Freitag, Februar 28

Der amerikanische Präsident zeigt Sympathien für Wladimir Putin. Warum Xi Jinping dieser Annäherung gelassen zuschaut, erklärt der Experte für sino-russische Beziehungen, Alexander Gabujew, im Gespräch.

Wladimir Putin ist wieder salonfähig. Dafür hat der amerikanische Präsident Donald Trump gesorgt. Er lässt seine Diplomaten mit Russland über ein Kriegsende in der Ukraine verhandeln und will die Beziehungen mit Moskau normalisieren.

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Auch Xi Jinping, Chinas Staats- und Parteichef, bemüht sich um Putin. Die zwei Staatschefs telefonierten miteinander am Tag, als sich Russlands Einmarsch in der Ukraine zum dritten Mal jährte. Sie seien wahre Freunde, erklärten sie einander. Sie betonten, dass «externe Faktoren» keine Rolle in den Beziehungen der beiden Staaten spielten – als wollten sie damit zeigen, dass sie weiterhin eng verbunden sind.

Denn die USA versuchen, die strategische Partnerschaft der beiden autoritären Staaten zu lockern. Das sagte der amerikanische Aussenminister Marco Rubio in einem Interview mit dem Online-Magazin «Breitbart News». Die Trump-Administration verfolge das Ziel, Russland von China zu lösen. «Wenn Russland zu einem dauerhaften Juniorpartner Chinas wird, sprechen wir von zwei Nuklearmächten, die sich gegen die Vereinigten Staaten verbünden», sagte Rubio.

Alexander Gabujew glaubt, die Aussenpolitik Trumps könnte das zur Folge haben, was sie zu verhindern versucht: ein Erstarken der strategischen Beziehung von China und Russland. Gabujews Einschätzung hat Gewicht. Der Direktor der Denkfabrik Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin ist ein Kenner der beiden Länder. Der russische Sinologe, der nach Kriegsbeginn sein Heimatland verlassen musste, hat Anfang der 2000er Jahre in China gelebt. Was er zur chinesisch-russischen Beziehung in der Ära Trump sagt, ist so überraschend wie einleuchtend.

Herr Gabujew, wie kommt Trumps Charmeoffensive in Russland an?

Sie kam kaum überraschend. Donald Trump hat ja bereits während seiner ersten Amtszeit versucht, die Beziehungen der USA zu Russland zu verbessern, wenn auch ein wenig unbeholfener. Schon damals gab es Versuche, zu warnen, dass die Chinesen nicht die wahren Freunde Russlands seien. Der russische Ansatz ist, zuzuhören und mitzuspielen, und dann zu fragen, was die USA Russland zu bieten haben – in materieller Hinsicht. Gegenwärtig profitiert Russland stark davon, dass die transatlantische Einheit bröckelt und dass sich die USA aus internationalen Organisationen, Abkommen und der globalen Entwicklungshilfe zurückziehen. China und Russland profitieren beide davon.

Sie bezweifeln, dass Russland von China abrücken wird?

Ja. Russland weiss, dass Trump aller Wahrscheinlichkeit nach vier Jahre im Amt bleiben wird. Wer weiss, was danach passiert? Alles könnte sich wieder ändern. China hingegen wird wahrscheinlich noch zehn Jahre lang von Xi Jinping regiert werden, und auch nach ihm werden vermutlich die Kommunisten an der Macht sein. Warum würde also Russland es sich mit China verspielen wollen? Russland wird höchstens zu symbolischen Konzessionen bereit sein, aber nie die Beziehungen zu China untergraben wollen.

Die chinesisch-russischen Beziehungen sind heute viel enger, als sie vor drei Jahren waren. Was verbindet die beiden Nationen?

China und Russland teilen eine gigantische Grenze, sie respektieren die nationale Souveränität des jeweils anderen und haben Wirtschaftsstrukturen, die sich gegenseitig ergänzen, statt sich zu konkurrenzieren. Russland ist heute stark abhängig von China. 30 Prozent der russischen Exporte gehen nach China, und 40 Prozent der Importe stammen aus China.

Führt diese starke Abhängigkeit zu Misstrauen?

Auf der russischen Seite gibt es ein gewisses Misstrauen, und zwar, weil China das Öl und das Gas auch anderen Ländern abkaufen könnte. Russland hat nicht so viele Optionen. Die Beziehung zu China ist für Russland nahezu existenziell.

Bietet Trump Putin einen Ausweg, Russlands Abhängigkeit von China zu reduzieren?

Die Russen werden jede Chance ergreifen, die sich durch verbesserte Beziehungen mit den Amerikanern ergibt: Zum Beispiel werden sie für ein Ende der Sanktionen werben oder für mehr amerikanische Investitionen in Russland – obwohl das momentan illusorisch scheint. Russland versucht auch, nicht alles auf die Karte China zu setzen, mehr mit Indien zu handeln zum Beispiel. Doch weil Russland den USA nicht traut, ist sein Spielraum begrenzt, und China bleibt der wichtigste Handelspartner.

Hat der Westen mit seinen Sanktionen Russland stärker in die Arme Chinas getrieben?

Die Rolle des Westens bei der Annäherung Chinas und Russlands ist nicht zu unterschätzen. Gleichzeitig musste sich der Westen der russischen Aggression entgegenstellen. Russland hätte andere Wege gehabt, um seine Sicherheitsbedenken gegenüber Europa und den USA zu äussern. Es wäre nicht nötig gewesen, die Ukraine anzugreifen, das war die schlimmstmögliche Reaktion. China hat davon natürlich stark profitiert.

Wie nahe sind sich China und Russland wirklich, abgesehen davon, dass sie einander brauchen und voneinander profitieren?

Es ist nicht so, dass China und Russland die gleichen Werte teilen wie etwa Europa und die USA. Aber diese kulturellen Unterschiede versuchen die beiden Länder zu überbrücken, indem sie zum Beispiel akademischen Austausch fördern.

Ist das chinesisch-sowjetische Zerwürfnis, das in den späten fünfziger Jahren begann und 1969 in bewaffneten Grenzkonflikten gipfelte, heute noch bestimmend?

Beide Länder betrachten diese Ereignisse als historische Episode, als kurzen Konflikt. Im Gegensatz dazu sind in Russland die Erinnerungen an westliche Invasionen tief verwurzelt. Historische Ereignisse wie der polnische Angriff auf Moskau im frühen 17. Jahrhundert, Napoleons Feldzug im Jahr 1812 und der Überfall Nazi-Deutschlands im Jahr 1941 haben das kollektive Gedächtnis geprägt. Diese Invasionen werden als existenzielle Bedrohungen wahrgenommen und beeinflussen bis heute das russische Sicherheitsdenken. Das vereint China und Russland: Beide streben eine Weltordnung an, in der sie eine wichtigere Rolle spielen, insbesondere als Regionalmächte. Sie haben kein Interesse an einer Welt, in der die USA die Regeln aufstellen.

Wie gefährlich ist die chinesisch-russische Zweckgemeinschaft?

Das Fehlen von Sentimentalitäten macht diese Beziehung widerstandsfähig und dauerhaft. Russlands Rüstungsindustrie ist auf chinesische Lieferungen angewiesen, die beiden Länder arbeiten zusammen bei Attacken wie der Sabotage von Unterseekabeln, Hacker-Angriffen, ihre Nachrichtendienste teilen Informationen. In Zukunft müssen wir damit rechnen, dass diese Partnerschaft beide Länder zu aussenpolitischer Abenteuerlust ermutigt. Sie könnten militärische Operationen und Übungen zeitlich aufeinander abstimmen – China macht eine grosse Übung in der Strasse von Taiwan, während Russland an der Nato-Ostflanke eine Militärübung durchführt.

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