Montag, September 30

Hinter der Aktion dürfte ein Künstlerkollektiv stecken. Der gestrandete Wal sei eine gigantische Metapher für die Störung unseres Ökosystems, heisst es auf dessen Website.

ela./cov. An der Seepromenade beim Zürcher Utoquai liegt seit Montagmorgen ein Pottwal. In Lebensgrösse und samt Gestank. Männer in weissen Schutzanzügen haben ein provisorisches Labor aufgebaut. Einige spritzen den Wal in regelmässigen Abständen mit einem Schlauch ab. Zudem entnehmen sie Proben, vermessen und filmen den Kadaver. Als sie dem Tier einen Zahn entfernen, fliesst ihm rote Flüssigkeit aus dem Maul.

Ein Absperrgitter ist aufgebaut, dahinter stehen einige Schaulustige und fotografieren. Alle rätseln, wie das Tier hierhergekommen sein könnte. Und ob es überhaupt echt ist. Die Mitarbeiter der «International Whale Association» – so steht es auf dem Logo auf den Schutzanzügen – geben auf Englisch Auskunft.

Ihre Erklärungen: ein Pottwal, der den Rhein hochschwimmt und alle Schleusen bis in den Zürichsee passiert? Oder doch ein ganz seltener Süsswasserwal? Vielleicht habe der Wal einem russischen Oligarchen gehört, dem er schliesslich zu gross geworden sei und der ihn ausgesetzt habe. Spätestens da wird klar, dass es sich um eine Kunstaktion handeln muss.

Künstlerkollektiv Captain Boomer

Der rund 16 Meter lange Koloss überraschte am Morgen die Passanten am Zürichsee. Mit grosser Wahrscheinlichkeit dürfte das Künstlerkollektiv Captain Boomer hinter der Aktion stecken. Es hat schon in mehreren Städten weltweit «Wale» stranden lassen, letztmals im vergangenen März im australischen Adelaide.

Die Strandung eines Wals sei schon immer ein magisches Ereignis gewesen, schreibt das Kollektiv auf seiner Website. «Dörfer erzitterten und waren begeistert, wenn es geschah. Das ist es, was wir rekonstruieren.» Zugleich sei der gestrandete Wal eine gigantische Metapher für die Störung unseres Ökosystems. «Die Menschen haben das Gefühl, dass ihre Verbindung zur Natur gestört ist. Das Spiel zwischen Fiktion und Realität verstärkt dieses Gefühl der Störung.»

Zur Aktion in Zürich hat sich das Kollektiv noch nicht offiziell geäussert. Bei vorherigen Aktionen trugen die Mitarbeiter die gleichen Anzüge. Bekennen wollen sich die Mitarbeiter der angeblichen «International Whale Association» am Montagmorgen in Zürich dazu nicht. «Es könnte sein – oder auch nicht», lautet ihre Antwort.

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