Mittwoch, März 19

Höhere Zinsen bescheren den Banken Rekordgewinne. Nach langer Durststrecke wollen sie für Investoren mit Aktienrückkäufen und höheren Dividenden wieder reizvoll sein.

Schweizer Privatkunden erhalten auf einem Sparkonto bei der UBS derzeit 0,75 Prozent Zins. Das ist nicht gerade üppig. Deutlich besser ergeht es den Aktionären der Grossbank. Sie bekommen dieses Jahr eine um fast 30 Prozent höhere Dividende von 0.70 Dollar pro Aktie. Damit kommen sie auf eine Rendite von 2,4 Prozent. Hinzu kommt im zweiten Halbjahr ein Aktienrückkauf in der Höhe von über einer Milliarde Dollar.

Der Rückkauf stützt den Aktienpreis. Die UBS-Aktionäre haben in jüngster Zeit viel Geld verdient: Die Aktien haben sich im letzten Jahr um ein Viertel verteuert. Trotzdem konnte die UBS zuletzt die hohen Erwartungen zuletzt nicht erfüllen. Viele Investoren hatten gehofft, dass die Bank früher mit dem Rückkauf weiterer Aktien beginnen würde.

Wettlauf bei Kapitalrückführungen

Die UBS ist nicht die einzige europäische Grossbank, die mit grosszügigen Kapitalgeschenken bei den Investoren zu punkten versucht. Jüngst sorgten die britischen Banken für Schlagzeilen: Barclays will in den kommenden drei Jahren umgerechnet 9,5 Milliarden Franken in Form von Dividenden und Rückkäufen den Aktionären geben, HSBC verspricht 2,9 Milliarden Pfund, Lloyds 1,9 Milliarden.

Auch Banken wie die spanische Santander oder die Deutsche Bank, die früher als kapitalschwach galten, kaufen heute fleissig Aktien zurück und erhöhen ihre Dividende. Bei der Deutschen Bank sieht man bis 2025 sogar «Spielraum für höhere Ausschüttungen».

Den Wettlauf um die grössten Rückführungen gewonnen hat die italienische Unicredit: Sie wird ihren gesamten Gewinn 2023 oder 8,6 Milliarden Euro den Aktionären geben, 5,6 Milliarden als Aktienrückkauf, 3 als Dividende. «Meine Fähigkeit, Kapital zu generieren und überproportional zurückzuführen (. . .) ermöglicht es mir, die Ausschüttungen auf einem Niveau zu halten, das andere nicht erreichen», sagte Unicredit-Chef Andrea Orcel in der «Financial Times» Anfang Februar. Die Börse zeigt sich begeistert. Die Aktien von Unicredit haben in den vergangenen 12 Monaten 60 Prozent gewonnen.

Die Aktien von Unicredit gehören zurzeit zu den Börsen-Favoriten

Aktienpreis in Euro

Die FT hat auf Basis von UBS-Daten errechnet, dass kotierte europäische Grossbanken für das Geschäftsjahr 2023 total 120 Milliarden Euro verteilen werden. Das ist über 50 Prozent mehr als im Vorjahr und so viel wie seit der Finanzkrise im Jahr 2008 nicht mehr.

Die Banken können das tun, weil sie derzeit hohe Gewinne schreiben und vom gestiegenen Zinsniveau profitieren. Auch die Sichteinlagen bei den Zentralbanken bringen ihnen durch den Zinsanstieg höhere Einnahmen.

Die Situation kontrastiert mit der Pandemie-Zeit vor vier Jahren, als die Europäische Zentralbank (EZB) die Banken anwies, Dividenden und Aktienrückkäufe einzustellen. Sie sollten so ihr Kapital schützen. Die Aufseher sind in den letzten Jahren aber lockerer geworden, was Aktienrückkäufe betrifft. Denn die europäischen Banken wurden im Nachgang der Finanzkrise gezwungen, ihre Kapitalpolster zu vergrössern und gelten nun als ausreichend kapitalisiert, um auch Krisenzeiten gut zu überstehen.

Was tun mit «überschüssigem Kapital»?

Der Hauptzweck des Bank-Kapitals ist es, mögliche Verluste zu absorbieren. Deshalb ist es klar definierten regulatorischen Vorgaben unterworfen. Die Verfügbarkeit von Kapital ist für eine Bank eine existenzielle Frage.

Aber «wenn mehr Gewinn vorliegt, als eine Bank braucht, um ihr Wachstum zu finanzieren, entsteht überschüssiges Kapital», sagt Andreas Ita, Geschäftsführer beim Beratungsunternehmen Orbit 36. Nach einem Rekordjahr wie 2023 könne es deshalb sinnvoll sein, einen Teil des Gewinns an die Aktionäre zurückzugeben. Denn seit der Finanzkrise mussten systemrelevante Banken einen Grossteil ihrer Gewinne einbehalten, um die strengeren regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, sagt der Experte für Kapitalmanagement.

Aktienrückkäufe dienen aber nicht nur dazu, überschüssige Liquidität abzubauen, sondern optimieren auch die Kapitalstruktur einer Bank. Da nach einem Rückkauf die Aktien oft vernichtet werden, wird die Anzahl ausstehender Aktien kleiner. Dadurch entsteht eine höhere Rendite auf dem Eigenkapital – ein Mass, das Investoren sehr wichtig ist.

«Banken müssen ihre Kapitalkosten verdienen, damit sie Mehrwert für die Aktionäre schaffen», sagt Ita. Deshalb sei es nicht effizient, das Kernkapital übermässig ansteigen zu lassen, denn das macht es schwieriger, eine ansprechende Kapitalrendite zu erwirtschaften.

Trotzdem müsse eine Bank bedenken, dass das Kapital bei schlechterem Geschäftsgang künftig knapp werden könnte. In der Regel werden Aktienrückkäufe vom Verwaltungsrat nur genehmigt, wenn die regulatorischen Eigenmittelanforderungen auch in Zukunft und unter Stress erfüllt werden können.

Banken schätzen Aktienrückkäufe aber auch deshalb, weil sie flexibel eingeführt werden können. Eine Erhöhung der Dividende schränkt den Spielraum der Bank ein, weil sich die Dividende kaum mehr senken lässt – das käme am Markt schlecht an. Zudem sind Rückkäufe für Aktionäre steuerlich attraktiver als Dividendenzahlungen, die als Einkommen versteuert werden müssen.

Gemäss Ita dienen Rückführungen aber auch der Selbstdisziplinierung: «Sie signalisieren, dass mit dem überschüssigen Kapital kein Unfug angestellt wird; bei der UBS etwa im Investment Banking.»

Banken wie UBS gelten nicht als verlässliche Dividenden-Zahler

Dividende pro Aktie in Dollar

Dividende als psychologisches Signal

Die UBS erwartet, durch den schrittweisen Abbau von Risikopositionen der Credit Suisse bis 2026 über 6 Milliarden Dollar an regulatorischem Kapital freisetzen zu können. «Dass ein Teil davon an die Aktionäre zurückgeführt wird, ist legitim», findet Ita.

Die Banken hoffen, dass die Kapitalrückführungen den schlechten Ruf ihrer Aktien seit der Finanzkrise etwas verbessern. In der Vergangenheit sei bei Banken wie UBS oder CS das Geld nicht in erster Linie an die Aktionäre geflossen, sondern sei für Bussen oder Boni ausgegeben worden, sagt Pascal Seidner, Fondsmanager bei zCapital.

So seien in der Vergangenheit Versicherungsaktien verlässlichere Dividendenzahler gewesen und hätten attraktivere Renditen gebracht als Grossbankentitel. Deshalb habe er noch nie eine Grossbank im Portfolio gehabt und bevorzuge auch heute kleinere, solide Bankaktien. So haben in der Schweiz auch kleinere Banken als die UBS ihre Dividenden erhöht, etwa die Privatbank EFG.

Aber auch viele Kantonalbanken haben ihre Ausschüttungen erhöht, was in erster Linie den Kantonen zugutekommt. Julius Bär hat die Dividende angesichts ihrer Probleme mit den Krediten an die insolvente Benko-Gruppe unverändert gelassen. Wegen des eingebrochenen Gewinns hätte eine höhere Dividende als wenig umsichtiges Kapitalmanagement interpretiert werden können, obwohl die Kapitalausstattung der Bank unbedenklich ist.

Kapitalrückführungen sind auch ein psychologisches Signal. So ist die Erhöhung der Dividende ein Zeichen der Zuversicht, die man ausstrahlen möchte, sagt Seidner. Das scheint im Fall UBS zu funktionieren: «UBS ist heute ein valabler Kandidat für eine «Dividenden-Aktie» sagt Seidner. Der Aktienexperte geht davon aus, dass die Ausschüttungspolitik der Grossbank nachhaltig sein wird.

Ob die hohen Rückführungen von Banken wie Unicredit weitergehen können, ist indes fraglich. Die EZB erwägt, angesichts der sich verlangsamenden Wirtschaft in der Euro-Zone, die Zinsen wieder zu senken. Zudem dürften die Banken die höheren Zinsen mittlerweile vermehrt an die Sparer weitergeben. Beides wird die Zinserträge mindern und somit auch die Fähigkeit der Banken, ihre Aktionäre weiter so zu verwöhnen.

Exit mobile version