Sonntag, Januar 12

Gold wirft weder Zinsen noch Dividenden ab, trotzdem ist die Nachfrage anhaltend hoch. Was die Gründe dafür sind und was Sparer und Anleger beachten sollten.

Der Goldpreis hat 2024 um 27 Prozent zugelegt. Auch dieses Jahr liegt er schon wieder mit 2,7 Prozent im Plus, am Freitagabend kostete eine Unze Gold 2694 Dollar. Ein Ende des «Goldrausches» der Sparer und Anleger ist vorerst also nicht in Sicht. Derzeit liegt der Preis nicht weit entfernt von seinem Rekordhoch von 2787 Dollar, das er Ende Oktober vergangenen Jahres erreichte.

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Dabei hat das Edelmetall als Geldanlage einige Nachteile. Gravierend ist in dieser Hinsicht, dass Gold weder Zinsen noch Dividenden abwirft. Das gelbe Metall hat zwar ein Image als Krisenwährung, doch langfristig gesehen galten seine Renditen als wenig attraktiv. Viele Privatanleger seien in der Vergangenheit zurückhaltend gegenüber Gold gewesen, sagt René Stiefelmeyer vom Vermögensverwalter Hinder Asset Management. «Es bestand die Sorge, dass man dann 5 bis 10 Prozent der Gelder in eine Anlage steckt, die wenig Ergebnisse bringt.»

Dies scheint sich zunehmend zu ändern. Schliesslich gibt es einige handfeste Gründe für den Kauf des Edelmetalls, die auch den jüngsten Höhenflug erklären.

Krisenwährung Gold

Geopolitische Unsicherheit: Hier sind zunächst die anhaltend hohen geopolitischen Risiken zu nennen, die Investoren verunsichern und gegen deren Folgen sie sich absichern möchten. Dazu zählen der anhaltende Krieg zwischen Russland und der Ukraine sowie die Konflikte im Nahen Osten.

«Die geopolitische Fragmentierung unterstützt den Goldpreis», sagt Claudio Wewel, Devisenspezialist bei der Bank J. Safra Sarasin. Diese habe sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 massiv beschleunigt. Hinzu kommt die Unberechenbarkeit des baldigen amerikanischen Präsidenten Donald Trump, die bei den Anlegern für Verunsicherung sorgt. «Auch die Regierungskrisen in Deutschland und Frankreich tragen dazu bei», sagt Stiefelmeyer.

Goldkäufe von Zentralbanken: Als wichtiger Faktor für den gestiegenen Preis des Edelmetalls gelten auch die Goldkäufe von Zentralbanken autoritär geführter Staaten. Den Regierungen dieser Länder gehe es oft darum, gegenüber den USA und dem Dollar an Unabhängigkeit zu gewinnen, sagt Wewel. Das Einfrieren der russischen Dollarreserven nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat diese Entwicklung beschleunigt.

Hohe Staatsschulden: Auch die Sorgen über die hohen Staatsschulden in vielen Ländern gelten als wichtiger Faktor für Goldkäufe. Nicht wenige Investoren befürchten die Entwertung von Währungen als Folge dieser Entwicklung. «Das Angebot an Gold ist limitiert, das ist ein grandioser Vorteil», sagt Stiefelmeyer. Zudem habe das Edelmetall eine jahrtausendealte Tradition als Wertaufbewahrungsmittel. Viele Anleger sähen Gold auch als Schutz vor einem Kollaps des Finanzsystems.

Popularität von Gold bei Privatanlegern in China: Wewel nennt auch die Käufe chinesischer Privatanleger als Faktor für den gestiegenen Goldpreis. Angesichts der Schwäche des Immobilienmarkts in China und des Mangels an Anlagealternativen sei davon auszugehen, dass ihre Nachfrage eher noch steigen dürfte.

Sorgen über hohe Aktienkurse: Da mehrere Aktienindizes Rekordhöhen erreicht hätten und die Angst bestehe, dass die Gewinne stark konzentriert seien, suchten viele Investoren nach Möglichkeiten, sich gegen eine mögliche Kehrtwende abzusichern, teilt der Fondsanbieter Wisdom Tree in einer Analyse mit. Gold sei in diesem Zusammenhang ein wichtiges Instrument. Das Edelmetall gilt vielen Anlegern als sicherer Hafen.

Hohe Renditen ziehen Anleger an: Hinzu kommt, dass Gold in den letzten Jahren starke Preissteigerungen erzielt hat. Laut Stiefelmeyer erzielte das Edelmetall im Zeitraum 1995 bis Ende 2024 eine durchschnittliche Rendite von 6,25 Prozent pro Jahr. Damit war Gold nicht allzu viel schwächer als globale Aktien – gemessen am Welt-Aktienindex MSCI World. Dieser kam im gleichen Zeitraum auf 7,23 Prozent pro Jahr. Vor allem die Performance von Gold seit Februar 2024 war äusserst stark und dürfte neue Anleger angezogen haben.

Die Vorteile des Edelmetalls

Gold hat eine geringe Korrelation mit anderen Vermögenswerten – sein Preis entwickelt sich also zumeist anders als beispielsweise Aktien- oder Anleihenkurse. So lassen sich die Risiken bei der Geldanlage besser verteilen, und diese Eigenschaft macht es für Anleger attraktiv, das Edelmetall im Portfolio zu halten. Im Jahr 2024 stieg der Goldpreis indessen Seite an Seite mit den Aktienbörsen. «Historisch gesehen war das aber eine Ausnahme», sagt Stiefelmeyer.

Zudem hat das Edelmetall in der Vergangenheit Qualitäten bei der Absicherung von Vermögen gegen Inflation bewiesen. Während des starken Anstiegs der Inflation 2008, angetrieben durch den höheren Ölpreis, habe Gold den besten Inflationsschutz gezeigt, sagt Stiefelmeyer. Aktien und Immobilien sei dies nicht sonderlich gut gelungen. Während der Corona-Krise der Jahre 2020 bis 2022 sei es ähnlich gewesen.

Risiken bei der Geldanlage in Gold

Trotzdem sollten Anleger auch die Risiken von Goldanlagen nicht ausser acht lassen. «Wenn die Aktienmärkte schlecht laufen und es zu Gewinnmitnahmen kommt, ist nicht auszuschliessen, dass dann der Goldpreis sinkt», sagt Stiefelmeyer. Viele Anleger, vor allem in den USA, müssten in einem solchen Fall Kredite bedienen und verkauften Anlagen, die einen Gewinn aufwiesen.

Eine weitere Gefahr für den Goldpreis könnten steigende amerikanische Realzinsen sein. Höhere Kapitalmarktzinsen machen Gold, das keinen Zins abwirft, relativ gesehen weniger attraktiv, solange die Zinsen nicht aufgrund der Inflationserwartungen steigen.

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