Freitag, März 14

Weltweite Investitionen in Infrastruktur treiben das Geschäft mit der Ressource Wasser. Georg Fischer ist gut positioniert, muss aber erst kleiner werden, um über sich hinauszuwachsen. Das bietet Anlegern Chancen zum Einstieg.

Georg Fischer (GF) macht keine halben Sachen mehr. Das Unternehmen aus Schaffhausen, das einst als Industriemischkonzern an die Börse trat, will sich strategisch auf Wasser- und Flow-Lösungen fokussieren und damit seine Stärken ausspielen. Die Geschäftsbereiche GF Machining Solutions und GF Casting Solutions sollen in andere Hände gegeben werden, um künftiges Umsatzwachstum und die Profitabilität zu stützen.

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Spannende Zeiten also für Aktionäre. Die Aktien Georg Fischer könnten nun das gewisse Etwas erhalten, was sie nachhaltig steigen lässt. Seit gut einem Jahr tendieren sie in einer Bandbreite von 55 bis 73 Fr. Kursgewinne kamen und gingen. Umso wichtiger, dass GF die Transformation mit Durchhaltevermögen umsetzt und sich nicht von ungeduldigen Investoren oder Analysten unter Druck setzen lässt. Denn 2025 wird auf jeden Fall ein Übergangsjahr.

Fragmentierter Markt mit vielen Treibern

Der globale Wassermarkt ist stark fragmentiert und von vielen Treibern abhängig. Obwohl die Erde zu über 70% mit Wasser bedeckt ist, wird sauberes Wasser immer knapper. Bereits heute leiden etwa 40% der Weltbevölkerung unter Wasserknappheit. Neben Bevölkerungswachstum, rasch zunehmender Urbanisierung und Industrialisierung erschweren extreme Klimaereignisse, wie Dürren und Stürme, den Zugang zur lebenswichtigen Ressource und den Transport.

Diese Herausforderungen erfordern Investitionen im Wassersektor. Anleger können auf Technologien setzen, die den Umgang mit Wasser auf allen Stufen verbessern. In diesem Bereich ist Georg Fischer mit ihren Kunststoffrohrleitungssystemen und Komponenten tätig (GF Piping Systems). Sie sind für den Transport sowie die Kontrolle, die Messung und die Regulierung von Flüssigkeiten und Gasen bestimmt und gelten als langlebig. Zum Einsatz kommen sie in den Bereichen Infrastruktur, Industrie und Haustechnik. Im globalen Markt für Kunststoffrohre ist GF gegenwärtig die Nummer zwei, hinter Aliaxis aus Belgien.

Piping Systems betreut Kunden in mehr als hundert Ländern in den Bereichen Versorgung, Industrie und Haustechnik. Die Division verfügt über dreissig Produktionsstätten in Europa, Asien sowie Nord- und Südamerika und hat zuletzt ihre Präsenz in der Golfregion gestärkt. Damit ist das Unternehmen auch in hoch profitablen Nischenmärkten unterwegs, was sich in der Margensteigerung im Rohrleitungsbau gut zeigt.

Um den Anspruch auf die weltweite Marktführerschaft im Bereich Wasser- und Flow-Lösungen geltend zu machen und die Marktposition in Nordamerika voranzutreiben, hat GF 2023 zudem den Rohrhersteller Uponor aus Finnland übernommen, der auf Produkte für die Trinkwasserversorgung sowie die Flächenheizung und -kühlung spezialisiert ist und über eine starke Marktpräsenz in den USA verfügt. Der Bereich heisst heute GF Building Flow Solutions.

Mögliche Zölle haben keinen Einfluss

Das neue Zollregime von Präsident Donald Trump dürfte das Unternehmen trotz des gestiegenen US-Umsatzanteils kaum treffen. GF verfolgt eine Local-for-Local-Strategie und produziert wenn möglich vor Ort für die Kunden. Über 90% der in den USA verkauften GF-Produkte werden in den USA hergestellt. «Nur ein geringer Anteil wird aus der Schweiz importiert, weshalb Zölle keinen signifikanten Einfluss hätten», so GF-Mediensprecher Beat Römer auf Anfrage von The Market.

Das zurückliegende Geschäftsjahr war allerdings durch eine verhaltene Nachfrage in den anderen Divisionen geprägt. Auftragseingang und Umsatz fielen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück, was auf die Abschwächung in der europäischen Bauindustrie, im Automobilsektor sowie Verzögerungen bei Industrieprojekten weltweit zurückzuführen war. Organisch sank der Umsatz 2,6%. Allein Piping Systems erzielte Fortschritte in den Segmenten Marine und Kühlung. Sie konnten die schwache Nachfrage in anderen Märkten wie etwa Mikroelektronik aber nur teilweise ausgleichen.

Dank der Uponor-Akquisition stieg der Konzernumsatz 2024 dennoch 19% auf 4,7 Mrd. Fr. Zusammengenommen stehen Piping Systems und Flow Solutions für einen Umsatzanteil von 63%, also rund 2,9 Mrd. Fr. (2024).

Auch die vergleichbare operative Marge auf Stufe Ebitda beider Divisionen ragt mit 15,6 bzw. 14,5% deutlich über die beiden anderen Bereiche GF Casting Solutions (11,5%) und GF Machining Solutions (7,9%) hinaus. Der Vergleich macht deutlich, warum GF sich strategisch neu ausrichtet und beide Geschäftsbereiche in andere Hände geben möchte.

Im Oktober 2024 wurde bereits die Vereinbarung zum Verkauf des Maschinenbaugeschäfts an den Schweizer Schleifmaschinenhersteller United Grinding Group unterzeichnet. GF Machining Solutions gilt als weltweit führender Anbieter von Hochgeschwindigkeits- Fräsmaschinen und Senkerosionsmaschinen. Die Transaktion im Wert von 630 bis 650 Mio. Fr. wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2025 abgeschlossen, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden und der kartellrechtlichen Freigabe.

Abbau der Nettoverschuldung, weniger Zinsen

Die Geschäftsentwicklung von Machining Solutions überzeugte zuletzt nicht. Der Auftragseingang ging trotz solider Entwicklung in China und den Segmenten Luft- und Raumfahrt sowie Energie zurück. Möglicherweise kann der Bereich unter dem Dach von United Grinding besser zur Geltung kommen.

GF dürfte den Erlös aus dem Verkauf auch zum Abbau der Nettoverschuldung verwenden, wodurch der Zinsaufwand um von Analysten geschätzte 20 bis 25 Mio. Fr. pro Jahr sinken und sich der Gewinn verbessern könnte. Zudem hält das Unternehmen laufend Ausschau nach Ergänzungskäufen im Wassersektor. Diese Strategie hat das Potenzial, einen fragmentierten Markt zu konsolidieren und die Marktposition von GF zu verbessern.

Die Zukunft der Leichtmetalldivision, GF Casting Solutions, ist noch ungewiss. Für den Bereich, der vor allem in der Auto- und der Luftfahrtindustrie tätig ist, sollen alle Optionen geprüft werden. Auch diese Sparte könnte also verkauft werden. Hier sind gemäss GF aber auch Partnerschaften möglich.

GF wird damit in Zukunft zunächst deutlich kleiner: Sollte auch die Division Casting verkauft werden, entfielen insgesamt rund 41% des Umsatzes.

Trotzdem strebt GF einschliesslich ergänzender Zukäufe mit ihren Rohrleitungssystemen mittelfristig einen Umsatz von 5 Mrd. Fr. an, gegenüber 3 Mrd. Fr. heute. So gesehen schrumpft sie sich zuerst gesund, um dann gestärkt als Pure Player nach vorne zu wirtschaften.

EU, USA, China und Brasilien investieren in Wasserinfrastruktur

Die meisten Analysten erkennen in der Strategie Vorteile und sehen den künftigen Wert des Unternehmens über seinem langjährigen Durchschnitt. GF sollte von steigenden Infrastrukturinvestitionen etwa für Trink-, Industrie- und Abwasser profitieren. «Die EU, die USA, China und Brasilien haben alle grosse Pläne für die Modernisierung der Infrastruktur in den kommenden Jahren, was zu einem kräftigen Umsatz- und Gewinnwachstum bei GF führen dürfte», schreiben etwa die Analysten von UBS. Auch Stefan Schütz, Manager des Tareno Global Water Solutions Fund, sieht Vorteile: «Insgesamt sehe ich diese Transformation positiv.»

Es bleiben aber Risiken. Eine globale Rezession würde nicht spurlos an GF vorüberziehen. Aufträge könnten sich verzögern. Ebenso könnten zunehmender Preisdruck, regulatorische Auflagen und ungünstige Wechselkurseffekte (starker Franken) auf den Margen lasten und die Finanzkraft von GF beeinträchtigen.

Schliesslich gibt es auch strategische Unsicherheiten. Etwa wenn Devestitionen und damit auch das Schuldenmanagement sich nicht so entwickeln wie erwartet. Falls für das Casting-Geschäft kein Abnehmer gefunden wird, könnten Unterbrechungen im operativen Geschäft und Verschlechterungen in den Kundenbeziehungen resultieren.

Keine Fehler bei Umsetzung der Strategie

Entscheidend sei die Umsetzung der Strategie, meint auch Stefan Schütz. GF will bis 2030 einen Umsatz von 5 Mrd. erreichen. Das bedeutet ein Wachstum im Schnitt von etwas über 8% pro Jahr. GF selbst will 4 bis 5% organisch wachsen, was realistisch sei, und etwa 3 bis 4% durch Zukäufe. Daher sei es umso wichtiger, die richtigen Übernahmekandidaten zu identifizieren, so Schütz.

Auch mit Blick auf die Profitabilität will das Unternehmen vorankommen. Bis 2030 soll eine Betriebsgewinnmarge (Stufe Ebit) von 13 bis 15% erreicht werden. Die wichtigsten Treiber dafür sind Synergien aus abgeschlossenen und anvisierten Übernahmen und Fusionen sowie der Fortschritt in Nischenmärkten wie Marine und Kühlung, wo mit höheren Margen gerechnet wird. Speziell bei Flow Solutions geht GF bis 2027 von Ebit-Synergien von 40 bis 50 Mio. Fr. aus. Auch ist die Schliessung kleiner Standorte geplant.

Der Gewinn dürfte im kommenden Geschäftsjahr zunächst leicht zurückgehen, erst 2026 sollte unter dem Strich wieder mehr übrig bleiben. Die Rendite auf das investierte Kapital (ROIC), ein Indikator dafür, wie viel Wert das Management aus Investorensicht schafft, sollte sich graduell verbessern und 2028 über 20% liegen, wie die Analysten von UBS schätzen.

Management hat die Kosten im Blick

Die Bilanz hat das Unternehmen im Griff. Die Verschuldung dürfte sich nach den geplanten Verkäufen verringern. Zudem laufen Kostensenkungsmassnahmen (Ziel: 50 Mio. Fr.). Der freie Cashflow (vor Akquisitionen) betrug im vergangenen Jahr 184 Mio. Fr., nach 134 Mio. Fr. 2023. Das Management rechnet mit mittelfristigen Investitionen, etwa für die Instandhaltung der Anlagen, in Höhe von 100 bis 130 Mio. Fr., was weniger ist als im Jahr zuvor (150 Mio. Fr.). Somit ist auch die Dividendenauszahlung für 2024 gedeckt. Die Dividendenrendite beträgt allerdings nur 1,8%.

GF verfügt über einen soliden Cashbestand von 669 Mio. Fr. Das Management hat zudem Zugang zu einer syndizierten Kreditlinie (400 Mio. Fr.) gesichert und plant, wenn nötig weitere Unternehmensanleihen zu emittieren, um finanziell flexibel zu bleiben. Es gibt noch eine Restschuld eines langfristigen Darlehens von 979 Mio. Fr., die unter anderem über den Verkauf von GF Machining Solutions getilgt werden soll.

Die Aktien von GF sind derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 (2025) bewertet. Mit Blick auf das vom Unternehmen angestrebte Umsatz- und Gewinnwachstum schätzen Analysten im Schnitt, dass der Umsatz 2028 etwa 4,7 Mrd. Fr. betragen wird, und sehen den Gewinn bei etwa 37,2 Mio. Fr. Somit ergibt sich ein künftiges KGV von 20 für 2028, was immer noch attraktiv ist.

Die angekündigte Transformation des Unternehmens ist in den Titeln bereits eingepreist. Somit hängt nun alles an der weiteren Umsetzung der Strategie, sprich: den Zukäufen. Im stark fragmentierten Wassermarkt gibt es viele kleine private Anbieter, auf die sich GF konzentrieren wird. Mit einem Engagement in GF können sich Anleger in einem spannenden Markt mit fast endlosem Bedarf positionieren.

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