In einer Welt wachsender Unsicherheit zieht es immer mehr Wohlhabende an Orte, die sich durch Stabilität auszeichnen. Neuseeland lockt mit einem neuen Visumsprogramm – mit Erfolg.

Sich auf die Insel zurückziehen, etwas Distanz gewinnen zu den geopolitischen Spannungen: Das wünschen sich derzeit viele Vermögende. Kein Wunder, stösst das neue Investoren-Visum der neuseeländischen Regierung auf Interesse. Bereits zum Start des reformierten «Active Investor Plus»-Programms Anfang April hatte Neuseelands Einwanderungsministerin Erica Stanford gegenüber der «Australian Financial Review» erklärt, sie rechne mit grossem Andrang – insbesondere aus den USA und Europa.

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Rund drei Wochen später zeigt sich: Diese Einschätzung trifft zu. Die neuseeländische Einwanderungsbehörde hat bereits 53 Anträge erhalten, die einem geplanten Mindest-Investitionsvolumen von 320 Millionen neuseeländischen Dollar (170 Millionen Euro) entsprechen.

Weitere Anträge dürften folgen. Seit Ende März verzeichnete die Website von Immigration New Zealand (INZ) auf der Unterseite für das Investoren-Visum einen Anstieg von rund 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die meisten Besucher stammen aus den USA, Indien, Australien, Grossbritannien und China.

Verzicht auf Sprachkenntnisse

Nach einer Rezession setzt Neuseeland verstärkt auf ausländisches Kapital, um Wirtschaftswachstum zu stimulieren und Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Das neue Visumsprogramm soll dabei helfen. Es ist zugänglicher als das alte. Besonders der Verzicht auf Englischkenntnisse wurde von Migrationsfachleuten als «Game-Changer» bezeichnet. Zudem wurde die minimale Aufenthaltsdauer und Investitionssumme reduziert.

Von den eingegangenen 53 Bewerbungen stammen 27 aus den USA. China und Hongkong folgen mit 15 Anträgen. Deutschland liegt mit 4 Anträgen an dritter Stelle. Im Vergleich dazu hatte das Vorgängerprogramm in den fast drei Jahren seines Bestands nur insgesamt 115 Anträge geliefert. 25 davon haben sich nun dafür beworben, ihre bisherigen Anträge auf die neue Kategorie umlegen zu lassen.

Isolation als Pluspunkt

Während auch andere Länder wie Malta, Italien oder Griechenland sogenannte «Golden Visa»-Programme anbieten, gilt Neuseeland mit seiner abgelegenen Lage im Südpazifik als besonders attraktiv – ein sicherer Rückzugsort in einer instabilen Welt. So können Neuseeland und Australien als Inselstaaten zum Beispiel ihre Grenzen besser überwachen und damit die Migration einfacher steuern. Australien hat sein «Golden Visa»-Programm eingestellt. Das verschafft Neuseeland einen weiteren Wettbewerbsvorteil.

Neuseeland baut seit Jahren einen Ruf als Zufluchtsort im Falle einer Apokalypse auf. Der Pazifikstaat weist eine geringe Temperatur- und Niederschlagsvariabilität auf. Das heisst, dass dort trotz Klimawandel vermutlich relativ stabile Bedingungen bestehen bleiben. Zudem ist das Land gross genug, um sich im Hinblick auf Energie und Landwirtschaft selbst zu versorgen. Laut einer Studie, die in der Fachzeitschrift «Risk Analysis» veröffentlicht wurde, liessen sich dort sogar ein Nuklearkrieg, ein Asteroideneinschlag oder der Ausbruch eines Supervulkans noch am ehesten überleben.

Klärungsbedarf beim Immobilienbesitz

Das neugestaltete neuseeländische Visumsprogramm bietet zwei Investitionswege. In der «Growth»-Kategorie müssen mindestens 5 Millionen neuseeländische Dollar (2,6 Millionen Euro) in Unternehmen oder Fonds investiert werden. Die Mindestaufenthaltsdauer beträgt dafür nur 21 Tage über die dreijährige Laufzeit. Die «Balanced»-Kategorie hingegen verlangt 10 Millionen neuseeländische Dollar (5,2 Millionen Euro) über fünf Jahre, investiert in eine Mischung aus Anleihen, Aktien oder ausgewählten Immobilienprojekten. Der vorgeschriebene Aufenthalt im Land beträgt hier 105 Tage, kann jedoch durch höhere Investitionen reduziert werden.

Ein mögliches Hindernis bleibt allerdings bestehen: Neuseelands seit 2018 geltendes Verbot für Ausländer, Wohnimmobilien zu kaufen. Nur neuseeländische Staatsbürger, Menschen mit ständigem Wohnsitz sowie Staatsangehörige Australiens und Singapurs dürfen aufgrund bilateraler Abkommen uneingeschränkt Eigentum erwerben. Eingeführt wurde diese Regel unter der früheren sozialdemokratischen Regierungschefin Jacinda Ardern, die damit steigenden Immobilienpreisen entgegenwirken wollte. Auch ein Skandal um den Verkauf neuseeländischer Pässe, in den unter anderem der Paypal-Mitgründer Peter Thiel verwickelt war, trug zu der Entscheidung bei. Laut Berichten von lokalen Medien zog Thiel seine im Land umstrittenen Investments Anfang dieses Jahres dann auch wieder ab.

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