Genesis will mit dem GV60 Magma ein Hochleistungs-Elektroauto auf den Markt bringen, das auch durch seinen einzigartigen Sound überzeugt.
Die koreanische Automarke Genesis, der Luxusableger des Hyundai-Konzerns, macht seit 2021 in Europa von sich reden. Anfangs erschienen in kurzer Folge neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, Hybrid- und Batterie-Antrieb. Was dann aber folgte, war ein Vakuum. Und das hatte problematische Auswirkungen.
Denn die Kaufinteressenten hatten sich daran gewöhnt, dass immer wieder mit Innovationen aus dem Haus Genesis zu rechnen war – und warteten die Einführung weiterer Modelle ab. Die ersten Verkaufserfolge etwa in der Schweiz hatten Hoffnungen auf einen steilen Anstieg der Absatzzahlen geschürt, doch weitere Neukunden fanden sich seltener.
Ein Kurswechsel soll nun neue Impulse bringen. Die bestehenden Markenwerte mit Komfort und Eleganz werden durch hohe Dynamik und sportlichen Geist erweitert. Genesis setzt auf das Hochleistungssegment und nennt sein Programm Magma. Darin soll von allen Genesis-Modellen eine High-End-Variante entwickelt werden.
Rennsporterfahrener Macher aus dem Konzern
Die nötige Expertise für den Aufbau einer Sportabteilung im Stil von BMW M oder Audi RS hatte der Konzern bereits. Der Deutsch-Amerikaner Tyrone Johnson kreierte bei Ford die dritte Focus-RS-Modellreihe und kam 2018 als Leiter Fahrwerksentwicklung zu Hyundai, wo er seit 2021 als Chefentwickler für Genesis tätig war.
Im europäischen Hyundai-Technikzentrum Rüsselsheim arbeitet Johnson seit Januar 2024 als Leiter der Fahrwerksentwicklung. Er hat den elektrischen Hyundai Ioniq 5 N mitentwickelt sowie bestehende Genesis-Modelle vor allem im Fahrwerkbereich weiterentwickelt.
Der Ingenieur mit mehr als dreissig Jahren Erfahrung, unter anderem auch in der Formel 1, war der richtige Mann, um die Marke Genesis in die nächste Phase überzuleiten. Um die Marke des Luxusherstellers emotional aufzuladen, schuf er das Magma-Programm mit allen Insignien, die sportlich orientierte Fahrer ansprechen sollen.
Dazu gehörte im Sommer 2024 die Einführung eines auf Rennsport getrimmten Genesis G70 3.3 T, der seither als Renntaxi auf der Nürburgring-Nordschleife in Westdeutschland zum Einsatz kommt. Die in leuchtendem Orange lackierte Limousine steht für Mitfahrten von bis zu drei Passagieren bereit und kann von jedermann gebucht werden.
Das Genesis GV 60 als Magma-Konzeptauto ist nun der Vorbote für erste Serienmodelle des neuen Hochleistungsprogramms. Aufbauend auf dem Genesis GV60, dem ersten reinen Elektroauto der Marke, verbesserte Tyrone Johnson mit seinem Team in Rüsselsheim die Batterie- und Motorentechnologie und leistete Detailarbeit an Fahrwerk, Aerodynamik und Thermodynamik. Um die Stabilität bei sportlicher Fahrweise zu verbessern, wurde das Chassis verbreitert und tiefergelegt, was zudem einen niedrigeren Schwerpunkt ermöglicht. Die Änderungen klingen einfacher, als sie tatsächlich waren.
«Um ein solches Hochleistungsmodell zu bauen, muss man in allen Bereichen optimieren», sagt Johnson. «Man kann nicht einfach die Leistung um 50 Prozent erhöhen, es müssen alle Elemente berücksichtigt werden: Optik, Leistung, Fahrverhalten. Dazu gehören auch die Soundanlage und die Benutzerschnittstelle.»
Der Klang, den noch keiner gefunden hat
Eine Besonderheit hat Genesis beim GV60 Magma Concept von der Kernmarke Hyundai übernommen, wo der elektrische Ioniq 5 N über einen synthetischen Motorklang verfügt. Dieser ist auch von aussen deutlich hörbar und erinnert an einen Mix aus sonorem Auspuff-Sound und sphärisch-elektronischer Musik. In eine ähnliche Richtung geht Genesis bei den Magma-Modellen. Doch es erscheint paradox, ein Fahrzeug mit lautlosem Antrieb mit künstlichem Auspuffklang auszustatten.
«Wir simulieren nicht einen Verbrenner-Sound, sondern zeigen akustisch den typischen Charakter eines Elektroautos», erklärt Tyrone Johnson, Leiter der Fahrwerksentwicklung. Doch was ist eigentlich der richtige Sound für ein Elektroauto?
«Das Thema ist kompliziert, und bis heute hat noch niemand den perfekten Elektroautoklang entwickelt. Wir haben einen Ingenieur, der Musiker ist und in Sounddesign promoviert hat. Er entwickelt den Magma-Klang, der sich von anderen Genesis-Fahrzeugen und allen anderen Konzernmarken unterscheidet.»
Das Modell GV60 Magma, das bereits nächstes Jahr in Korea auf den Markt kommen soll, wird dem Konzeptmodell sehr ähnlich sein. Es werden nur die notwendigen Änderungen vorgenommen werden, um den regionalen Vorschriften zu entsprechen.
Am Goodwood Festival of Speed sah und hörte das Publikum erste Kostproben seines sportlichen Könnens. Jüngst wurde es an der Auto Zürich gezeigt, um das Schweizer Publikumsinteresse am Bau eines Serienfahrzeugs und am Magma-Programm zu prüfen.
Das Interesse am Genesis GV60 Magma Concept war beim Schweizer Publikum ähnlich gross wie bei anderen Auftritten der leuchtend-orangen Fahrzeuge in Europa. Entsprechend planen Johnson und sein Team in Rüsselsheim, erste Serienmodelle auch in den europäischen Märkten einzuführen.
Die Frage ist nur, ob das Publikum auf besonders emotionale Elektroautos gewartet hat. Derzeit halten sich die Kunden mit dem Kauf von Fahrzeugen mit Antriebsbatterie noch zurück, insbesondere in Deutschland.
Ob Genesis den gegenwärtigen Trend mit seiner Magma-Linie brechen kann, dürfte auch der Preis mitentscheiden. Das derzeit sportlichste Modell, Genesis GV60 Sport Plus mit 490 PS, kostet in der Schweiz 77 700 Franken. Die Magma-Version dürfte mit all seinen Unterscheidungsmerkmalen die 80 000-Franken-Marke durchbrechen.
Somit ist der GV60 Magma zwar ein koreanisches Nischenauto für ein europäisches Nischenpublikum. Aber der Blick auf die Geschichte von Genesis zeigt, dass die Marke viel unternimmt, um international erfolgreich zu werden.