Sonntag, September 29

Schweizer Anleger lassen sich die Vermögensverwaltung gerne etwas kosten. Oft wird aber unterschätzt, wie viel man wirklich bezahlt.

Wenn ich in der Migros am Kühlregal stehe, nehme ich immer denjenigen Käse, der gerade 20% Aktion ist. Langfristig spare ich so viel Geld – zumindest dann, wenn ich nicht einfach das Premiumprodukt wähle, das auch mit Rabatt immer noch sackteuer ist.

Beim Investieren hingegen ist das Preisschild oft egal. Zumindest sagen uns das die harten Zahlen: Schweizer Anleger bezahlen für eine Aktienstrategie bei einem Vermögensverwalter rund 1,3% im Jahr. Dazu kommen Produktkosten von sehr konservativ geschätzt 0,2% – macht jährlich insgesamt 1,5% auf das angelegte Vermögen.

Eine Alternative ist es, die Vermögensverwaltung selbst zu übernehmen und beispielsweise über einen Onlinebroker kotierte Fonds (Exchange Traded Funds, ETF) zu kaufen. Wer sich das nicht zutraut, kann sich für einen Robo Advisor entscheiden, also für einen digitalen Vermögensverwalter, der mehr oder weniger automatisiert das Geld anlegt. Es fehlt also im Normalfall ein Anlageberater. Dadurch sind Robo Advisor deutlich günstiger als die klassische Vermögensverwaltung. Kostenpunkt: rund 0,7% im Jahr.

Dieser Gebührenunterschied von 0,8 Prozentpunkten klingt zunächst nicht nach sehr viel.

Gebühren werden unterschätzt

Wer 6000 Fr. im Jahr anlegt, zahlt im ersten Jahr via Vermögensverwalter etwa 90 Fr. Gebühren – mit Robo Advisor 42 Fr. Der Unterschied ist zwar spürbar, aber hey, was sind schon knapp 50 Fr. im Jahr. So denken viele. Die ganz schnelle – aber falsche –Kopfrechnung: «Wenn ich dreissig Jahre lang anlege, zahle ich dreissigmal 50 Fr. mehr. Das ist nicht so schlimm.»

Doch die effektiven Kosten sind viel höher. Wie das folgende Beispiel zeigt: Was schätzen Sie, wie viel mehr Kapital kommt zusammen, wenn Sie dreissig Jahre lang jährlich 6000 Fr. investieren für 0,7% statt für 1,5% im Jahr?

Es sind rund 65’000 Fr.

Aus dem Gebührenunterschied von 50 Fr. im ersten Jahr wird ein Vielfaches. Das angelegte Kapital wuchs beim externen Vermögensverwalter in den vergangenen dreissig Jahren auf 390’000 Fr. – beim Robo Advisor auf rund 455’000 Fr.

Wie sieht es aus, wenn man selbst investiert, zum Beispiel über einen günstigen Onlinebroker? Dort fallen hauptsächlich die Produktkosten an – den eigenen Zeitaufwand nicht eingerechnet. Nach dreissig Jahren werden so rund 500’000 Fr. bei einer monatlichen Investition von 500 Fr.

In der Realität ist der Unterschied meist noch grösser

Zu Beginn habe ich sehr konservative Produktkosten von 0,2% pro Jahr erwähnt. Dies trifft für die meisten ETF zu, die man bei einem Onlinebroker selbst kaufen kann oder die von vielen Robo Advisor angeboten werden. Banken hingegen verkaufen ihren Kunden oft eigene Fonds. Statt 0,2% pro Jahr kosten diese schnell 1% oder noch mehr. Ein externes Vermögensverwaltungsmandat gibt es so nicht für 1,5% im Jahr, sondern für deutlich über 2% nicht selten sogar für 3% im Jahr.

Und bei diesen Beträgen geht es dann bald mal ans Lebendige. Nehmen wir als Beispiel Gesamtkosten von 2,5% im Jahr. Wer dreissig Jahre lang monatlich 500 Fr. investiert, erreicht Ersparnisse von 180’000 Fr. Angelegt in Aktien zu 2,5% Gebühren im Jahr resultierten 140’000 Fr. Anlagegewinne. Ein gutes Geschäft – für den Vermögensverwalter. Denn beim durchschnittlichen Robo Advisor mit 0,7% Gebühren resultierten Anlagegewinne in der Höhe von 280’000 Fr. – das Doppelte.

Je länger, desto schlimmer

Der Unterschied und somit der Einfluss der Gebühren nehmen übrigens zu, je länger man investiert. Wer also erst gerade das Studium oder die Lehre begonnen hat, profitiert viel stärker von einem genauen Gebührenvergleich.

Und beim Käse in der Migros? Lohnt sich dort der Vergleich beim wöchentlichen Käsekauf? Bis ich pensioniert bin, werde ich mit meiner Rabattstrategie immerhin rund 13’000 Fr. besser fahren als jemand, der einfach nach Lust und Laune kauft.

Patrick Eugster

Patrick Eugster hat an der Universität Zürich in Finance bei Prof. Dr. Thorsten Hens promoviert. Beruflich vermittelt er mit Videos, Podcasts und Blogartikeln Finanzwissen der Allgemeinheit. Sein monatlicher Newsletter «Besser Investieren» unterstützt Anleger mit wissenschaftlich abgestützten und direkt anwendbaren Tipps und Tricks zum Investieren. Zudem ist er aktiv auf Youtube als «Patrick investiert». In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Erwin Heri und Iwan Brot hat er vor kurzem das Buch «Die Schweiz sorgt vor» publiziert. In seiner Freizeit engagierte er sich politisch als Initiant und Präsident der eidgenössischen Volksinitiative «Renteninitiative» und betreibt regelmässig Crossfit.
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