Dienstag, Oktober 1

Das Spital soll mehr Zeit für die Rückzahlung der 170-Millionen-Franken-Schuld erhalten. Dafür würden aber höhere Zinsen fällig – und das ist noch nicht alles.

Das Spital Wetzikon (GZO) kämpft ums Überleben. Sein Problem ist eine Anleihe von 170 Millionen Franken, die es vor zehn Jahren am Kapitalmarkt platziert hatte und eigentlich schon diesen Juni hätte refinanzieren müssen. Doch weil das Spital in Finanzproblemen steckte, gelang das nicht. Und auch der Kanton Zürich verweigerte die Unterstützung.

Am Donnerstag kam nun ein Hilfeangebot von überraschender Seite: Die GZO Creditor Group schilderte in einer Medienmitteilung ihren Rettungsplan. Es handelt sich dabei um eine anonyme Gruppe von vier Gläubigern, die einen Anteil von gut 6 Prozent der besagten 170-Millionen-Anleihe besitzt.

Aus Sicht dieser Gläubiger ist das primäre Problem des Spitals die Zeit: Die Anleihe sei in einem ungünstigen Moment fällig geworden – grundsätzlich erwirtschafte das Spital nämlich noch immer positive Betriebsergebnisse. Mit etwas mehr Zeit könne es deshalb gelingen, das Spital aus der finanziellen Notlage zu befreien. Und genau diese zusätzliche Zeit wollen die Gläubiger dem Spital nun offerieren. Die Frist zur Rückzahlung der Anleihe soll um drei Jahre bis am 14. Juni 2027 verlängert werden.

Aus purem Altruismus machen dies die Gläubiger nicht. Sie verlangen auch eine Gegenleistung des Spitals. Einerseits erwartet die Gruppe «vom Spital konkrete Massnahmen zur Sanierung». Unter anderem eine langfristige Finanzierungsstrategie, die Redimensionierung des noch nicht vollendeten Erweiterungsbaus und die Evaluation von Kooperationsmöglichkeiten und Partnerschaften.

Andererseits – und das ist der eigentliche Haken – verlangen sie auch mehr Geld vom Spital. Konkret soll der Coupon der Anleihe von heute 1,875 Prozent schrittweise auf 4,875 Prozent erhöht werden. Sprich: Das Spital soll den Gläubigern am Ende 3 Prozentpunkte mehr Zins bezahlen. Dies solle ein «Ansporn für die GZO AG sein, zügig ein Sanierungsprogramm auszuarbeiten und umzusetzen», schreiben die Gläubiger in ihrer Mitteilung.

Zeit gegen Geld: Das ist also der Deal. Lohnt sich dieser für das Spital? Die Verantwortlichen sagen dazu Nein. Denn Zeit haben sie eigentlich schon, das Geld hingegen ist knapp. Genau darum stecken sie ja in ihrer misslichen Lage.

Jörg Kündig, Verwaltungsratspräsident des Spitals, sagt, dass Zinsen von fast 5 Prozent für das Spital kaum zu tragen wären. «Das würde uns die Luft abschnüren.» Die finanzielle Situation sei momentan bei allen Spitälern angespannt – auch ohne eine derart hohe Zinslast. «Wir wollen das Spital nachhaltig sanieren und nicht in drei Jahren wieder am gleichen Punkt stehen wie jetzt.»

Das Spital steht bereits unter einem Schutzschirm

Zeit gewonnen für diese Sanierung hat das Spital bereits, weil es sich seit Ende April in der Nachlassstundung befindet. Bei einer Nachlassstundung handelt es sich um ein Instrument, das eingesetzt wird, um ein Konkursverfahren abzuwenden. Grundsätzlich funktioniert es so, dass ein Unternehmen für eine bestimmte Zeit unter Gläubigerschutz gestellt wird.

In dieser Zeit kann das Unternehmen für Forderungen, die vor der Nachlassstundung entstanden sind, nicht betrieben werden. Im konkreten Fall heisst dies, dass das Spital die Anleihe nicht zurückzahlen muss, solange es in der Nachlassstundung ist. Das Instrument verschafft dem Betrieb damit etwas Luft, um Sanierungsmassnahmen zu prüfen und umzusetzen.

Vorläufig befindet sich das Spital bis Ende August unter diesem Schutzschirm. Die Nachlassstundung kann jedoch in zwei Schritten um weitere 28 Monate verlängert werden. Maximal würde dieser Gläubigerschutz bis Ende 2026 gelten. Das Spital hätte also ein halbes Jahr weniger Zeit als mit dem Vorschlag der Gläubiger. Dies dafür aber zum Nulltarif. Im Gegensatz zum Vorschlag der Gläubiger kostet es das Spital kein zusätzliches Geld, wenn es in der Nachlassstundung bleibt.

Der Schutz sei zudem umfassender, sagen die Spitalverantwortlichen. Er schützt den Betrieb vor den Forderungen aller Gläubiger. Zwar sei die Anleihe schon der grösste Brocken, aber es gebe daneben auch andere offene Forderungen. Die Nachlassstundung helfe überdies auch den Gläubigern, sagt Kündig. Sie verhindere, dass Einzelne bevorzugt behandelt würden, also beispielsweise der Grossinvestor gegenüber dem Handwerksbetrieb. «Es besteht die Gefahr einer Ungleichbehandlung. Das wollen wir nicht.»

Dem widerspricht die GZO Creditors Group: Sie hätte von Anfang an darauf hingewiesen, dass alle Gläubiger die gleichen Rechte erhalten sollten – auch Inhaber von Schuldscheinen oder Handwerker. Damit würde die Sache fürs Spital allerdings noch teurer.

Kündig ist jedenfalls zuversichtlich, dass die Nachlassstundung vom Bezirksgericht verlängert wird. «Wir haben einen gesunden Betrieb, und auch bei den Mitarbeitenden ist Ruhe eingekehrt.» Die Grundlage sei also da, um nun ein umfassendes Sanierungskonzept vorzulegen. Und dies solle nicht erst in drei Jahren geschehen, sondern möglichst bald. Auch weil die Bevölkerung gewissen Massnahmen vielleicht an der Urne wird zustimmen müssen.

Das Kleingedruckte: Auch das Land soll verpfändet werden

Der Sprecher der Gläubiger hält dagegen. Die Nachlassstundung wirke auf das Spital wie ein Damoklesschwert. Ob sie verlängert werde, sei nicht gesichert. Stimmten hingegen die Gläubiger für die Verlängerung der Rückzahlungsfrist, dann habe das Spital Sicherheit. «Das würde auch in der Aussenwirkung helfen, neues Vertrauen ins Spital Wetzikon schaffen.» Die Erhöhung der Zinsen bezeichnet er angesichts der Risiken für die Gläubiger als moderat. Ein Schuldenerlass, der dem Spital ebenfalls helfen könnte, sei kein Thema.

Die GZO Creditor Group muss nun weitere interessierte Gläubiger finden, die an einer Gläubigerversammlung für ihren Plan stimmen. Für die Verlängerung der Frist braucht es ein qualifiziertes Mehr des Kapitals, also eine Zweidrittelmehrheit. Erste Reaktionen von anderen Gläubigern seien positiv ausgefallen, sagt der Sprecher.

Schmackhaft gemacht werden soll der Deal den übrigen Gläubigern auch mit einer Massnahme, die in der Medienmitteilung nicht erwähnt wird. Diese findet sich auf der Website für die Gläubiger. Unter der Rubrik «Vorschläge» ist dort zu lesen, dass das Spital Land als Sicherheit verpfänden solle. Es geht um 58 000 Quadratmeter «erstklassiger Immobilienflächen in Wetzikon», wie die Gläubiger schreiben. Zudem verlangen sie die Wahl eines Vertreters der Anleihegläubiger in den Verwaltungsrat, dieser soll Beobachterrechte haben. Vorgeschlagen wird Gregor Greber, «ein anerkannter lokaler Finanzexperte».

Greber ist ein umtriebiger Zürcher Financier, der in der Vergangenheit immer wieder bei angeschlagenen Firmen eingestiegen ist. Die «Handelszeitung» beschreibt ihn in einem Porträt als einen aktivistischen Investor in der Tradition eines Martin Ebner. «Unablässig späht er nach Schweizer Firmen, bei denen er mit einer Fitnesskur oder mit Managementwechsel – oder mit beidem zusammen – Mehrwert schaffen kann.» Dabei könne er ziemlich unzimperlich sein.

Gerade die Sache mit der Verpfändung sehen die Spitalverantwortlichen in Wetzikon kritisch. Schliesslich handelt es sich bei den «erstklassigen Immobilienflächen» nicht um irgendwelche Landreserven, sondern auch um den Boden, auf dem das Spital selbst steht. «Eine solche Verpfändung würde uns in unserem Handlungsspielraum stark einschränken», sagt Kündig. So könnte es Bestandteil des Sanierungsplans sein, gewisse Flächen zu verkaufen oder zu vermieten. Oder sie könnten in eine mögliche Fusion mit dem Nachbarspital in Uster eingebracht werden.

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