Sonntag, Januar 19

Die Vorwürfe gegen seine Parteisekretärin gälten eigentlich ihm, sagt der Mitte-Chef Pfister. Die Querele ist kaum der einzige Grund für seinen Verzicht auf eine Kandidatur.

Gerhard Pfister, der Präsident der Mitte-Partei, will nicht Bundesrat werden. Der ewige Kandidat hat am Wochenende abgesagt. Er wäre, sagt er in einem Interview mit den Zeitungen von Tamedia, nicht glücklich. Als Bundesrat würde ihm die persönliche Freiheit fehlen, und: «Ich könnte mich für eine Bundesratskandidatur beim besten Willen nicht verbiegen. Das wäre nicht glaubwürdig.»

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Politischer Schlangenmensch

Pfister ist ein kluger Stratege, aber an der Spitze seiner Partei hat er sich schon so oft verbogen, dass er als politischer Schlangenmensch durchgehen könnte. Erst war er konservativ, dann wertkonservativ, und nun vertritt er einen «mittleren Weg» mit einer starken Tendenz in Richtung Sozialpopulismus.

Als bürgerlich versteht er seine Partei jedenfalls nicht mehr. Blocher habe den Bürgerblock gesprengt, sagte er einmal. Die SVP zeige einen kompromisslosen Führungsanspruch, es sei schwierig, mit ihr zusammenzuarbeiten.

Zu dieser Erkenntnis ist offenbar auch Thierry Burkart, der Präsident der FDP, gekommen. Jedenfalls hat sich der Freisinn in den vergangenen Monaten merklich von der SVP emanzipiert. Die FDP zeigt neu wieder bürgerlichen Führungsanspruch. Ihre Delegiertenversammlung von Samstag in Bern stand ganz im Zeichen eines neuen Aufbruchs.

Gerhard Pfister hat seine Partei ebenfalls erneuert. Er vereinigte die alte CVP mit der BDP und schuf ein Gebilde namens Die Mitte. Der Auftakt gelang, Pfister platzierte seine neue Partei bei den nationalen Wahlen im Herbst 2023 knapp hinter der FDP. Doch der Fusionsgewinn war klein. Die Mitte hatte vor allem von der klugen Polit-Arithmetik Pfisters und seines Parteisekretariats profitiert.

Wie stark die Zentrifugalkräfte innerhalb seiner Partei gewirkt haben müssen, zeigte sich erst in den vergangenen Tagen. Am 6. Januar gab Gerhard Pfister überraschend bekannt, dass er das Parteipräsidium per Juni aufgeben wolle. Er galt da noch als durchaus interessiert an einem Bundesratssitz. Dies auch in der eigenen Partei. Kurz danach verkündete Pfisters rechte Hand, die Parteisekretärin Gianna Luzio, dass sie den Maschinenraum der Mitte-Partei verlassen wolle. Am 15. Januar gab dann auch noch die Mitte-Bundesrätin Viola Amherd ihren Rücktritt bekannt. Dies bereits per März.

Innerhalb von weniger als zwei Wochen ist Die Mitte in Partikularinteressen zerfallen. Die Geschicke der Partei liegen nun mehr oder weniger vollumfänglich in den Händen von Leuten, die sich erst einarbeiten müssen.

Zum Beispiel in jenen des derzeitigen Fraktionschefs im Bundesparlament, Philipp Bregy. Er gilt als aussichtsreichster Anwärter auf das Amt des Parteichefs. Wenn Bregy geht, bedeutet das allerdings, dass auch ein neuer Fraktionschef gefunden werden muss. Neuer Bundesrat, neuer Parteipräsident, neuer Fraktionschef, neues Parteisekretariat.

Es ist deshalb mehr als fraglich, ob Pfister nur deshalb auf eine Kandidatur verzichtet, weil er nicht glücklich geworden wäre. Die Risiken waren einfach zu gross: Bei den Bürgerlichen hat er nicht nur Freunde, der Support der Linken ist auch nicht garantiert, vor allem aber ist die Unterstützung in der eigenen Fraktion unsicher.

Klima des Misstrauens

Die Mitte-Frauen haben ihr Misstrauen gegenüber Pfister schon mehrfach öffentlich gemacht, im Ständerat läuft der Noch-Parteichef immer wieder bei den eigenen Leuten auf, und rund um das Parteisekretariat tobt ein Stellvertreterkrieg. Die amtierende Parteisekretärin, Gianna Luzio, wird von Mitarbeitern anonym beschuldigt, für ein schlechtes Arbeitsklima und hohe Fluktuationen verantwortlich zu sein. Nun sagt Pfister im Tamedia-Interview, die Vorwürfe gälten eigentlich ihm.

All dies wäre Grund genug, eine Bundesratskandidatur auszuschlagen. Aber es gibt einen weiteren, und der heisst VBS. Mindestens bis zu den nächsten Bundesratswahlen hätte Pfister das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport übernehmen müssen. Ein Departement in der Krise, das vor enormen Herausforderungen steht und für das es im Bundesrat keinen freiwilligen Interessenten gibt.

Immerhin scheinen sich in der Mitte-Partei doch ein paar das Amt zuzutrauen. Die ersten Kandidaten wagen sich aus der Deckung.

Exit mobile version