Die Fifa positioniert sich als Vorreiterin im Kampf gegen den Klimawandel. Das ist mutig: Eine Recherche zeigt, dass ihr Präsident in den letzten drei Jahren fast 550 Kilometer flog – pro Tag.
Es ist zurzeit ziemlich ruhig um die Fifa, die globale Schirmherrin des Fussballs. Der Präsident Gianni Infantino regiert sich durch seine zweite vollständige Amtszeit, nachdem im März 2023 die 211 Mitgliedsverbände den Walliser per Akklamation als Fussballkönig bestätigt haben. Bis zur nächsten WM in Nordamerika dauert es noch fast zwei Jahre; die Aufmerksamkeit ist nicht auf Wanderarbeiter, gekaufte Stimmen oder Menschenrechte gerichtet. Was also tut Infantino? Er fliegt durch die Gegend.
600 000 Flugkilometer hat der Fifa-Boss in den letzten drei Jahren zurückgelegt. Fünfzehn Mal um den Erdball. Oder täglich 550 Kilometer. Das zeigt eine Recherche der Investigativ-Plattform Josimar. Deren Journalisten haben mittels Flugtracking, internen Dokumenten und offiziellen Informationen die Reisetätigkeit des Fussballmonarchen nachgezeichnet. Fazit: Infantino ist wohl einer der fünf Menschen mit den meisten Flugkilometern weltweit.
Die meisten seiner Reisen absolviert Infantino in einem der fünfzehn Privatjets der Fluggesellschaft Qatar Executive, einer Tochter von Qatar Airlines im Besitz der katarischen Königsfamilie Al Thani. Wie die Nutzung des Luxusflugzeugs abgerechnet wird, ist nicht klar. Rund um die WM 2022 ist eine tiefe Verbundenheit zwischen Infantino und den katarischen Machthabern entstanden. Die Fifa teilte Josimar lediglich mit, dass es Regeln gebe, «die den Rahmen für die Nutzung oder potenzielle Nutzung privater Flüge durch jeden Funktionär festlegen».
Dieser Rahmen garantiert dem Fussballregenten ein gewisses Mass an Bequemlichkeit. Sie ist auch nötig, nimmt man die Reiserei im November 2023 als Beispiel: Diese begann mit dem Final der Copa Libertadores in Rio de Janeiro, es folgte das Eröffnungsspiel der U-17-WM in Surabaya, Indonesien. Weiter ging es zum Soweto-Derby in Johannesburg, Südafrika. Nach dem Abstecher zum Formel-1-Grand-Prix in Las Vegas gab sich Infantino zur Feier des Jahrestages der WM-Eröffnung 2022 in Katar die Ehre. Anfang Dezember flog Infantino nach Dubai zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen.
«Die Fifa ist hier, weil uns das Klima am Herzen liegt, der Fussball kann auf jede erdenkliche Weise dazu beitragen, unsere Welt zu schützen», schrieb Infantino auf Instagram, nachdem er gerade in einem einzigen Monat CO2 von über 60 000 Flugkilometern verantwortet hatte. Statt bei sich selbst anzufangen, initiierte die Fifa das Klimaprogramm «Grüne Karte» mit dem Ziel, den Betrieb 2040 CO2-neutral zu gestalten. Bis dahin ist noch viel Zeit. Zuerst wird im nächsten Juni in den USA die neue Klub-WM abgehalten, 2026 zwischen den WM-Stadien hin- und hergeflogen. Und das alles, um «unsere Welt zu schützen».