Bei einer künftigen UBS-Krise sollte die Finanzaufsichtsbehörde früher mit schwerem Geschütz einfahren können. Und bei Verletzungen von Aufsichtsrecht sollte die persönliche Verantwortung hoher Bankmanager verankert sein.
Die Krise der Credit Suisse hat die Schweiz in den Fokus des globalen Interesses der Finanzmarktbehörden gerückt. Die Credit Suisse war eine von rund dreissig grossen Banken mit dem Etikett «global systemrelevant». Gemeint ist damit: Die Pleite einer solchen Bank kann weit über das Land des Hauptsitzes hinaus schwere volkswirtschaftliche Schäden verursachen. Deshalb gelten für diese Institute strengere Regeln als für kleinere Banken. Dies etwa bezüglich Eigenkapital, Liquidität und Erfordernis einer Notfallplanung. Die Regeln wurden nach der Finanzkrise von 2008 deutlich verschärft.
Das massgebende Gremium für die Globalstandards heisst Financial Stability Board (FSB). Darin sitzen Vertreter von Behörden aus rund 25 bedeutenden Finanzplätzen und diversen internationalen Organisationen. Die Schweizer Vertreter sind die Staatssekretärin Daniela Stoffel aus dem Finanzdepartement und der Nationalbank-Chef Thomas Jordan.
Das FSB hatte im vergangenen Oktober einen Sonderbericht zu den Bankenkrisen von 2023 vorgelegt und dabei dem Fall Credit Suisse grossen Raum eingeräumt. Ein Kernbefund der damaligen Analyse: Eine geordnete Abwicklung der Credit Suisse wäre möglich gewesen – die Behörden hatten dieses Szenario quasi pfannenfertig vorbereitet.
Möglichkeit früherer Eingriffe
Der Begriff «Abwicklung» einer Bank steht hier für ein behördlich ausgelöstes Krisenszenario. Das kann eine Sanierung bedeuten, etwa mit Teilverkäufen, Auslagerung kranker Konzernteile in eine Auffanggesellschaft, Auswechseln der Spitzenmanager und Umwandlung von speziellen Krisenanleihen in Eigenkapital der Bank zur Finanzierung von Verlusten. Es kann aber auch einen globalen Konkurs einer Bank mit separater Weiterführung der systemrelevanten Teile bedeuten.
In seinem am Donnerstag publizierten Länderbericht zur Schweiz verteilt das FSB beim Abgleich mit den globalen Standards passable Noten. Doch die Expertengruppe ortet nicht zuletzt im Licht der Erfahrungen mit dem Fall Credit Suisse einige Luft nach oben. Eine zentrale Stossrichtung der Empfehlungen betrifft die Stärkung der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma).
Nebst einem Ausbau des Personals für die Grossbankenaufsicht empfiehlt das FSB eine Ausweitung der Finma-Kompetenzen zu früheren Eingriffen bei sich anbahnenden Krisen. Das ist ein Echo der Finma-Wünsche und auch der Empfehlungen der vom Finanzdepartement eingesetzten Expertengruppe.
So soll die Finma auch schon eine Bankensanierung anordnen können, wenn die Bank (wie die Credit Suisse im Herbst 2022) die regulatorischen Anforderungen für Eigenkapital und Liquidität noch erfüllt – aber andere Indikatoren wie etwa der Aktienkurs und der Marktpreis von Kreditausfallversicherungen für Bankschulden eine grobe Krise vermuten lassen. Eine hohe Gewichtung von Finanzmarktentwicklungen kann allerdings wegen der oft starken Kursschwankungen und der Gefahr von sich selbst erfüllenden Prophezeiungen sehr problematisch sein.
Das FSB erinnert an die Schwierigkeit, den «richtigen» Zeitpunkt für den Druck auf den roten Knopf zur Auslösung des Krisenszenarios zu finden. Die Behörden sollten laut dem Bericht «klare Standards oder geeignete Kriterien» haben. Doch der Zielkonflikt zwischen klaren Kriterien im Voraus und der Möglichkeit, flexibel auf die Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen, lässt sich nicht restlos auflösen.
Das FSB spiegelt noch einen weiteren Wunsch der Finma: die Verankerung der Verantwortung zuständiger Bankmanager bei Verletzung des Aufsichtsrechts in ihrem Bereich. Im Jargon spricht man vom Senior-Management-Regime, das es zum Beispiel in Grossbritannien und Hongkong schon gibt. Dies soll die Manager dazu motivieren, in ihrem Verantwortungsbereich besser aufzupassen. Die Finma hätte auch gerne eine erweiterte Kompetenz, bei Rechtsverletzungen mittels Publikation den öffentlichen Pranger als Motivator von Bankmanagern stärker zu benutzen. Auch diese Empfehlung ist im FSB-Bericht enthalten.
Mehr Übungen empfohlen
Das globale Expertengremium ortet auch bei den Krisenplänen noch Luft nach oben. «Gestützt auf die Erfahrungen mit der Credit Suisse», empfiehlt der Bericht einen stärkeren Fokus auf der Ausarbeitung von Sanierungsplänen der UBS aus eigener Kraft – also noch für eine Phase, bevor die Finma eine Abwicklung behördlich anordnen würde. Die Finma sollte gemäss dem FSB auch mehr Kompetenzen haben, bei der UBS Änderungen der bankeigenen Sanierungspläne zu verordnen.
Verbesserungspotenzial ortet das FSB auch bei den Krisenplänen für eine Abwicklung der UBS. Der Bericht empfiehlt namentlich mehr Übungen zum Testen der Pläne einschliesslich des Zusammenspiels der massgebenden Behörden im In- und Ausland. Zudem sollte die Finma gemäss dem Bericht die Kompetenz haben, bei der UBS zwecks Erleichterung einer künftig vielleicht nötigen Abwicklung Änderungen in der Geschäftspraxis und in der Organisation zu verordnen.
Was der Bundesrat mit den diversen Expertenberichten der letzten zwölf Monate macht, wird sich bald zeigen. Voraussichtlich Ende März oder Anfang April wird er seine Vorschläge zur künftigen Grossbankenregulierung vorlegen. Dann wird die Debatte wieder richtig losgehen.