Mittwoch, Januar 22

Innert viereinhalb Jahren hat der ehemalige Geschäftsführer des Schlosses Laufen am Rheinfall mindestens 400 000 Franken für sich abgezweigt. Zwei Untergebene, die davon keinen Rappen sahen, halfen ihm dabei.

Es ist einer jener Fälle, bei denen sich der Laie denkt: So etwas muss ja irgendwann sowieso ans Tageslicht kommen. Dies sieht der beschuldigte ehemalige Geschäftsführer des Schlosses Laufen am Rheinfall bei seiner Befragung vor dem Bezirksgericht Andelfingen durchaus auch so. Auf die Frage, weshalb er trotzdem viereinhalb Jahre lang immer weitergemacht habe, sagt er:

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«Man fängt an, es merkt niemand etwas, es tut niemandem weh, dann bist du einfach drin, kannst nicht mehr aufhören und machst immer weiter.»

Von April 2017 bis September 2021 hat der geständige Schweizer mindestens 385 000 bis 400 000 Franken aus dem Besucherzentrum, das von der SV Group betrieben wird, veruntreut. Der Betrag entstammt der Anklage. Die Masche war denkbar einfach: Eintrittskarten für den kostenpflichtigen Erlebnispfad, die bezahlt worden waren, wurden einfach wieder storniert und entsprechende Bargeldbeträge aus der Kasse genommen.

Zwei Mitarbeitende führten dies aus und übergaben dem Geschäftsführer an Abenden mit hohem Besucheraufkommen jeweils 500 bis 1000 Franken in einem Couvert. Die Untergebenen wurden am Deliktserlös nicht beteiligt.

Publikum auf Antrag des Täters ausgeschlossen

Das Bezirksgericht Andelfingen hat die Öffentlichkeit auf Antrag des Beschuldigten vom Prozess ausgeschlossen. Akkreditierte Gerichtsreporter dürfen nur unter Auflagen berichten. Die Anonymität des Beschuldigten sei zu wahren. Laut der Gerichtsverfügung dürfen unter anderem das Geburtsdatum und «der aktuelle Tätigkeitsbereich sowie das aktuelle geografische Tätigkeitsgebiet» des Hauptbeschuldigten nicht publiziert werden.

Der Verteidiger des ehemaligen Geschäftsführers begründete seinen Antrag mit dem Schutz von dessen Familie und damit, dass der Beschuldigte «einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden» ausgesetzt wäre. Laut dem Beschluss des Bezirksgerichts liegen «durchaus wirtschaftliche Interessen des Beschuldigten vor», welche einen Ausschluss des allgemeinen Publikums rechtfertigen würden.

Einer der Untergebenen ist im Sommer 2024 bereits mit einem Strafbefehl rechtskräftig verurteilt worden. Von 2017 bis 2020 führte dieser jeweils Stornierungen durch, unterzeichnete die gefälschten Tagesabrechnungen und leitete sie an die Buchhaltung weiter. Laut dem Strafbefehl hatte der Mitarbeiter ernsthaft damit rechnen müssen, dass er so dem Geschäftsführer half, sich ungerechtfertigt zu bereichern.

Dieser Mitarbeiter wurde wegen Urkundenfälschung und Gehilfenschaft zur Veruntreuung zu einer bedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen à 100 Franken (7000 Franken) und 1000 Franken Busse verurteilt. Er hatte in der Strafuntersuchung eingeräumt, dass er bei der Sache ein ungutes Gefühl gehabt habe.

Nachdem er den Betrieb verlassen hatte, wurden die Stornierungen von einer anderen Mitarbeiterin bis im September 2021 weitergeführt. Erst dann fielen die Machenschaften einem Buchhalter der SV Group auf.

Die Mitarbeiterin, die inzwischen pensioniert ist, sitzt zusammen mit dem Ex-Geschäftsführer als Beschuldigte im Gerichtssaal. Sie sagt aber, ihr sei am Vorgehen nie etwas komisch vorgekommen. Sie sei von ihrem Chef dazu instruiert worden. Sie sei damals überzeugt gewesen, nichts falsch zu machen, und sehe deshalb auch keine Schuld bei sich.

Schadenersatz von 500 000 Franken anerkannt

Der Prozess gegen den Geschäftsführer findet im abgekürzten Verfahren statt. Der Endvierziger hat alles zugegeben. «Im Nachhinein ist man immer schlauer», sagt er. Er sehe natürlich, dass es ein «Riesenfehler» gewesen sei. Für ihn sei wichtig, finanziell alles so schnell wie möglich wieder in Ordnung zu bringen. Er hat sich mit der SV Group auf einen Vergleich geeinigt.

Laut dem Urteilsvorschlag hat er eine Zivilforderung von 500 000 Franken anerkannt. Der Beschuldigte, der voll arbeitet, zahlt den Deliktsbetrag in monatlichen Raten ab. Das Geld habe er damals alles verbraucht «für private Zwecke», sagt er, ohne näher darauf einzugehen.

Er habe ein Schamgefühl gegenüber den beiden Untergebenen, die er hineingezogen habe. Das könne er aber nicht mehr ändern. Die Frage des vorsitzenden Richters, ob es seither einmal eine Aussprache oder eine Klärung zwischen ihm und den beiden gegeben habe, verneint er. Es sei ein «Schandfleck in seinem Lebenslauf», und er könne nur daraus lernen, sich in seiner weiteren beruflichen Zukunft nur noch sauber zu bewegen, sagt der Beschuldigte.

Im Schlusswort erklärt er, er habe «Scheiss» gemacht. Er übernehme dafür die volle Verantwortung und entschuldige sich bei allen Beteiligten. Er habe nun die letzten fünfzehn Jahre seines Arbeitslebens Zeit, um materiell alles wieder in Ordnung zu bringen.

Da es sich beim Prozess gegen ihn um ein abgekürztes Verfahren handelt, gibt es keine Plädoyers. Der Beschuldigte hat den Urteilsvorschlag des Staatsanwalts mit einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei einer verlängerten Probezeit von drei Jahren und einer Busse von 4000 Franken wegen mehrfacher Veruntreuung und mehrfacher Urkundenfälschung akzeptiert.

Angebliche Investitionen ins Marketing

Die ehemalige Mitarbeiterin wird gleichzeitig in einem ordentlichen Verfahren abgeurteilt. Sie ist nicht geständig. Ihr wird eine Beteiligung an den Machenschaften von März 2021 bis September 2021 mit einem Deliktsbetrag von rund 45 000 Franken vorgeworfen. Sie sagt, sie sei keine Buchhalterin, sie sei so instruiert worden und habe nie das Gefühl gehabt, etwas falsch zu machen. Als sie einmal nachgefragt habe, habe der Chef gesagt, das Geld sei «zum Investieren ins Marketing».

Als der Gerichtsvorsitzende nachhakt, bei einem Eintrittspreis von 5 Franken pro Ticket müsse man pro Tag 200 Stornierungen vornehmen, um auf 1000 Franken zu kommen, sagt die Beschuldigte, der Chef habe ihr jeweils gesagt, wie viele Stornierungen sie machen solle.

Ihr Verteidiger plädiert auf einen vollumfänglichen Freispruch. Objektiv seien die Straftatbestände zwar erfüllt, subjektiv aber klar nicht. Der Vorgänger der Frau, der durchaus Bedenken und ein schlechtes Gewissen gehabt habe, habe sie «drilaufe laah». Die Frau habe vierzig Jahre lang unbescholten in der Gastronomie gearbeitet und sei einfach «naiv» gewesen. Sie habe für ihren Tatbeitrag nie auch nur einen Rappen oder ein Geschenk vom Geschäftsführer erhalten.

Die unbescholtene und unschuldige Schweizerin sei zu Unrecht angeklagt worden. Deshalb beantragt ihr Verteidiger 1000 Franken Genugtuung für sie.

Urteil mit «Gschmäckli» und «In dubio»-Freispruch

Das Gericht segnet den Urteilsvorschlag für den Geschäftsführer schliesslich ab. Der Gerichtsvorsitzende erklärt allerdings, für den Hauptbeschuldigten wäre durchaus auch eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 3 Jahren möglich gewesen. Sein Verhalten sei «schändlich» und egoistisch gewesen.

Er habe Dritte einbezogen, seine Vertrauensstellung im Betrieb ausgenutzt, und Dauer der Delinquenz und Höhe des Deliktsbetrags seien erheblich. Matchentscheidend dafür, dass das Gericht dem Urteilsvorschlag zugestimmt habe, sei letztlich der Vergleich mit der Privatklägerin über 500 000 Franken. Das Urteil habe aber ein «kleines Gschmäckli», so der Richter.

Der Freispruch der Mitarbeiterin erfolgt «in dubio pro reo». Es sei ein Zweitklass-Freispruch, sagt der Gerichtsvorsitzende. Es gebe Gründe für einen Schuldspruch und Gründe für einen Freispruch. Für den Freispruch spreche, dass sie auf Weisung von Vorgesetzten gehandelt habe, ein bereits seit Jahren bestehendes System weitergeführt habe und auch keine eigenen Vorteile erhalten habe. Einen Eventualvorsatz könne man ihr nicht nachweisen. Letztlich habe das Controlling der SV Group versagt. Die beantragte Genugtuung erhält die Freigesprochene aber nicht.

Urteile DH240007 abgekürztes Verfahren sowie DG240008 vom 21. 1. 2025, noch nicht rechtskräftig.

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