long Beach, ist die Grundstimmung ebenfalls optimistisch. Im März nahmen die Importe um 8,4% auf mehr als 302’500 Container zu. «Die Nachfrage der Verbraucher ist nach wie vor stark und treibt den Frachtverkehr durch dieses wichtige Portal im transpazifischen Handel weiter an», heisst es in einer Medienmitteilung.

In den beiden Häfen wird rund ein Drittel der Container-Importe in die USA abgewickelt. Das Gros der Einfuhren stammt aus Asien, vorab aus China/Hongkong, Japan, Vietnam, Taiwan und Südkorea. Zu den volumenmässig grössten Kategorien zählen Möbel, Autoteile, Kleider, Plastikerzeugnisse und Schuhe. In Los Angeles und Long Beach zusammen beliefen sich die Einfuhren im ersten Quartal auf knapp 2,2 Mio. Container, was einer Zunahme von rund 26% entspricht.

Etwas Entspannung gibt es bei den Preisen. Die Kosten, um einen Container von Schanghai nach Los Angeles zu verschiffen, haben sich seit dem Hoch von Anfang Februar ermässigt. Dennoch liegen sie gemäss dem Index des Logistikspezialisten Drewry noch immer fast 90% über dem deprimierten Niveau des Vorjahres.

Der gleiche Trend lässt sich beim Breakwave Dry Bulk Shipping ETF beobachten, der die Transportkosten im globalen Schiffsverkehr abbildet.

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